Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2004 - IV ZR 183/03

published on 05/05/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2004 - IV ZR 183/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 183/03 Verkündet am:
5. Mai 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
Für die Frage der Leistungsfreiheit des Versicherers nach den §§ 23 Abs. 1, 25
Abs. 1 VVG ist die Gefahrenlage bei Abschluß des Versicherungsvertrages mit derjenigen
zu vergleichen, die nach einer Veränderung der für die versicherte Gefahr
maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Dabei ist die jeweilige Gefahrenlage aufgrund
einer Gesamtabwägung aller gefahrrelevanten Umstände des Einzelfalles zu
bestimmen. Wie die Versicherer bestimmte Umstände bewerten und wie sich diese
Umstände auf die Prämiengestaltung auswirken, hat in diesem Zusammenhang zwar
erhebliche Indizwirkung, ersetzt die vom Tatrichter geforderte eigene Gesamtabwägung
aber nicht.
BGH, Urteil vom 5. Mai 2004 - IV ZR 183/03 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom beklagten Versicherer au s einer gebündelten Sachversicherung Ersatz für ein durch einen Brand am 12. Mai 1994 weitgehend zerstörtes Gaststättengebäude.
Das ursprünglich in Volkseigentum der DDR stehende Gaststättengrundstück wurde noch vor Inkrafttreten des Einigungsvertrages an private Erwerber verkauft, die es ihrerseits mit Kaufvertrag vom 19. März 1992 an eine aus den jetzigen Liquidatoren der Klägerin bestehende Gesell-

schaft bürgerlichen Rechts (GbR) weiterveräußerten. Mit Übergabe des Grundstücks (1. April 1992) vermietete die GbR dieses an die Klägerin, die es fortan bis zum Frühjahr 1994 nutzte. Die genannten Grundstückskaufverträge sind später nicht vollzogen worden, statt dessen wurde das Gaststättengrundstück 1998 an den früheren Rechtsträger, die Gemeinde, zurückverkauft.
Am 29. März 1993 hatte die Klägerin den Abschluß d er gebündelten Sachversicherung beantragt. Auf einem ergänzenden Fragebogen für Gaststättenhotels, Vergnügungslokale und ähnliche Betriebe war zur Bestimmung der Art des zu versichernden Betriebes angegeben worden: Restaurant /Speiselokal mit Tanz. Ergänzend ist vermerkt: "Unregelmäßige Gesellschaftstanzveranstaltungen möglich (z.B. Klassentreffen, Brigadeabende, Seniorentreffen usw.), geschlossene Gesellschaften, eventuell 14-tägig? ist noch in Planung ohne Diskothek." Dem darauf mit Versicherungsbeginn am 1. April 199 3 zustande gekommenen Vertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 87) und die Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertversicherung (SIGN 88) zugrunde.
Etwa ab Juni 1993 verpachtete die Klägerin den Gas tstättenbetrieb. Der Pächter betrieb fortan eine Schankwirtschaft und nutzte die Gaststätte an Wochenenden auch als Diskothek. Allerdings lief der Diskothekenbetrieb nach dem Jahreswechsel 1993/94 aus, nachdem die Küche von den zuständigen Behörden wegen mangelnder Hygiene geschlossen und die Stromversorgung infolge unbezahlter Rechnungen eingestellt worden war.

Der Pächter räumte das Objekt zum 31. März 1994, seither wurde das Gebäude nicht mehr genutzt.
Anfang April 1994 kam es zu zwei Einbrüchen in das leerstehende Gebäude, wobei die Täter Vandalismusschäden an Fenstern und Türen hinterließen. Mehrfach wurden Fenster und Türen zu Sicherungszwecken vernagelt.
Nach dem Brand vom 12. Mai 1994 machte die Klägeri n aus der Feuerversicherung einen auf 960.000 DM bezifferten Neuwertschaden geltend. Die Beklagte lehnte eine Regulierung ab und kündigte statt dessen das Versicherungsverhältnis mit Schreiben vom 3. Juni 1994 fristlos, weil die Klägerin mehrere Gefahrerhöhungen vorgenommen habe. Denn zur Zeit des Brandes sei die Gefahrenlage hinsichtlich des Feuerrisikos gemessen am Zustand zu Beginn des Versicherungsverhältnisses erheblich erhöht gewesen. Im Laufe des Jahres 1993 sei an Wochenenden eine Diskothek betrieben worden; Diskothekenbetriebe versichere sie wegen des hohen Risikos schon seit 25 Jahren nicht mehr. Der Niedergang des Gaststättenbetriebes habe sich bereits Monate vor Rückgabe des Objekts durch den Pächter abgezeichnet. Die Klägerin habe beabsichtigt, das Gebäude abzureißen, und es deshalb dem Verfall preisgegeben. Der Brand sei der Klägerin insoweit sehr gelegen gekommen. Im übrigen sei allenfalls der gemeine Wert des Gebäudes zu erstatten.
Dem hält die Klägerin entgegen, es sei geplant gew esen, das alte Gebäude aufzustocken und daneben einen Neubau (Bettenhaus) zu errichten. Einen Abriß des alten Gebäudes habe sie nicht beabsichtigt. Das Gebäude habe bis zum Brand auch viel zu kurz leer gestanden, um von

einer Gefahrerhöhung zu sprechen. Überdies habe sie alles getan, um mögliche gefahrerhöhende Umstände auszuschalten. Der angebliche Zustand des Gebäudes sei im übrigen nicht kausal für den Brand, der Diskothekenbetrieb sei längst eingestellt gewesen.
Mit Urteil vom 15. Mai 1997 hat das Landgericht di e Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat am 25. März 1999 die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, der Versicherungsvertrag sei mangels eines in der Person der Klägerin, ihrer Gesellschafter und der von ihnen gegründeten GbR bestehenden versicherten Interesses gegenstandslos. Das beruhe darauf, daß die Genannten nicht Eigentümer des versicherten Objekts geworden seien und auch zu keiner Zeit eine gesicherte Erwerbsaussicht gehabt hätten.
Der Senat (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - IV Z R 100/99 - VersR 2001, 53) hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im nunmehr angefochtenen Berufungsurteil vom 26. J uni 2003 ist die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt wieder zur A ufhebung des Berufungsurteils. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1

Satz 2 ZPO Gebrauch und verweist die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
I. Das Berufungsgericht führt aus:
1. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, daß der Brand vom 12. Mai 1994 auf Veranlassung der Geschäftsführer der Klägerin gelegt worden sei oder sie den Versicherungsfall in anderer Weise vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hätten.
2. Leistungsfreiheit nach den §§ 23, 25 VVG, 6 Nr. 2 AFB 87 sei auch nicht schon dadurch eingetreten, daß das Gebäude leer gestanden habe und zunehmend verwahrlost sei. Denn zum einen stellten der Auszug bisheriger Bewohner und das bloße Leerstehenlassen eines Wohngebäudes oder Gewerbeobjekts nach der Rechtsprechung für sich genommen noch keine Gefahrerhöhung dar. Zum anderen handele es sich bei dem - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erst ab April 1994 einsetzenden - Verrottungs- und Verwilderungsprozeß, der insbesondere durch die während zweier Einbrüche verursachten Vandalismusschäden gekennzeichnet sei, nicht um eine gewollte Maßnahme des Versicherungsnehmers im Sinne von § 23 Abs. 1 VVG. Vielmehr habe die Klägerin sogar eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Bauzaun, behelfsmäßige Reparatur einer Fensterscheibe, Vernageln von Fenstern und Türen). Die ab April 1994 fortschreitende Verwahrlosung sei deshalb allein an den Regeln über die nicht veranlaßte Gefahrerhöhung (§§ 27 ff. VVG) zu messen. Die Klägerin habe zwar spätestens innerhalb einer Woche nach dem zweiten Einbruch die Beklagte über die erhöhte Gefahrenlage unterrichten

müssen. Die Beklagte sei aber deshalb nicht leistungsfrei geworden, weil - wie das Berufungsurteil näher ausführt - der Versicherungsfall noch innerhalb der Monatsfrist des § 28 Abs. 1 VVG eingetreten sei.
3. Die Beklagte sei aber nach den §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG, 6 Nr. 4 AFB 87 leistungsfrei geworden, weil die Klägerin ihr eine gefahrerhöhende Betriebserweiterung, nämlich den Diskothekenbetrieb im zweiten Halbjahr 1993, nicht angezeigt habe.
Nach der Beweisaufnahme hätten die Geschäftsführer der Klägerin von der Änderung des Betriebes - Diskothekenveranst altungen an mindestens zwei Wochenenden im Monat, manchmal auch an jedem Wochenende - Kenntnis gehabt. Es liege auf der Hand und sei im übrigen durch die Beweisaufnahme bestätigt, daß bei Diskotheken das Brandrisiko besonders groß sei. Wie ein Zeuge vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft anhand statistischen Materials glaubhaft bekundet habe, sei das Brandrisiko bei Diskotheken sowohl hinsichtlich der Schadenshöhe als auch der Schadenshäufigkeit signifikant höher als bei gewöhnlichen Gaststätten. Das habe nach den Angaben einer weiteren Zeugin aus der Versicherungswirtschaft zu deutlich höheren Prämiensätzen und Jahresnettoprämien für Diskotheken geführt. Diese erhöhten Prämien würden auch dann noch erhoben, wenn eine Diskothek ihren Betrieb eingestellt habe. Denn auch die Stillegung werde von den Versicherern als gefahrerhöhender Umstand bewertet. Diskotheken seien im übrigen im fraglichen Zeitraum nur noch von einer aus zehn Versicherungsgesellschaften bestehenden Zeichnungsgemeinschaft versichert worden. Der Gruppenleiter der Abteilung Sachversicherung der Beklagten habe inso-

weit glaubhaft bekundet, daß die Beklagte das Objekt bei Kenntnis der Diskothekenveranstaltungen nicht versichert hätte.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht verkennt, daß weder die AF B 87 noch das Versicherungsvertragsgesetz an die Verletzung der Obliegenheit aus § 6 Nr. 4 AFB 87, eine Betriebsaufnahme oder -veränderung unverzüglich anzuzeigen , die Sanktion der Leistungsfreiheit des Versicherers knüpfen. Nur für den Fall, daß mit der Betriebsaufnahme oder -veränderung zugleich eine Gefahrerhöhung verbunden ist, verweist § 6 Nr. 4 AFB 87 auf die gesetzlichen Regelungen der §§ 23 bis 30 VVG. Grund für eine mögliche Leistungsfreiheit des Versicherers ist dann aber nicht die Verletzung der Anzeigeobliegenheit, sondern die Gefahrerhöhung selbst (§§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG, vgl. dazu Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 6 AFB 87 Rdn. 3).
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Denn auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Würdigung läßt sich nicht entscheiden, ob die Beklagte wegen der mit dem Diskothekenbetrieb möglicherweise verbundenen Gefahrerhöhung nach den §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG, 6 Nr. 2 AFB 87 leistungsfrei ist.

a) Es fehlt insoweit eine einzelfallbezogene Gesamtbewertung der für die Gefahranalyse maßgeblichen Umstände.

aa) Durch die Vorschriften über die Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG) soll das Gleichgewicht zwischen dem vom Versicherer übernommenen Risiko und der vereinbarten Prämie erhalten werden; der Versicherer soll nicht gezwungen sein, am Versicherungsvertrag festzuhalten, obwohl das Verhältnis zwischen Prämie und Risiko nicht mehr der Risikolage entspricht , die er bei Abschluß des Versicherungsvertrags voraussetzen durfte. Dabei ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise geboten. Es kommt nicht darauf an, ob einzelne neue Gefahrenquellen (hier der vorübergehende Diskothekenbetrieb) entstanden sind, sondern darauf, ob sich die Risikolage insgesamt gesehen erhöht hat (BGH, Urteil vom 6. Juni 1990 - IV ZR 142/89 - VersR 1990, 881 unter III; BGHZ 79, 156, 158, 159). Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise mehrfach darauf hingewiesen, daß das Leerstehen eines Gebäudes in der Feuerversicherung keineswegs immer eine Gefahrerhöhung bedeutet, weil dadurch zwar manche neuen Gefahrenquellen entstehen, andere aber wegfallen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1990 aaO m.w.N.). Für die Frage der Leistungsfreiheit nach den §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG ist deshalb die Gefahrenlage bei Abschluß des Versicherungsvertrages mit derjenigen zu vergleichen, die nach einer Veränderung der für die versicherte Gefahr maßgeblichen Umstände eingetreten ist, wobei die jeweilige Gefahrenlage aufgrund einer Gesamtabwägung aller gefahrrelevanten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist. Dabei sind alle aus dem Parteivortrag ersichtlichen gefahrerheblichen Tatsachen in Betracht zu ziehen. Soweit gefahrerhöhenden Umständen gefahrvermindernde entgegenstehen, sind sie gegeneinander abzuwägen (sog. Gefahrkompensation, vgl. dazu BGHZ 79, 156, 158 m.w.N.; Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. N III Rdn. 18 ff.; Langheid in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. §§ 23-25 Rdn. 31 ff.; Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 23 Rdn. 15 - jeweils m.w.N.) Wie die Versicherer bestimm-

te Umstände bewerten und wie sich diese Umstände auf die Prämiengestaltung auswirken, kann zwar erhebliche Indizwirkung haben, die vom Tatrichter geforderte eigene Abwägung aber nicht ersetzen.
Aus der Entscheidung BGHZ 79, 156, 159, 160 ergibt sich nichts anderes. Zwar ist dort ausgeführt, wenn feststehe, daß sowohl gefahrerhöhende als auch gefahrvermindernde Umstände vorlägen, obliege es dem Versicherer, näher darzutun, welches Gewicht diesen Umständen zukomme und wie sie sich auf die Entwicklung der Gefahr ausgewirkt hätten. Der Versicherer müsse sich insbesondere darüber erklären, welche Erkenntnisse der Versicherungswirtschaft über die Feuergefährlichkeit von Diskotheken vorlägen und welche Folgerungen daraus für die Prämienbemessung gezogen würden. Auch sei darzulegen, wie vom versicherungstechnischen Standpunkt aus das Brandrisiko einer stillgelegten Diskothek in einem nicht benutzten und mangelhaft gesicherten Gebäude zu beurteilen sei. Erst danach sei eine Abwägung der gefahrerhöhenden und gefahrvermindernden Umstände möglich. Der Darlegungspflicht könne durch Vorlage der maßgeblichen Prämienrichtlinien genügt werden.
Diese Ausführungen beziehen sich aber erkennbar au f die Sachlage in dem dort entschiedenen Fall. Sie dürfen nicht dahin mißverstanden werden, daß sich die oben beschriebene Gesamtbewertung der gefahrerhöhenden und gefahrvermindernden Umstände regelmäßig schon in der Ermittlung der angesprochen versicherungstechnischen Daten erschöpft.
bb) Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichne t, daß sich die Gefahrenlage mehrfach geändert hat. Insbesondere ist der vorübergehend

über ein halbes Jahr an Wochenenden veranstaltete Diskothekenbetrieb vor dem Versicherungsfall eingestellt worden.
Eine Änderung der Gefahrenlage gegenüber der bei V ertragsschluß vorausgesetzten kann sich hier aus dem vorübergehenden, an den Wochenenden veranstalteten Diskothekenbetrieb ergeben. Eine dadurch möglicherweise eingetretene Gefahrerhöhung kann aber auch durch nachträglich eingetretene Umstände entfallen, so etwa hier durch die Einstellung des Diskothekenbetriebes, es sei denn, daß trotz der Einstellung die Gefahren dieses Betriebes fortwirken oder neue gefahrrelevante Umstände hinzutreten. Deshalb kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob sich nach Einstellung des Diskothekenbetriebes ein Zustand erhöhter Gefahr gegenüber dem bei Vertragsschluß vorausgesetzten feststellen läßt.
Dem Berufungsurteil ist schon nicht zu entnehmen, welche Fallumstände das Berufungsgericht neben den ermittelten versicherungsstatistischen Daten in seine Gefahrbewertung einbezogen hat. Die Ausführungen stehen teilweise in einem nicht hinreichend aufgelösten Widerspruch zu der Aussage, das bloße Leerstehenlassen auch gewerblicher Gebäude begründe noch keine Gefahrerhöhung. Andererseits wird die Gefahr einer betriebenen Diskothek ohne weiteres mit derjenigen einer stillgelegten zumindest gleichgesetzt, wobei anscheinend der Leerstand als solcher hinsichtlich der Feuergefahr als dem Diskothekenbetrieb gleichwertig angesehen wird. In welchen Merkmalen einer Diskothek gefahrerhöhende Umstände gesehen werden und inwiefern die Sachlage nach Beendigung des Diskothekenbetriebs hinsichtlich der Feuergefahr gleichwertig sein soll (welche Gefahrumstände entfielen, wodurch werden sie kompensiert ?), läßt das Berufungsgericht selbst dann nicht ausreichend erkennen,

wenn man annimmt, es habe die an anderer Stelle des Urteils erörterten Umstände des Leerstandes erneut in seine Betrachtung einbezogen. Auch bleibt offen, ob und inwieweit sich die dargestellten allgemeinen Überlegungen zur Gefährdung einer Diskothek auf den konkreten Einzelfall, bei dem der Diskothekenbetrieb nur auf Wochenenden beschränkt war, übertragen lassen.

b) Gemäß § 25 Abs. 3, letzter Halbsatz VVG tritt L eistungsfreiheit des Versicherers nicht ein, wenn die Gefahrerhöhung weder Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls noch auf den Schadensumfang hatte. Die Beweislast für diesen Kausalitätsgegenbeweis liegt beim Versicherungsnehmer. Das Berufungsurteil prüft die Kausalitätsfrage nicht. Ersichtlich kann aber jedenfalls der Diskothekenbetrieb selbst den Brand im Mai 1994 nicht mehr begünstigt haben, weil der Betrieb schon zum Jahreswechsel 1993/94 eingestellt war und das Gebäude seit April 1994 leer stand. Da das Berufungsurteil nicht deutlich macht, worin der Grund für die Fortdauer einer erhöhten, vom früheren Diskothekenbetrieb ausgehenden Brandgefahr auch noch nach Betriebsschließung zu sehen sein soll, läßt sich die Kausalitätsfrage auch nicht aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe beantworten.
Daß die Beklagte nicht bereit war, einen Diskothek enbetrieb zu versichern , führt nicht weiter. Denn insoweit sind die Rechte des Versicherers durch das in § 24 VVG geregelte Kündigungsrecht gewahrt. Das Kausalitätserfordernis des § 25 Abs. 3 VVG bezieht sich allein auf die tatsächliche Frage, ob die Gefahrerhöhung den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Schadensverlauf beeinflußt hat.

3. Soweit das Berufungsgericht Leistungsfreiheit d er Beklagten gemäß § 28 Abs. 1 VVG verneint hat, dringt die Revisionserwiderung mit der Gegenrüge nicht durch. Selbst wenn die Anzeige des ersten Einbruchs in das Gebäude bei der Polizei bereits am 8. April 1994 erstattet wurde, handelte die Versicherungsnehmerin hier auch dann noch unverzüglich im Sinne des § 27 Abs. 2 VVG, wenn sie die Anzeige an den Versicherer erst nach kurzer Frist erstattete. Denn dem Versicherungsnehmer muß Gelegenheit verbleiben, die Gefahrenlage auch unter Prüfung möglicher noch durchzuführender gefahrmindernder Maßnahmen einzuschätzen. Insoweit ist die vom Berufungsgericht der Versicherungsnehmerin zugebilligte kurze Prüfungszeit, bis zu deren Ablauf die Anzeige gegenüber dem Versicherer noch als unverzüglich anzusehen ist, hier nicht zu beanstanden.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch
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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Ke
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published on 23/06/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 219/03 Verkündet am: 23. Juni 2004 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden R
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published on 17/06/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 43/07 Verkündetam: 17.Juni2009 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG § 69
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Annotations

(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

(2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(1) Der Versicherer kann an Stelle einer Kündigung ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen für diese höhere Gefahr entsprechende Prämie verlangen oder die Absicherung der höheren Gefahr ausschließen. Für das Erlöschen dieses Rechtes gilt § 24 Abs. 3 entsprechend.

(2) Erhöht sich die Prämie als Folge der Gefahrerhöhung um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Absicherung der höheren Gefahr aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

(2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

(2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(1) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1, kann der Versicherer den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Verpflichtung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Beruht die Verletzung auf einfacher Fahrlässigkeit, kann der Versicherer unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen.

(2) In den Fällen einer Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 2 und 3 kann der Versicherer den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen.

(3) Das Kündigungsrecht nach den Absätzen 1 und 2 erlischt, wenn es nicht innerhalb eines Monats ab der Kenntnis des Versicherers von der Erhöhung der Gefahr ausgeübt wird oder wenn der Zustand wiederhergestellt ist, der vor der Gefahrerhöhung bestanden hat.

(1) Der Versicherer kann an Stelle einer Kündigung ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen für diese höhere Gefahr entsprechende Prämie verlangen oder die Absicherung der höheren Gefahr ausschließen. Für das Erlöschen dieses Rechtes gilt § 24 Abs. 3 entsprechend.

(2) Erhöht sich die Prämie als Folge der Gefahrerhöhung um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Absicherung der höheren Gefahr aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

Die §§ 23 bis 26 sind nicht anzuwenden, wenn nur eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr vorliegt oder wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass die Gefahrerhöhung mitversichert sein soll.