Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2001 - IV ZR 102/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten, der Witwe und Alleinerbin seines 1992 verstorbenen Vaters, im Wege der Stufenklage seinen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend. Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Bestand des Nachlasses und die (unentgeltlichen) Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte in der Zeit vom 28. Dezember 1982 bis zum 28. Dezember 1992. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht, nachdem es zuvor den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 1.000 DM festgesetzt hatte, mit der Begründung als unzulässig verworfen , daß die Beklagte einen die Berufungsgrenze von 1.500 DM über-steigenden Wert ihrer Beschwer nicht glaubhaft gemacht habe (§ 511a ZPO). Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist zulässig (§ 547 ZPO), aber nicht begründet. Ohne Rechtsverstoß hat das Oberlandesgericht die Beschwer der Beklagten mit 1.000 DM bemessen. Das Berufungsgericht darf den Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem Rechtsstreit wegen Erteilung einer Auskunft nach freiem Ermessen festsetzen (§ 3 ZPO). Das Revisionsgericht kann die Wertfestsetzung nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (std. Rspr. des BGH, vgl. nur Urteil vom 24. Juni 1999 - IX ZR 351/98 - NJW 1999, 3050 unter III). Im vorliegenden Fall ist kein Ermessensfehlgebrauch ersichtlich.
I. Wie auch die Revision anerkennt, ist das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Wert der Beschwer bei der Berufung einer zur Auskunft verurteilten Person nach deren Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, und daß es für die Bewertung dieses Abwehrinteresses auf den geldwerten Aufwand ankommt , den die Erteilung der geschuldeten Auskunft verursacht (std. Rspr. des BGH, BGHZ 128, 85 ff.).
Diesen Aufwand hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung einer angemessenen fiktiven Vergütung bzw. einer fiktiven Verdienstausfallentschädigung und des gewöhnlichen Zeitbedarfs mit nicht mehr als 1.000 DM bewertet. Es hat die von der Beklagten vorgelegte Honorarvereinbarung , wonach ihre Rechtsanwälte die für die Auskunftserteilung erforderlichen Vorarbeiten gegen eine Pauschalvergütung von 3.000 DM ausführen werden, für unerheblich erachtet, weil die Beklagte zur Aufstellung eines Nachlaûverzeichnisses und der Zuwendungen, die ihr in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall zugeflossen seien, ohne weiteres selbst in der Lage sei, nachdem sie schon gegenüber dem Nachlaûgericht und dem Finanzamt eine Aufstellung des Nachlasses und eine Erbschaftsteuererklärung habe vorlegen müssen.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen Ermessensfehler erkennen.
1. Der Einwand der Revision, selbst unter der Voraussetzung, daû die Beklagte die Nachlaû- und Schenkungsaufstellung selbst erarbeiten müsse, habe das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt , daû dies bei dem vom Kläger angenommenen umfangreichen Vermögen des Erblassers einen beträchtlichen Aufwand erfordere, ist in mehrfacher Hinsicht nicht stichhaltig. Zum einen kann die Beklagte sich nicht mehr auf den vom Kläger behaupteten Umfang des Nachlasses berufen , nachdem sie diesen Umfang in ihrer Klageerwiderung weitgehend bestritten hat. Sie muû vielmehr von ihren eigenen Angaben zur Zusammensetzung und zum erheblich geringeren Wert des Nachlasses ausge-
hen. Zum anderen übergeht die Beklagte die vom Berufungsgericht zu Recht hervorgehobene und von ihr nicht bestrittene Tatsache, daû sie bereits für das Finanzamt eine Erbschaftsteuererklärung mit Nachlaûverzeichnis der Aktiva und Passiva (§§ 31 Abs. 2, 10 Erbschaftsteuergesetz - ErbStG) sowie eine Aufstellung der in den letzten zehn Jahren erfolgten Zuwendungen des Erblassers nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung (§§ 14, 30 Abs. 4 Nr. 6 ErbStG) anfertigen muûte. Selbst falls diese schon früher erarbeiteten Verzeichnisse ergänzungsbedürftig sein sollten, so daû die Beklagte sich nicht auf ein bloûes Abschreiben beschränken kann, erleichtern sie ihr die Auskunftserteilung beträchtlich. Und schlieûlich läût die Behauptung der Beklagten, die Schätzung des Berufungsgerichts sei unangemessen gering ausgefallen, die Darlegung vermissen, wie hoch sie denn selbst ihren eigenhändigen Aufwand einschätzt, d.h. wie viele Arbeitsstunden und welchen Stundensatz sie für erforderlich hält. Billigt man nämlich der nicht berufstätigen Beklagten in Anlehnung an die Entschädigung, die sie als Zeugin oder Partei im Zivilprozeû erhalten würde, einen Stundensatz von 20 DM zu (§ 2 Abs. 3 Satz 2 ZSEG, § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO; vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. März 2001 - IV ZR 155/00 - BGH-Report 2001, 481 unter 2 a), so ergibt sich der durchaus nicht unbeträchtliche Zeitaufwand von 50 Stunden. Die Beklagte hat nicht erklärt, weshalb dieser Aufwand zu gering sein soll.
2. Auch der weitere Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daû die Beklagte zur eigenhändigen Auskunftserteilung nicht in der Lage sei, sondern sich rechtsanwaltlicher Hilfe bedienen müsse, ist nicht begründet.
Die von der Revision genannten Gründe dafür, daû die nötigen Angaben über den Immobilienbesitz des Erblassers und ein Verzeichnis seiner Schenkungen für die Beklagte persönlich zu schwierig seien, sind nicht überzeugend. Die Angaben über Lage, Gröûe und Bebauung der zwei von der Beklagten zugestandenen Grundstücke sind einfach und müssen überdies schon in ihrer Erbschaftsteuererklärung enthalten sein; letzteres gilt auch für die Bezifferung der Hypothekenschulden. Eine "Aufarbeitung der Mietverhältnisse" ist ebensowenig erforderlich wie die Wertermittlung. Was das Schenkungsverzeichnis betrifft, so kann der Ansicht der Revision, die Beklagte könne ohne rechtliche Beratung nicht beurteilen, was überhaupt eine unentgeltliche Zuwendung sei, nicht gefolgt werden. Auch ein Laie vermag eine Schenkung in der Regel von einer entgeltlichen Zuwendung zu unterscheiden. Konkrete Schwierigkeiten , die eine anwaltliche Beratung erforderlich gemacht hätten, hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Im übrigen ist auch insoweit erheblich, daû die Beklagte die Schenkungen bereits in der Erbschaftsteuererklärung angeben muûte.
Ohne Erfolg bleibt schlieûlich auch die Berufung der Beklagten auf die ihr vom Erblasser im Erbvertrag gemachte Auflage, sich bei der Abwicklung des Nachlasses von der Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Dr. O. beraten zu lassen. Abgesehen davon, daû die Beklagte nicht vorträgt, daû sie diese Gesellschaft bei der Auskunftserteilung einschalten will - sie will vielmehr den Rechtsanwalt H. beauf-
tragen -, muû eine die Kosten der Auskunft steigernde Auflage des Erblassers , für die keine objektive Notwendigkeit besteht, auûer acht bleiben , wenn es um die Ermittlung der Beschwer des zur Auskunft verurteilten Erben geht. Da von der Höhe der Beschwer die Zulässigkeit der Berufung abhängt, ist sie nach objektiven Kriterien zu beurteilen.
Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf
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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden in der Weise zusammengerechnet, daß dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Anstelle der Steuer nach Satz 2 ist die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese höher ist. Die Steuer, die sich für den letzten Erwerb ohne Zusammenrechnung mit früheren Erwerben ergibt, darf durch den Abzug der Steuer nach Satz 2 oder Satz 3 nicht unterschritten werden. Erwerbe, für die sich nach den steuerlichen Bewertungsgrundsätzen kein positiver Wert ergeben hat, bleiben unberücksichtigt.
(2) Führt der Eintritt eines Ereignisses mit Wirkung für die Vergangenheit zu einer Veränderung des Werts eines früheren, in die Zusammenrechnung nach Absatz 1 einzubeziehenden Erwerbs, gilt dies auch für den späteren Erwerb als Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Abgabenordnung (rückwirkendes Ereignis). Für den späteren Erwerb gelten auch der erstmalige Erlass, die Änderung und die Aufhebung eines Steuerbescheids für einen früheren, in die Zusammenrechnung einzubeziehenden Erwerb als rückwirkendes Ereignis. Dasselbe gilt auch, soweit eine Änderung der Steuerfestsetzung für den früheren Erwerb lediglich zu einer geänderten anrechenbaren Steuer führt.
(3) Die durch jeden weiteren Erwerb veranlaßte Steuer darf nicht mehr betragen als 50 Prozent dieses Erwerbs.
(1) Jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb (§ 1) ist vom Erwerber, bei einer Zweckzuwendung vom Beschwerten binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall oder von dem Eintritt der Verpflichtung dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen.
(2) Erfolgt der steuerpflichtige Erwerb durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, ist zur Anzeige auch derjenige verpflichtet, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt.
(3) Einer Anzeige bedarf es nicht, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten Verfügung von Todes wegen beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt; das gilt nicht, wenn zum Erwerb Grundbesitz, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht der Anzeigepflicht nach § 33 unterliegen, oder Auslandsvermögen gehört. Einer Anzeige bedarf es auch nicht, wenn eine Schenkung unter Lebenden oder eine Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet ist.
(4) Die Anzeige soll folgende Angaben enthalten:
- 1.
Vorname und Familienname, Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung), Beruf, Wohnung des Erblassers oder Schenkers und des Erwerbers; - 2.
Todestag und Sterbeort des Erblassers oder Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung; - 3.
Gegenstand und Wert des Erwerbs; - 4.
Rechtsgrund des Erwerbs wie gesetzliche Erbfolge, Vermächtnis, Ausstattung; - 5.
persönliches Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder zum Schenker wie Verwandtschaft, Schwägerschaft, Dienstverhältnis; - 6.
frühere Zuwendungen des Erblassers oder Schenkers an den Erwerber nach Art, Wert und Zeitpunkt der einzelnen Zuwendung.
(5) In den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummer 4 ist von der Stiftung oder dem Verein binnen einer Frist von drei Monaten nach dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung oder auf den Verein der Vermögensübergang dem nach § 35 Absatz 4 zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige soll folgende Angaben enthalten:
- 1.
Name, Ort der Geschäftsleitung und des Sitzes der Stiftung oder des Vereins, - 2.
Name und Anschrift des gesetzlichen Vertreters der Stiftung oder des Vereins, - 3.
Zweck der Stiftung oder des Vereins, - 4.
Zeitpunkt des ersten Vermögensübergangs auf die Stiftung oder den Verein, - 5.
Wert und Zusammensetzung des Vermögens.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.