Bundesgerichtshof Urteil, 08. Dez. 2005 - III ZR 99/05

published on 08/12/2005 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Dez. 2005 - III ZR 99/05
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Previous court decisions
Landgericht Wuppertal, 1 O 359/03, 11/11/2003
Oberlandesgericht Düsseldorf, 6 U 240/03, 07/04/2005

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 99/05
Verkündet am:
8. Dezember 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. April 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger beansprucht von dem Beklagten die Auszahlung eines ihm mitgeteilten Gewinns und hat dazu vorgetragen: Im Oktober 2001 habe er - außer einem Bestellschein des "V. Versand Abt. PB NL- GD G. " - ein "OFFIZIELLES GEWINN-DOKUMENT", eine "OFFIZIELLE GEWINNER-LISTE" und ein Schreiben der "S. Sicherheitsgesellschaft für Werttransporte" erhalten. Gemäß diesen Schriftstücken habe er einen "Bargeld-Preis" gewonnen; "V. Versand" habe "S. " beauftragt, "die Gewinnzustellung von 11.500,- DM Gesamtsumme am kommenden Donnerstag" an ihn durchzuführen. Wie in den Schreiben weiter erbeten, habe er den ausgefüllten Bestellschein mit der Bestätigungsmarke zurückgeschickt.
2
Die vorbeschriebene Gewinnzusage von "V. Versand" habe in Wahrheit von der A. Import-Export GmbH & Co. KG gestammt. Diese habe den Versandhandel betrieben und sei bei der Versendung der Gewinnzusage unter dem Namen "V. Versand" aufgetreten.
3
Der Kläger hat zunächst die A. Import-Export GmbH & Co. KG auf Zahlung des - unstreitig nicht erhaltenen - angeblichen Gewinns von 5.879,86 € (= 11.500 DM) nebst Zinsen verklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das im Berufungsrechtszug mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. Import-Export GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin) unterbrochene Verfahren hat der Kläger gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter aufgenommen. Das Berufungsgericht hat die Klage, die nunmehr darauf gerichtet ist, eine Forderung in Höhe von 5.879,86 € nebst Zinsen zur Insolvenztabelle festzustellen, ebenfalls abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Das Berufungsgericht hat - soweit hier von Bedeutung - ausgeführt:
6
Die Schuldnerin sei nicht als Sender im Sinne des § 661a BGB anzusehen. Aus Sicht des Klägers habe nicht die Schuldnerin, sondern die V. Versand S.L., eine Gesellschaft spanischen Rechts, den Versandhandel mittels der fraglichen Gewinnmitteilung bewerben wollen. Die Gewinnzusage könne der Schuldnerin auch nicht nach den Grundsätzen des Handelns unter fremdem Namen zugerechnet werden. Gewinnversprechender habe der Versandhandel sein sollen, der den Namen "V. Versand" führe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin die Gewinnzusage an der V. Versand S.L. vorbei unter missbräuchlicher Verwendung von deren Namen versandt habe.

II.


7
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nach dem im Revisionsrechtszug maßgeblichen Sachverhalt kommt die von dem Kläger begehrte Feststellung (§ 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO) eines Anspruchs nach § 661a BGB nebst Zinsen in Betracht.
8
Gemäß § 661a BGB hat ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten. Diese Anspruchsvorausset- zungen können auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts und der unwiderlegten Behauptungen des Klägers nicht verneint werden.
9
1. Das Berufungsgericht hat ersichtlich nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei der vorbeschriebenen, dem Kläger nach seinem Vortrag zugegangenen Sendung um eine Gewinnzusage oder vergleichbare Mitteilung gehandelt hat. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
10
2. a) "Sender" im Sinne des § 661a BGB ist derjenige Unternehmer, den ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage des Empfängers einer Gewinnzusage als Versprechenden ansieht. Als "Sender" einer Gewinnzusage nach § 661a BGB können ferner solche Unternehmer in Anspruch genommen werden , die Verbrauchern unter nicht existierenden oder falschen Namen, Firmen, Geschäftsbezeichnungen oder Anschriften Gewinnmitteilungen zukommen lassen (vgl. Senatsurteile vom 7. Oktober 2004 - III ZR 158/04 - NJW 2004, 3555, 3556, vom 9. Dezember 2004 - III ZR 112/04 - NJW 2005, 827 und - nach Erlass des Berufungsurteils ergangen - vom 23. Juni 2005 - III ZR 4/04 - NJW-RR 2005, 1365). "Sender" kann auch derjenige Unternehmer sein, der unter fremdem Namen, d.h. unter dem Namen einer anderen - existierenden - (natürlichen oder juristischen) Person handelt (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2004 und 23. Juni 2005, jeweils aaO). Die Qualifikation der Schuldnerin als "Sender" hing also, wie die Revision zu Recht bemerkt, nicht davon ab, dass der Name, unter dem die Schuldnerin aufgetreten sein soll ("V. Versand"), nicht eine Phantasiebezeichnung war, sondern es eine V. Versand S.L. als Gesellschaft spanischen Rechts tatsächlich gab.
11
b) Beim Handeln unter fremdem Namen ist allerdings, insofern ist dem Berufungsgericht zu folgen, zu unterscheiden, ob - aus der insoweit maßgeb- lichen Sicht der anderen Partei - ein Geschäft des Namensträgers oder ein Eigengeschäft des Handelnden vorliegt (vgl. BGHZ 45, 193, 195 f; BGH, Urteil vom 18. Januar 1988 - II ZR 304/86 - NJW-RR 1988, 814, 815; MünchKommBGB /Schramm 4. Aufl. 2001 § 164 Rn. 41). Sollte ein Geschäft des Namensträgers geschlossen werden und wurde eine falsche Identitätsvorstellung beim Gegner erweckt, sind die Grundsätze über die Stellvertretung (§§ 164 ff BGB) entsprechend anzuwenden, obwohl dem Handelnden der Vertretungswille fehlte. Hatte der Handelnde Vertretungsmacht, so wird der Namensträger aus dem Geschäft berechtigt und verpflichtet (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB analog; vgl. BGHZ aaO S. 196); ansonsten trifft den Handelnden die Haftung entsprechend § 179 BGB (vgl. MünchKommBGB/Schramm aaO Rn. 39, 44).
12
Ein Eigengeschäft unter falscher Namensangabe - aus dem der Handelnde selbst verpflichtet wird (vgl. MünchKommBGB/Schramm aaO Rn. 42) - ist dann gegeben, wenn die Benutzung des fremden Namens bei der anderen Vertragspartei keine Fehlvorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen hat, diese den Vertrag also nur mit dem Handelnden schließen will (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1988 aaO). Ein solches Geschäft dürfte hier, wie die Revision zu Recht rügt, nahe liegen, weil bei dem Kläger, dem Empfänger der Gewinnmitteilung, keine konkrete Vorstellung über die Identität des Versenders bestanden haben dürfte. Ihm dürfte es letztlich nur auf den Handelnden angekommen sein (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2004 aaO S. 828 und vom 23. Juni 2005 aaO S. 1366). Das Berufungsgericht nimmt zwar ein Geschäft des Namensträgers, d.h. der V. Versand S.L., an. Es stellt aber zugleich fest, dass nach dem Eindruck, den die Gewinnmitteilung erweckte , "der Versandhandel, der diesen Namen <"V. Versand"> führte" , der Gewinnversprechende sein sollte. Dieser habe seine Ware angeboten und ersichtlich mit seiner Gewinnmitteilung seinen Umsatz steigern wollen. Den Versandhandel betrieb aber nach dem von der Revision herangezogenen Vorbringen des Klägers nicht die V. Versand S.L., sondern die Schuldnerin: Die V. Versand S.L. verfügte nicht über eine Rufnummer; die Schuldnerin stellte die in der Werbesendung genannte Telefonnummer zur Verfügung. Die Satz- und Lithographiearbeiten für die Kataloge sowie die Buchführung wurden von ihr erledigt. Die Adressen stammten von ihr und sie war Vertragspartner der Warenhersteller. Die Schuldnerin versandte die Werbeschreiben und besorgte den Paketversand. Diesem Vorbringen ist der Beklagte nur mit der pauschalen Behauptung entgegengetreten, die Schuldnerin habe Dienstleistungen für die V. Versand S.L. erbracht. Hierdurch ist er, wie die Revision zu Recht rügt, seiner sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. An diese sind entsprechend dem Schutzzweck des § 661a BGB keine geringen Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2005 aaO).

III.


13
Der Senat ist gehindert, selbst abschließend zu entscheiden. Das Berufungsgericht wird aufgrund der neuen Verhandlung zu dem Vortrag des Klägers Feststellungen zu treffen haben.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 11.11.2003 - 1 O 359/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.04.2005 - I-6 U 240/03 -
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(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. (2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbar

(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit de

(1) Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweig
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(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. (2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbar

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Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

(1) Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen.

(3) Das Insolvenzgericht erteilt dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Im Falle des Absatzes 2 erhält auch der Bestreitende einen solchen Auszug. Die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt worden sind, werden nicht benachrichtigt; hierauf sollen die Gläubiger vor dem Prüfungstermin hingewiesen werden.

(1) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war. Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.

(2) War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben.

Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

(1) Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.

(2) Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrags hat.

(3) Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, dass er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.

Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.