Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2009 - IV ZR 47/09

published on 30/09/2009 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 30. Sept. 2009 - IV ZR 47/09
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Previous court decisions
Landgericht Hechingen, 1 O 168/07, 12/11/2007
Oberlandesgericht Stuttgart, 10 U 220/07, 17/02/2009

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 47/09 Verkündetam:
30.September2009
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB f. Feuervers.; BGB §§ 305c, 307 Abs. 18 Bk
Eine Klausel in der Neuwertversicherung, wonach Versicherungswert der Zeitwert
der versicherten Sache ist, wenn dieser weniger als 40% des Neuwerts beträgt (sog.
Entwertungsgrenze), ist wirksam.
BGH, Urteil vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09 - OLG Stuttgart
LG Hechingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 30. September
2009

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
I. Der Kläger und sein Bruder, für den er Prozessstandschafter ist, unterhalten für ihren landwirtschaftlichen Betrieb bei der Beklagten eine Inhaltsversicherung gegen das Risiko "Feuer". Der Versicherungsschein weist eine Versicherung zum Neuwert aus.
2
Versicherungsverhältnis Dem liegen die Verbundenen Versicherungsbedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe (VLS 2003) Teil A und B zugrunde. Teil B lautet auszugsweise wie folgt: § 1 Versicherte und nicht versicherte Sachen 1. Bewegliche Sachen
a) Versichert sind die im Versicherungsvertrag bezeichneten beweglichen Sachen, soweit der Versicherungsnehmer Eigentümer ist oder diese unter Eigentumsvorbehalt erworben hat.
b) Bewegliche Sachen sind aa) die kaufmännische Betriebseinrichtung und die technische Betriebseinrichtung (einschließlich dazu gehöriger Fundamente und Einmauerungen ) jedoch ohne Zugmaschinen, und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, … § 12 Versicherungswert 1. Betriebseinrichtung Versicherungswert der kaufmännischen und technischen Betriebseinrichtung … ist
a) der Neuwert; Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen oder sie neu herzustellen ; maßgebend ist der niedrigere Betrag;
b) der Zeitwert; falls er weniger als 40% des Neuwerts beträgt oder falls Versicherung nur zum Zeitwert vereinbart ist; der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der Sache durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad und das Alter bestimmten Zustand;
c) der gemeine Wert, soweit die Sache für ihren Zweck allgemein oder im Betrieb des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden ist; gemeiner Wert ist der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis für die Sache oder für das Altmaterial.
§ 14 Entschädigungsberechnung, Versicherungssumme, Unterversicherung, Versicherung auf erstes Risiko 1. Entschädigungsberechnung
a) Ersetzt werden aa) bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalles abhanden gekommenen Sachen der Versicherungswert (siehe § 12) unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; bb) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer durch den Versicherungsfall entstandenen und durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung, höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. … 5. Neuwertanteil
a) Ist der Neuwert (siehe § 12 Nr. 1 a) der Versicherungswert , so erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden (siehe b) übersteigt, einen Anspruch nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird …, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wieder zu beschaffen oder um die beschädigten Sachen wieder herzustellen. …"
3
§ 12 VLS 2003 entspricht nach seinem hier wesentlichen Inhalt § 5 AFB 87; § 14 Nr. 1, 5 VLS 2003 dem § 11 Nr. 1, 5 AFB 87.
4
Am 9. März 2007 wurde ein Dosierladewagen (Baujahr 1978) infolge eines Brandes beschädigt und nachfolgend durch einen neuen landwirtschaftlichen Anhänger ersetzt. Die Beklagte erbrachte angesichts des Alters des Dosierladewagens auf Basis des Zeitwertes eine Versicherungsleistung in Höhe von 2.500 €. Der Kläger strebt eine Regulierung zum Neuwert an.
5
Landgericht Das hat die auf Zahlung von 19.500 € und weiterer 1.053,60 € wegen vorgerichtlicher Auslagen - jeweils zuzüglich Zinsen - gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte in Höhe von 18.442,53 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,20 € zuzüglich Zinsen Erfolg. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
I. Dieses hat ausgeführt: Die Beklagte schulde aus dem Versicherungsverhältnis den Ersatz auf Neuwertbasis, ohne dass es auf weitere Parteiabsprachen ankomme. Die - kontrollfähige - Klausel in § 12 Nr. 1b VLS 2003, wonach auch bei einer zum Neuwert abgeschlossenen Versi- cherung der Zeitwert maßgeblich sei, wenn dieser - wie beim Dosierladewagen - weniger als 40% des Neuwerts betrage, sei aufgrund ihrer konkreten Stellung und Formulierung überraschend i.S. des § 305c BGB und zudem intransparent i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Kläger habe sich ausdrücklich für eine Neuwertversicherung entschieden, wobei der Alternative "zum Neuwert" als Versicherungswert im Versicherungsantrag die Alternative "zum Zeitwert" gegenübergestellt sei, so dass der Versicherungsnehmer insoweit wählen könne. Zwar könne eine Zeitwertklausel in einer Neuwertversicherung vereinbart werden und sei auch durchaus üblich, ohne dass der Versicherungsnehmer dadurch i.S. des § 307 Abs. 2 BGB unangemessen benachteiligt werde. Sie sei aber keineswegs zwingend, zumal § 55 VVG (a.F.) den Anspruch auf die Neuwertentschädigung nicht an eine Entwertungsgrenze binde. Das müsse dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer indes nicht bekannt sein. Er dürfe grundsätzlich davon ausgehen, dass die - mit einer höheren Prämie verbundene - Zusage des Neuwerts im Vertragstext auch grundsätzlich bedeute, dass der Neuwert geschuldet sei. Hier stelle sich die Struktur des § 12 VLS 2003 wegen des Überschriftcharakters des Begriffes "Neuwert" in § 12 Nr. 1a in Verbindung mit der dem Versicherungsnehmer zuvor eingeräumten Wahlmöglichkeit zwischen Neuwert und Zeitwert so dar, dass eine Person, die einen Neuwertvertrag geschlossen habe, keinen Anlass habe, nach Ende des Buchstabens a noch weiter zu lesen. Die Regelung zum letztlich doch auf den Zeitwert herabgestuften Neuwert in Nr. 1b befinde sich an einer Stelle, an der derjenige, der eine nach dem Vertragsformular uneingeschränkte Neuwertversicherung abgeschlossen habe, sie nicht erwarten müsse. Sie sei ihm gegenüber, weil der Buchstabe a der Klausel keinerlei textliche Verbindung zum Buchstaben b aufweise, versteckt. Er habe, auch wenn er grundsätzlich verpflichtet sei, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen insgesamt wahrzu- nehmen, keinen Grund, diesen Absatz zu lesen. Zudem verweise § 14 Nr. 5a für den Neuwert nur auf § 12 Nr. 1a und gerade nicht auch auf den Fall des § 12 Nr. 1b, der bei der Neuwertversicherung den Zeitwert zum Versicherungswert mache. Schließlich erweise sich die Klausel als intransparent, denn sie sei durch ihre konkrete Platzierung geeignet, einen Durchschnittskunden im Glauben an eine bessere Leistung zum Abschluss einer teureren Versicherung zu verleiten, obwohl er durch den Abschluss der günstigeren Zeitwertversicherung bei älteren Gegenständen von vornherein die gleiche Leistungspflicht der Versicherung erzielen könne.
8
Zahlungsverpflichtung Die der Beklagten richte sich damit ausschließlich nach § 12 Nr. 1a VLS 2003. Im Hinblick auf § 14 Nr. 1a bb seien dies die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von 20.942,53 € netto abzüglich bereits geleisteter 2.500 € netto.
9
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Der Kläger und sein Bruder haben bei der Beklagten grundsätzlich eine Versicherung zum Neuwert abgeschlossen. Die Versicherungsbedingungen sehen allerdings eine so genannte Entwertungsgrenze vor, und zwar dann, wenn der Zeitwert weniger als 40% des Neuwerts beträgt. In diesem Falle ist Versicherungswert ausschließlich der Zeitwert, ohne dass sich daraus die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken ergeben.
11
Das 2. Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass der Neuwert als Versicherungswert vereinbart werden kann (vgl.
schon BGHZ 103, 228, 232 ff.). Ein Verstoß gegen das Bereicherungsverbot im Sinne eines allgemeinen und zwingenden, die Neuwertversicherung einschränkenden Rechtssatzes ist darin nicht zu sehen. Feste Entwertungsgrenzen oder Entwertungsgrenzen überhaupt lassen sich nicht aufstellen; diese sind insbesondere § 55 VVG a.F. nicht zu entnehmen (grundlegend Senat in BGHZ 137, 318, 323 ff.; 147, 212, 216; Senatsurteil vom 24. April 1996 - IV ZR 71/95 - VersR 1996, 845 unter II 2 b).
12
Maßgeblich ist vielmehr allein das konkrete Leistungsversprechen des Versicherers, das hier auf eine Versicherung zum Neuwert gerichtet ist und an dem er sich festhalten lassen muss. Das bedeutet indes nicht, dass der Versicherer bei einer solchen Versicherung seine Interessen , die vor allem in der Begrenzung des subjektiven Risikos liegen, nicht dennoch - wie seitens der Beklagten geschehen - durch die Vereinbarung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen mit bestimmten Entwertungsgrenzen und/oder Wiederherstellungsklauseln wahren kann (BGHZ 137 aaO, 327 f.).
13
Die 3. mit dem Kläger und seinem Bruder vereinbarte Entwertungsgrenze stellt dabei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine überraschende Klausel dar und ist wirksam Vertragsbestandteil geworden. Eine überraschende Klausel i.S. des § 305c BGB ist allein dann anzunehmen, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie muss eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (vgl. Senatsurteile vom 6. Dezember 1995 - IV ZR 363/94 - VersR 1996, 322 unter 2 a; vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 3 a; vom 19. Mai 2004 - IV ZR 176/03 - juris unter II 3 a; vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 141/03 - VersR 2005, 64 unter II 2 a; vom 18. Februar 2009 - IV ZR 11/07 - VersR 2009, 623 Tz. 18).
14
Davon ist für § 12 Nr. 1a VLS 2003 i.V. mit § 14 Nr. 1a VLS 2003 nicht auszugehen.
15
a) In § 1 Nr. 1a VLS 2003 verspricht die Beklagte zunächst Versicherungsschutz für alle beweglichen Sachen, soweit der Versicherungsnehmer Eigentümer ist oder diese unter Eigentumsvorbehalt erworben hat. Zu diesen beweglichen Sachen gehört nach § 1 Nr. 1b VLS 2003 neben der kaufmännischen Betriebseinrichtung auch die technische Betriebseinrichtung. Die Beklagte leistet für die danach versicherten Sachen eine Entschädigung, wenn diese durch die versicherte Gefahr "Feuer" zerstört oder beschädigt worden sind (Versicherungsfall), wie der Versicherungsnehmer § 3 Nr. 1a i.V. mit § 4 VLS 2003 entnehmen kann.
16
Wie b) sich nach Eintritt eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalles die Entschädigung im Einzelnen berechnet, erfährt der Versicherungsnehmer aus § 14 Nr. 1 VLS 2003. Dabei wird zwischen zerstörten bzw. abhanden gekommenen und beschädigten Sachen unterschieden. Für zerstörte Sachen ist der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles maßgeblich, wobei in § 14 Nr. 1a aa auf § 12 VLS 2003 Bezug genommen wird, der mit "Versicherungswert" überschrieben ist. Bei beschädigten Sachen sind die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles bestimmend; diese werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. Das ergibt sich aus § 14 Nr. 1a bb VLS 2003, wobei in der Klausel ebenfalls vom "Versicherungswert" die Rede ist, wenn auch nicht nochmals (ausdrücklich) auf § 12 VLS 2003 verwiesen wird, den der Versicherungsnehmer jedoch bei Durchsicht der Versicherungsbedingungen und in Verbindung mit der Lektüre des § 14 Nr. 1a aa VLS 2003 unmittelbar zuvor zur Kenntnis genommen hat. Er erkennt in jedem Fall, dass Ausgangspunkt bzw. Obergrenze der Entschädigung der "Versicherungswert" ist.
17
c) Für ihn rückt damit § 12 VLS 2003 in den Mittelpunkt der Betrachtung , der die Überschrift "Versicherungswert" trägt. Beschäftigt sich der Versicherungsnehmer mit dem Inhalt des § 12 VLS 2003, so erschließt sich ihm ohne Weiteres, dass als Versicherungswert für die kaufmännische und technische Betriebseinrichtung der Neuwert (Buchst. a), der Zeitwert (Buchst. b) oder der gemeine Wert (Buchst. c) in Betracht kommen kann. Gemeinsamer Oberbegriff, der in den weiteren Versicherungsbedingungen - so in § 14 VLS 2003 - in Bezug genommen wird, ist allein der "Versicherungswert" und nicht, wie das Berufungsgericht meint, der "Neuwert", der lediglich den Buchst. a schlagwortartig einleitet. Es besteht daher für den Versicherungsnehmer schon deshalb keine Veranlassung, die Lektüre des § 12 Nr. 1 VLS 2003 beim Buchst. a abzubrechen und den Rest der Klausel, die den "Versicherungswert" insgesamt näher erläutert, nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen, und zwar auch dann nicht, wenn er - wie hier - mit dem Versicherer eine Neuwertversicherung vereinbart hat. Denn die Alternativen, die sich unter den Buchst. a, b und c zur Ausfüllung des Begriffes des "Versicherungswertes" finden, lassen für den verständigen Versicherungsnehmer erkennen, dass für den Versicherungswert, den die Entschädigungsberechnung zur Grundlage nimmt, zwar grundsätzlich der Neuwert maßgeblich ist, dies aber nicht ausnahmslos der Fall sein muss, anderenfalls der Begriff "Versicherungswert" als Oberbegriff für Neuwert, Zeitwert und gemeinen Wert keine eigenständige Bedeutung behielte. Der Versicherungsnehmer erhält entsprechend dem Versprechen des Versicherers, ihm eine Versicherung "zum Neuwert" zu bieten, regelmäßig den Neuwert oder die Reparaturkosten bis zur Höhe des Neuwertes ersetzt. Dem ist in Buchst. b lediglich insoweit eine Entwertungsgrenze gesetzt, als durch die zerstörte oder beschädigte Sache 40% des Neuwerts nicht erreicht werden; in diesem Fall kommt es auf den Zeitwert an. Der Versicherungsnehmer realisiert zudem spätestens an dieser Stelle, dass die Entwertungsgrenze sich ausschließlich auf eine vereinbarte Neuwertversicherung bezieht, denn im Anschluss an die Formulierung "falls er weniger als 40% des Neuwertes beträgt" heißt es "oder falls Versicherung nur zum Zeitwert vereinbart ist"; Neuwert und Zeitwert werden hier ausdrücklich einander gegenübergestellt.
18
d) Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausführt, Zeitwertregeln seien nur bei einer "entsprechenden räumlichen Struktur" der Versicherungsbedingungen anzuerkennen, und zur Veranschaulichung auf die Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe (NwlG 80) verweist, so übersieht es dabei, dass die NwlG 80 in Entsprechung zu § 12 VLS 2003 aufgebaut sind. Auch hier ist der Versicherungswert von Gebäuden grundsätzlich der Neuwert, der Zeitwert aber dann, falls er weniger als 40% des Neuwerts beträgt. Dass die Nr. 1 bis 3 in der enumerativen Aufzählung des § 1 NwlG 80 abweichend von § 12 Nr. 1a bis c VLS 2003 durch ein "oder" voneinander getrennt sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn auch § 12 VLS 2003 ist für den verständigen Versicherungsnehmer erkennbar enumerativ gestaltet. Der Versicherungswert ist entweder als Neuwert, als Zeitwert oder als gemeiner Wert Grundlage der Entschädigungsberechnung, wobei unter den Buchst. a bis c die Voraussetzungen dafür im Einzelnen aufgeführt sind.
19
Überdies sind Versicherungsbedingungen aus sich heraus zu interpretieren ohne vergleichende Betrachtungen mit anderen Versicherungsbedingungen , die dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein müssen, so dass ihm eine bedingungsübergreifende Würdigung deshalb von vornherein verschlossen bleibt (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 a).
20
e) Weiter ist dem Berufungsgericht nicht darin zu folgen, dass § 14 Nr. 5 VLS 2003 ("Neuwertanteil") nur auf § 12 Nr. 1a und nicht auch auf § 12 Nr. 1b VLS 2003 verweist. Schon aus dem unmittelbaren Wortlaut ergibt sich ein anderes, weil in § 14 Nr. 5a die Bestimmung des § 12 Nr. 1a und in § 14 Nr. 5b die Regelung des § 12 Nr. 1b VLS 2003 Erwähnung findet; die Verknüpfung zwischen beiden Klauseln wird dadurch hergestellt, dass § 14 Nr. 5a VLS 2003 (Neuwert) ausdrücklich auf § 14 Nr. 1b VLS 2003 (Zeitwert) Bezug nimmt. Der Versicherungsnehmer wird auf diese Weise in der Interpretation bestärkt, die sich für ihn schon bei sorgfältiger Lektüre des § 12 VLS 2003 ergibt, dass nämlich der Versicherungswert gleichbedeutend mit dem Neuwert sein kann, es aber nicht in jedem Fall sein muss. Nur wenn der Neuwert als Versicherungswert zugrunde zu legen ist, was sich im Einzelnen aus § 12 VLS 2003 ergibt, erwirbt der Versicherungsnehmer gemäß § 14 Nr. 5 VLS 2003 auf den Teil der Entschädigung einen Anspruch, der den Zeitwertschaden übersteigt , soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wieder zu beschaffen oder um die beschädigten Sachen wieder herzustellen.
21
4. Die Klausel ist schließlich nicht als intransparent i.S. des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB einzuordnen. Die Beklagte hat nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, den Klauselinhalt klar und deutlich zu formulieren.
22
a) Dazu gehört es, dass die Klausel in ihrer Ausgestaltung für den Versicherungsnehmer verständlich ist; sie muss darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 141, 137, 143; 147 aaO 361 f.; Senatsurteile vom 18. Januar 2006 - IV ZR 244/04 - VersR 2006, 497 Tz. 12; vom 30. April 2008 - IV ZR 241/04 - VersR 2008, 816 Tz. 14 f.). Dabei kommt es auf den Horizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers an (vgl. BGHZ 123, 83, 85; 154, 154, 167 f.).
23
b)DiesenAnforderungen hat die Beklagte genügt.
24
verständigen Dem Versicherungsnehmer erschließt sich aus den bereits angeführten Gründen bei sorgfältiger und vollständiger Durchsicht der Versicherungsbedingungen, wie sich der Versicherungswert im Einzelfall bemisst. Er sieht, dass er zwar grundsätzlich Versicherungsschutz "zum Neuwert" erhält, dieser Neuwertentschädigung aber dann eine Grenze gesetzt ist, wenn der Zeitwert der beschädigten oder zerstörten Sache nicht mindestens 40% ihres Neuwerts beträgt. Es ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht davon auszugehen , dass die Klausel in § 12 Nr. 1b VLS 2003 durch ihre konkrete Platzierung geeignet wäre, einen Durchschnittskunden im Glauben an eine bessere Leistung des Versicherers zum Abschluss einer "teureren", weil mit höheren Prämien verbundenen Versicherung zum Neuwert zu verleiten. Vielmehr kann sich bei der gebotenen verständigen, sorgfältigen und vollständigen Durchsicht der Versicherungsbedingungen das vom Berufungsgericht angenommene Missverständnis von vornherein nicht ergeben.
25
5. Nach alledem liegen die versicherungsvertraglich festgelegten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entschädigung zum Neuwert nicht vor.
26
Von seinem Standpunkt aus folgerichtig hat sich das Berufungsgericht nicht mehr damit befasst, ob sich Ansprüche des Klägers aus einer Haftung der Beklagten gemäß § 43 VVG a.F. für ein Fehlverhalten ihres Versicherungsagenten ergeben können. Das betrifft zum einen die vom Kläger behauptete Zusage des Agenten, es werde "in jedem Fall" der Neuwert reguliert, was einer Abbedingung der in den Versicherungsbedingungen enthaltenen Entwertungsgrenze gleichkäme. Zum anderen ist zu klären, ob der Kläger und sein Bruder als künftige Versicherungsnehmer für den Agenten erkennbar von unrichtigen Vorstellungen über den angestrebten Versicherungsschutz ausgegangen sind, etwa weil angesichts einer dem Agenten offenbarten Überalterung sämtlicher landwirt- schaftlicher Geräte eine Neuwertversicherung mit Entwertungsgrenze wirtschaftlich keinen Sinn gemacht hätte. Die Prüfung dieser Fragen wird durch das Berufungsgericht nachzuholen sein.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Hechingen, Entscheidung vom 12.11.2007 - 1 O 168/07 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.02.2009 - 10 U 220/07 -
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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

(1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung). (2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen gesc
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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

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Annotations

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Ist bei einer laufenden Versicherung ein Versicherungsschein für ein einzelnes Risiko (Einzelpolice) oder ein Versicherungszertifikat ausgestellt worden, ist der Versicherer nur gegen Vorlage der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde wird er befreit.

(2) Ist die Urkunde abhandengekommen oder vernichtet, ist der Versicherer zur Leistung erst verpflichtet, wenn die Urkunde für kraftlos erklärt oder Sicherheit geleistet ist; eine Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für die Verpflichtung des Versicherers zur Ausstellung einer Ersatzurkunde.

(3) Der Inhalt der Einzelpolice oder eines Versicherungszertifikats gilt abweichend von § 5 als vom Versicherungsnehmer genehmigt, wenn dieser nicht unverzüglich nach der Übermittlung widerspricht. Das Recht des Versicherungsnehmers, die Genehmigung wegen Irrtums anzufechten, bleibt unberührt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung).

(2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen, ist, auch wenn dieser benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Versicherungsnehmer nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.

(3) Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen werden soll, gilt er als für eigene Rechnung geschlossen.