Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2003 - IV ZR 239/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin macht gemäß § 67 VVG aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend.Die Beklagte zeichnete am 27. Oktober 1989 über die A. A. M. GmbH eine "Transport-General-Police". Beteiligter Versicherer war nach Maßgabe des Transportversicherungsvertrages zu 100% die S. Allgemeine Versicherungs AG. Bei diesem Versicherer nahm die Beklagte auch eine Güter-Schaden-Haftpflichtversicherung. Später wurde die "Transport-General-Police" auf die Klägerin als risikozeichnenden Versicherer umgeschrieben. Am 30. September 1999 erteilte die S. GmbH der Beklagten den Auftrag, eine drei Tonnen schwere Excenter-Presse von Velbert zu ihrem Firmengelände in
Wuppertal zu transportieren, dort zu entladen und zum vorgesehenen Abstellplatz zu verbringen. Auf Wunsch ihrer Auftraggeberin meldete die Beklagte den Transport der Klägerin; die Versicherungsprämie trug die S. GmbH. Beim Transport zu ihrem Abstellplatz stürzte die Presse um. Den der S. GmbH entstandenen Schaden regulierte die Klägerin in Höhe von 90.020 DM (46.026,50 weiterer Sachverständigenkosten von 6.178,49 DM (3.159,01 die Beklagte in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat zu einer "! # $ % '&( Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 46.026,50 egen wendet sie sich mit ihrer zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Schadensersatzanspruch der versicherten S. GmbH gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen. Die Beklagte sei, obwohl Versicherungsnehmerin der Transportversicherung, Dritte im Sinne der genannten Vorschrift. Ein Übergang der Ersatzforderung des entschädigten Versicherten gegen den Versicherungsnehmer komme bei einer Versicherung für fremde Rechnung nur dann nicht in Betracht, wenn diese zugleich auch dem Versicherungsnehmer zugute kommen solle. Eine Auslegung des Versicherungsvertrages ergebe, daß dies nicht der Fall sei. Die Beklagte habe ihr sich im Schadensfall aktualisierendes Sachersatzinteresse über die betriebliche Haftpflichtversicherung eingedeckt, so daß für eine nochma-
lige Einbeziehung des Interesses in die Transportversicherung - mit dem Ergebnis einer Doppelversicherung - kein Bedürfnis bestanden habe. Wäre im übrigen die Versicherung durch die S. GmbH selbst abgeschlossen worden, könnte an einem Forderungsübergang zugunsten der Klägerin kein Zweifel bestehen. Nur so sei zudem eine Bereicherung der S. GmbH ausgeschlossen, der anderenfalls außer ihrem versicherungsrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin zusätzlich der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte verbleibe.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, in die Transportversicherung sei ein Sachersatzinteresse der Beklagten nicht einbezogen, erweist sich als rechtsfehlerfrei.
a) Die von der Beklagten als Versicherung für fremde Rechnung gemäß §§ 74 ff. VVG genommene Transportversicherung ist eine Versicherung von Gütern. Sie ist daher eine Sach- und keine Haftpflichtversicherung (ÖOGH VersR 1993, 1303, 1304; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 80 Rdn. 29; BK/Baumann, § 67 VVG Rdn. 69). Als solche erfaßt sie grundsätzlich allein das Sacherhaltungsinteresse des versicherten Eigentümers des transportierten Gutes. Das schließt allerdings die Einbeziehung weiterer Interessen nicht aus. Die Parteien eines Versicherungsvertrages sind in der Gestaltung ihres Vertragsverhältnisses frei. Es unterliegt ihrer Entscheidung, welches und wessen Interesse Gegenstand der Versicherung sein soll. Die Typisierung eines Versicherungsvertrages besagt - von aufsichtsrechtlichen Vorschriften abgesehen - noch nicht, daß die Ausgestaltung im einzelnen nicht auch Elemente an-
derer Vertragstypen enthalten kann (vgl. BGHZ 145, 393, 397 f.; Senatsurteil vom 28. März 2001 - IV ZR 163/99 - VersR 2001, 713 unter 2 b). Insofern steht einem Willen der Parteien, neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers weitere Interessen - so das Sachersatzinteresse der Beklagten - mitzuversichern, bei der Sachversicherung nichts entgegen. Dabei ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln, welches Interesse die Parteien als versichert vereinbart haben (BGHZ aaO; BGHZ 33, 97, 100).
b) Dem hat das Berufungsgericht Rechnung getragen. Das von ihm durch Auslegung gewonnene Ergebnis, in die Transportversicherung seien zusätzliche Interessen der Beklagten nicht eingeschlossen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in ihrer Eigenschaft als Versicherungsnehmerin der Transportversicherung ausschließlich das Interesse ihrer Auftraggeberin an der Sacherhaltung versichert. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt , daß die Beklagte gesetzlich verpflichtet war (§ 7a GüKG), neben der Transportversicherung eine Güterschaden-Haftpflichtversicherung zu unterhalten, deren maßgeblicher Inhalt die Abdeckung des Sachersatzinteresses gewesen ist. Es bestand daher weder aus Sicht des ersten Versicherers und später der Klägerin noch aus Sicht der Beklagten Veranlassung , das Sachersatzinteresse zum Gegenstand der Sachversicherung zu machen. Die Klägerin konnte davon ausgehen, daß die Beklagte ihrer gesetzlichen Pflicht nachgekommen war; die Beklagte ihrerseits benötigte eine Abdeckung des Sachersatzinteresses über die Transportversicherung nicht, weil sie bei der S. eine Haftpflichtversicherung genommen hatte. Das Berufungsgericht durfte bereits deshalb davon ausgehen, daß nicht erkennbar ist, weshalb das Sachersatzinteresse
zusätzlich in die Sachversicherung hätte einbezogen werden sollen. Für eine davon abweichende Auslegung ist nichts ersichtlich; für eine anderweitige Vereinbarung nichts vorgetragen.
2. Sind aber eigene Interessen der Beklagten nicht mitversichert, steht der Klägerin der Rückgriff nach § 67 VVG offen. Bei einer Fremdversicherung gehen auch die Ansprüche des Versicherten gegen den Versicherungsnehmer auf den Versicherer über, soweit dieser - wie hier - den Versicherten entschädigt hat (BGHZ 33, 97, 99 f.; Senatsurteil vom 24. November 1971 - IV ZR 71/70 - VersR 1972, 194 unter I; Prölss, aaO § 67 VVG Rdn. 15; Baumann, aaO § 67 VVG Rdn. 68).
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
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Annotations
Von den §§ 126 bis 128 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
(1) Der Unternehmer ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten, die die gesetzliche Haftung wegen Güter- und Verspätungsschäden nach dem Vierten Abschnitt des Vierten Buches des Handelsgesetzbuches während Beförderungen, bei denen der Be- und Entladeort im Inland liegt, versichert.
(2) Die Mindestversicherungssumme beträgt 600 000 Euro je Schadensereignis. Die Vereinbarung einer Jahreshöchstersatzleistung, die nicht weniger als das Zweifache der Mindestversicherungssumme betragen darf, und eines Selbstbehalts sind zulässig.
(3) Von der Versicherung können folgende Ansprüche ausgenommen werden:
- 1.
Ansprüche wegen Schäden, die vom Unternehmer oder seinem Repräsentanten vorsätzlich begangen wurden, - 2.
Ansprüche wegen Schäden, die durch Naturkatastrophen, Kernenergie, Krieg, kriegsähnliche Ereignisse, Bürgerkrieg, innere Unruhen, Streik, Aussperrung, terroristische Gewaltakte, Verfügungen von hoher Hand, Wegnahme oder Beschlagnahme seitens einer staatlich anerkannten Macht verursacht werden, - 3.
Ansprüche aus Frachtverträgen, die die Beförderung von Edelmetallen, Juwelen, Edelsteinen, Zahlungsmitteln, Valoren, Wertpapieren, Briefmarken, Dokumenten und Urkunden zum Gegenstand haben.
(4) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass während der Beförderung ein Nachweis über eine gültige Haftpflichtversicherung, die den Ansprüchen des Absatzes 1 entspricht, mitgeführt wird. Das Fahrpersonal muss diesen Versicherungsnachweis während der Beförderung mitführen und Kontrollberechtigten auf Verlangen zur Prüfung aushändigen.
(5) (weggefallen)
Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.