Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2003 - III ZR 416/02

published on 18/09/2003 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2003 - III ZR 416/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 416/02
Verkündet am:
18. September 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_________________
GOÄ Gebührenverzeichnis Nr. 5489
Zur Abrechnung der Positronen-Emmisions-Tomographie (PET) in Fällen,
in denen mehrere Organe oder Körperregionen untersucht werden.
BGH, Urteil vom 18. September 2003 - III ZR 416/02 - LG Münster
AG Münster
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Schlick, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 17. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind die Erben der am 6. November 2000 verstorbenen Frau P. Der Beklagte nahm bei Frau P. am 1. August 2000 unter anderem eine Tumorszintigraphie des Ganzkörpers nach der Nr. 5431 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und eine PositronenEmissions -Tomographie (PET) mit quantifizierender Auswertung vor, die sich auf mehrere Körperregionen bezog. Die letztgenannte Leistung stellte er unter Anwendung eines näher begründeten Steigerungsfaktors von 2,3 nach der Nr. 5489 des Gebührenverzeichnisses zweimal mit je 1.966,50 DM ! "$# %'&(%) * + , -"$# %'&/.10 * 23 & (= 1.005,46
Becken, jeweils mit quantifizierender Auswertung; die Rechnung wurde von Frau P. bezahlt.
Mit ihrer Klage verlangen die Kläger aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung Rückzahlung eines Betrages von 1.966,50 DM nebst Zinsen, weil sie die Auffassung vertreten, bei der vom Beklagten erbrachten Leistung sei eine Gebühr nach der Nr. 5489 nur einmal angefallen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen bis auf eine geringfügige Zinsmehrforderung Erfolg. Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe


Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
1. Die in den Nr. 5486 bis 5489 erfaßten Leistungen der Emissions-Computer -Tomographie betreffen im Bereich der diagnostischen Leistungen der Nuklearmedizin (Abschnitt O II 1 des Gebührenverzeichnisses) ergänzende Untersuchungen, die im Zusammenhang mit einer anderen Basisleistung der Szintigraphie erbracht werden (vgl. Hoffmann, Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl. Bd. 2, Nr. 5400 bis 5607 Rn. 5; Brück, Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl. Bd. 2, vor Nr. 5486; Lang/Schäfer/Stiel/Vogt, Der GOÄKommentar , 1996, vor Nr. 5486). Hier war die Basisleistung eine Tumorszintigraphie des Ganzkörpers nach der Gebührennummer 5431, für die in der Gebührenordnung eine Punktzahl von 2250 Punkten - gegenüber 1200 Punkten bei einer Untersuchung in nur einer Körperregion (Nr. 5430) - vorgesehen ist.
Die Legende der hier angewendeten Nr. 5489 beschreibt als Leistung die Positronen -Emissions-Tomographie (PET) mit quantifizierender Auswertung, die gegebenenfalls eine Darstellung in mehreren Ebenen einschließt. Eine Bezug- nahme auf ein bestimmtes Organ oder auf eine bestimmte Region des Körpers enthält sie nicht. Wenn der Beklagte daher eine PET-Thorax und eine PETAbdomen -Becken abgerechnet hat, hat er den Aussagegehalt der Gebührennummer in dem Sinne verändert, daß die dort beschriebene Leistung auf eine bestimmte Körperregion beschränkt wird, oder - anders gewendet -, daß die Abrechnung nach Nr. 5489 mehrfach vorgenommen werden kann, wenn mehr als ein Organ oder eine Körperregion betroffen ist. Dies steht mit dem Wortlaut der Leistungslegende jedoch nicht in Einklang und wird dem Sinn gesetzlicher Preisvorschriften, wie sie die Gebührenordnung für Ärzte enthält, nicht gerecht, bei denen der Patient grundsätzlich davon ausgehen kann, daß der Gesetzoder Verordnungsgeber die Belange der Betroffenen abgewogen und eine angemessene Vergütung festgesetzt hat. Daraus folgt, daß eine mehrfache Abrechnung dieser Gebührennummer nur dann in Betracht kommt, wenn die Leistung - so wie sie beschrieben ist - auch mehrfach erbracht wurde. Daran fehlt es jedoch.
2. Die Revision führt hiergegen an, eine systematische Auslegung müsse zu einem anderen Ergebnis führen. Mengenbegrenzende Abrechnungsbestimmungen seien in der Gebührenordnung für Ärzte teilweise in der einzelnen Gebührenposition , teilweise in einem Unterkapitel, teilweise in einem Kapitel oder für einen ganzen Abschnitt geregelt. Hier falle entscheidend ins Gewicht, daß dem Kapitel II (Nuklearmedizin) des Abschnitts O allgemeine Bestimmungen vorangestellt seien, die sich auf alle Unterkapitel - also auch auf die EmissionsComputer -Tomographie - bezögen. Nach der allgemeinen Bestimmung in Nr. 2
seien Ergänzungsleistungen nach den Nr. 5480 bis 5485 je Basisleistung oder zulässige Wiederholungsuntersuchung nur einmal berechnungsfähig. Hieraus folge im Umkehrschluß, daß die hier angewendete Gebührennummer 5489 mehrfach berechnungsfähig sei. Wäre der Verordnungsgeber nicht hiervon ausgegangen, sondern hätte die Auffassung vertreten, eine Untersuchung sei grundsätzlich nur einmal je Sitzung berechnungsfähig, wäre die allgemeine Bestimmung der Nr. 2 im Kapitel II überflüssig gewesen.
Der Senat folgt diesen Überlegungen nicht. Es geht bei der hier zu entscheidenden Frage nicht vordringlich um die mehrfache Abrechenbarkeit. Insoweit kann der Revision zugegeben werden, daß weder die Gebührennummer 5489 selbst noch die übergeordneten Regelungen des Kapitels II Bestimmungen enthalten, die ihrer mehrfachen Abrechnung entgegenstünden. Hier ist vielmehr entscheidend, welche Leistungen die Gebührennummer nach ihrer Beschreibung erfaßt. Danach aber bleibt festzuhalten, daß sie einen Bezug auf bestimmte Körperorgane oder -regionen nicht enthält, mag dies auch im Abschnitt O und in anderen Teilen des Gebührenverzeichnisses eine Ausnahme darstellen.
3. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den Überlegungen der Revision zur technischen Entwicklung der Untersuchungsgeräte und zu den Gegebenheiten bei Einführung dieser Leistung durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I, S. 1861), die am 1. Januar 1996 in Kraft getreten ist.

a) Die Revision macht insoweit unter Bezugnahme auf eine gegenüber dem Beklagten abgegebene Stellungnahme der Bundesärztekammer und eine
vom Amtsgericht eingeholte Stellungnahme der Ärztekammer Westfalen-Lippe geltend, bei der PET handele es sich um ein neueres Untersuchungsverfahren, dessen Indikationsspektrum bei Einführung in das Leistungsverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte noch nicht ganz abzusehen gewesen sei. Entsprechend ließen die Gebührennummern 5488 und 5489 eine Differenzierung in Teilkörper- und Ganzkörperuntersuchungen vermissen. Es wäre wünschenswert - wie die Stellungnahme der Bundesärztekammer formuliert -, wenn eine entsprechende Differenzierung bei der zukünftigen Teilnovellierung der GOÄ übernommen würde. Zu beachten sei auch, daß anfänglich ausschließlich einfache PET-Scanner mit einem kleinen Gesichtsfeld zur Verfügung gestanden hätten, so daß im Falle der Untersuchung eines großen Körperareals mehrere Aufnahmen der einzelnen Körperregionen, die jeweils aus Darstellungen in mehreren Ebenen bestünden, angefertigt werden mußten und aufgrund mehrerer Untersuchungsgänge aufwandsentsprechend auch mehrfach abgerechnet werden konnten. Inzwischen stünden Ganzkörper-PET-Scanner zur Verfügung, die zwar - wie hier - eine Diagnostik in einem Untersuchungsgang möglich machten; der personelle Aufwand für die Auswertung bleibe jedoch gleich und die Investitionskosten seien ungleich höher, so daß die technische Weiterentwicklung in der Medizin behindert würde, wenn die für kleinere Geräte konzipierte Nr. 5489 bei Einsatz eines Ganzkörper-PET-Scanners nur einmal angesetzt werden könnte.

b) Mit diesen Überlegungen wird weder eine Regelungslücke in der Gebührenordnung für Ärzte noch ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufgezeigt. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Positronen-EmissionsTomographie der Nr. 5488 und 5489 um ergänzende Leistungen, die zu einer anderen szintigraphischen Untersuchung hinzutreten. Das ergibt sich auch aus
den Beschlüssen des Gebührenordnungsausschusses der Bundesärztekammer (vgl. den Abdruck in Deutsches Ärzteblatt 2002, A 144 f und B 120 f), dessen Abrechnungsempfehlungen den Zusammenhang mit Grundleistungen der Tumordiagnostik oder der Untersuchung von Gehirn oder Herz verdeutlichen. Angesichts dieses Zusammenhangs mit Grundleistungen, die einzelne Organe, Regionen des Körpers oder den Körper als Ganzen betreffen, ist die Annahme fernliegend, der Verordnungsgeber habe bei der Beschreibung der Leistungen zu den Nr. 5488 und 5489 die Bezugnahme auf ein Organ oder eine Körperregion übersehen. Vielmehr muß aus der fehlenden Bezugnahme der Schluß gezogen werden, daß es dem Verordnungsgeber bei den Leistungen nach den Nr. 5488 und 5489, die mit 6000 und 7500 Punkten im Vergleich zu den angesprochenen Grundleistungen hoch bewertet werden, nicht darauf ankam, ob sie sich nur auf ein Organ oder den ganzen Körper beziehen. Der Senat hält daher, wie er im Urteil vom 18. September 2003 in einer Parallelsache (III ZR 389/02; zur Veröffentlichung vorgesehen) näher begründet hat, auch die Ausgangsthese der Revision für nicht zutreffend, daß bei Einsatz eines PETScanners mit einem kleinen Gesichtsfeld bei einer Ganzkörper-TumorSzintigraphie nach Nr. 5431 eine mehrfache Abrechnung nach der Nr. 5489 zulässig (gewesen) sei.

c) Für eine Analogberechnung nach der Nr. 5489 bei der Untersuchung mehrerer Körperregionen ist kein Raum. Nach § 6 Abs. 2 GOÄ können nur solche selbständigen ärztlichen Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Die Positronen-Emissions-Tomographie ist aber gerade in die Nr. 5488, 5489 des Gebührenverzeichnisses aufgenommen worden, so daß es nicht angeht, unter
Veränderung der Leistungslegende die Grundlage für eine "analoge" Berechnung zu schaffen. Es kann auch keine Rede davon sein, daß die Regelung der Nr. 5488, 5489 so wenig sachgerecht wäre, daß der Regelungscharakter der Gebührenordnung, wie die Revision meint, nicht beachtet werden müßte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt in einem anderen Bereich der Gebührenordnung für Ärzte OLG Düsseldorf MedR 2002, 310 f). Das verdeutlichen nicht zuletzt die vorsichtigen Formulierungen der Bundesärztekammer, die es für "wünschenswert" hält, wenn sich der Verordnungsgeber der hier angesprochenen Problematik von Körperteil- und Ganzkörperuntersuchungen annähme, und die zum anderen die nicht näher begründete Auffassung vertritt, unabhängig von der im Einzelfall zur Erstellung eines Ganzkörperbefunds durchgeführten Anzahl von Einzeluntersuchungen sei die Berechnungsfähigkeit der Nr. 5488 oder 5489 auf zwei begrenzt. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, daß die Gebührenordnung für Ärzte für diese Auslegung keine Grundlage gibt.
4. Da der Beklagte nach allem die Positronen-Emissions-Tomographie nur einmal abrechnen durfte, ist der von den Klägern verfolgte Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB begründet.
Rinne Wurm Schlick Dörr Galke
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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

(1) Erbringen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Hals-Nasen-Ohrenärzte oder Chirurgen Leistungen, die im Gebührenverzeichnis für zahnärztliche Leistungen - Anlage zur Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 (BGBl. I S. 2316) - aufgeführt sind,
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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

(1) Erbringen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Hals-Nasen-Ohrenärzte oder Chirurgen Leistungen, die im Gebührenverzeichnis für zahnärztliche Leistungen - Anlage zur Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 (BGBl. I S. 2316) - aufgeführt sind,
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published on 18/09/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 389/02 Verkündet am: 18. September 2003 Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GOÄ Gebührenverz
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published on 18/09/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 389/02 Verkündet am: 18. September 2003 Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GOÄ Gebührenverz
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(1) Erbringen Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Hals-Nasen-Ohrenärzte oder Chirurgen Leistungen, die im Gebührenverzeichnis für zahnärztliche Leistungen - Anlage zur Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 (BGBl. I S. 2316) - aufgeführt sind, sind die Vergütungen für diese Leistungen nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte in der jeweils geltenden Fassung zu berechnen.

(2) Selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.