Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2002 - II ZR 4/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 2. Dezember 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 12. August 1998 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten seiner Säumnis. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien erwarben durch notariellen Vertrag vom 26. Mai 1991 ein Grundstück von ca. 3,25 ha zu Miteigentum, und zwar der Kläger zu 1/5, der
Beklagte zu 4/5. Entsprechend wurden sie im Grundbuch eingetragen. Der Kaufvertrag enthält eine Klausel, wonach die Erwerber im Innenverhältnis eine Aufteilung des Grundstücks nach dem Eigentumswechsel derart vereinbarten, daß der Kläger "eine Teilfläche von 6.000 qm als Alleineigentümer" erhalten sollte. Er errichtete auf einer später katastermäßig abgeschriebenen und angeblich vereinbarungsgemäß ihm gebührenden Teilfläche von ca. 4.530 qm ein Haus, während die übrige Fläche wider Erwarten der Parteien nicht bebaut werden durfte.
Mit der Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten die Übertragung seines Miteigentumsanteils an der besagten Teilfläche Zug um Zug gegen Übertragung des klägerischen Miteigentumsanteils an der Restfläche. Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, die der Senat durch Versäumnisurteil vom 4. Februar 2002 zurückgewiesen hat. Der Beklagte hat dagegen Einspruch eingelegt.
Entscheidungsgründe:
I. Auf den zulässigen Einspruch des Beklagten ist das gegen ihn ergangene Versäumnisurteil aufzuheben und anderweitig zu entscheiden (§ 343 Satz 2 ZPO).
II. Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.
1. a) Wie das Berufungsgericht selbst sieht, bedurfte die der Klage zugrundeliegende Teilungsvereinbarung der Prozeßparteien der Form des - gem. Art. 229 § 5 EGBGB anzuwendenden, mit § 311 b Abs. 1 n.F. BGB sachlich
übereinstimmenden - § 313 a.F. BGB, weil hier schon mangels gleichmäûiger Bebaubarkeit der einzelnen Grundstücksteile keine dem Gesetz (§ 752 BGB) entsprechende Aufteilung verabredet wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Oktober 1972 - V ZR 41/70, WM 1973, 82). Da gemäû dem notariellen Vertrag jeder Erwerber den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Kaufpreis an den Veräuûerer zu zahlen hatte und nicht ersichtlich ist, daû der Beklagte seinen Miteigentumsanteil an der streitigen Fläche im Auftrag und für Rechnung des Klägers (treuhänderisch ) erwerben sollte, scheidet auch ein gesetzlicher Anspruch des Klägers hierauf gemäû § 667 BGB (vgl. dazu BGHZ 127, 168, 170 f.) aus.
b) Die Klausel in dem notariellen Kaufvertrag, wonach der Kläger eine Teilfläche von 6.000 qm erhalten sollte, ist mangels hinreichender Kennzeichnung dieser Teilfläche gemäû §§ 313 Abs. 1 a.F., 125 BGB formunwirksam (vgl. BGHZ 74, 116, 120 f.; 87, 150). Formungültig waren ebenfalls die mündlichen Vereinbarungen der Parteien, welche diese - nach der von dem Berufungsgericht für glaubhaft erachteten erstinstanzlichen Zeugenaussage - vor Abschluû des notariellen Kaufvertrages hinsichtlich der Lage der wegzumessenden Teilfläche 6.000 qm (an der Straûenseite des handtuchförmigen Grundstücks ) getroffen haben sollen. Diese Lage kam in der Klausel des notariellen Kaufvertrages auch nicht "andeutungsweise" (vgl. BGHZ 87, 150, 154 f.) zum Ausdruck, weshalb es bei dem Formmangel verbleibt (vgl. BGHZ 74, 116, 121). Mit einer versehentlichen Falschbezeichnung der veräuûerten Fläche (dazu BGHZ 87, 150) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die formunwirksame Teilungsvereinbarung durch die Auflassung des Grundstücks an die beiden Prozeûparteien und durch deren Eintragung im Grundbuch als Miteigentümer nicht gemäû § 313 Satz 2 a.F. BGB geheilt worden.
a) Die Formvorschrift des § 313 Satz 1 a.F. (= 311 b Abs. 1 n.F.) BGB bezweckt, Veräuûerer und Erwerber vor übereilten Grundstücksgeschäften zu bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung durch den Notar im Hinblick auf das abzuschlieûende Geschäft zu eröffnen. Des weiteren soll durch die notarielle Beurkundung auch der Inhalt der Vereinbarung klar und genau festgestellt und die Beweisführung gesichert werden (BGHZ 87, 150, 153 f.). Mit der Heilungsvorschrift des § 313 Satz 2 a.F. BGB geht das Gesetz davon aus, daû die genannten Zwecke ersatzweise erfüllt sind, wenn die Auflassung (§ 925 BGB) erfolgt und der Erwerber als neuer Eigentümer des im Grundbuch bezeichneten Grundstücks eingetragen wird. Dementsprechend setzt eine Heilung gemäû § 313 Satz 2 a.F. BGB grundsätzlich den Vollzug des betreffenden Grundstücksgeschäfts durch Auflassung und Grundbucheintragung voraus. Soweit danach ein ganz oder zum Teil ohne Beobachtung der Form geschlossener Vertrag "seinem ganzen Inhalt nach gültig" wird, gilt das nach der - vom Berufungsgericht herangezogenen - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 59, 269, 272) zwar auch für eine nicht (mit-)beurkundete Rückübertragungsabrede in einem Grundstückskaufvertrag nach Grundbucheintragung des Ersterwerbers. Aus dieser das Verhältnis zwischen Veräuûerer und Erwerber betreffenden und auf eine Erwerbseinschränkung in diesem Verhältnis hinauslaufenden (vgl. MünchKomm./Kanzleiter, BGB 3. Aufl. § 313 Rdn. 85) Rechtsprechung läût sich aber kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen , daû immer dann, wenn die Durchführung eines unter § 313 a.F. BGB fallenden Vertrages mehrere Übereignungen erfordert, schon der Vollzug einer dieser Übereignungen für eine Heilung gemäû § 313 Satz 2 a.F. BGB genügt (BGHZ 59, 269, 273). Insbesondere werden formbedürftige Abreden in Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft, die nicht zwischen Veräuûerer
und Erwerber, sondern von diesem oder jenem mit einem Dritten formlos getroffen worden sind, nach § 313 Satz 2 a.F. BGB nur dann geheilt, wenn ihre Formbedürftigkeit allein auf ihrer Verbindung mit dem (geheilten) Veräuûerungsvertrag beruht (vgl. BGH, Urt. v. 12. November 1973 - V ZR 201/71, NJW 1974, 136; Soergel/M. Wolf, BGB 12. Aufl. § 313 Rdn. 107), wie z.B. im Fall einer Geschäftseinheit (§ 139 BGB; vgl. Urt. v. 10. Dezember 1993 - V ZR 108/92, NJW 1994, 720) oder eines mittelbaren Abschluûzwangs durch die Bedingungen eines Maklervertrages (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15. März 1989 - IVa ZR 2/88, WM 1989, 918 m.w.N.). Das gilt dagegen nicht, wenn die betreffende Abrede Pflichten begründet, die über den sachenrechtlichen Vollzug des Vertrages hinausgehen und einem selbständigen Formzwang nach § 313 Satz 1 a.F. BGB (oder nach einer anderen Vorschrift) unterliegen (vgl. Backhaus , JuS 1985, 512, 513 f.; Soergel/M. Wolf aaO; MünchKomm./Kanzleiter aaO § 313 Rdn. 82, 85), wie z.B. eine vom Erwerber mit einem Dritten getroffene Weiterverkaufsvereinbarung (vgl. auch BGH, Urt. v. 24. Februar 1967 - V ZR 2/65, WM 1967, 610; BGHZ 127, 168, 172).
b) Nichts anderes kann für die vorliegende Teilungsvereinbarung der Prozeûparteien gelten, mag diese auch Teil der Abmachungen zwischen ihnen zum gemeinschaftlichen Erwerb des Grundstücks gewesen sein, der durch Abschluû des notariellen Kaufvertrages und Eintragung der Prozeûparteien im Grundbuch vollzogen wurde. Das gilt aber nicht für die - einem selbständigen Formzwang unterliegende - Teilungsvereinbarung, die der Beklagte mit dem Erwerb des Miteigentums an dem Kaufgrundstück auf eigene Rechnung noch nicht erfüllt hat. Ebensowenig ist die Schutzfunktion des Beurkundungserfordernisses dadurch gewahrt, daû der Beklagte an dem notariellen Grundstückskaufvertrag und an der Auflassung beteiligt war, weil durch beide die Grenzen der dem Kläger zuzuteilenden Fläche nicht festgelegt wurden, damit der Über-
eilungsschutz in dieser hier wesentlichen Hinsicht nicht gewahrt und zugleich die Beweisfunktion des § 313 a.F. BGB nicht erfüllt wurde.
Im übrigen haben die Parteien in dem notariellen Kaufvertrag nicht einmal einen gemeinschaftlichen Auflassungsanspruch auf das Gesamtgrundstück entsprechend § 432 BGB, sondern jeweils getrennte Einzelansprüche gegen den Veräuûerer auf Einräumung der Miteigentumsanteile von 1/5 bzw. 4/5 gegen Zahlung des jeweils hierauf entfallenden Kaufpreises (ohne gesamtschuldnerische Haftung) begründet, so daû die Rechtslage derjenigen bei zwei getrennten Kaufverträgen entspricht, deren grundbuchlicher Vollzug formlose Abreden zwischen den Erwerbern erst recht nicht gemäû § 313 Abs. 2 a.F. BGB heilen könnte.
3. Die Berufung des Beklagten auf die Formnichtigkeit der Teilungsvereinbarung führt hier auch nicht zu einem für den Kläger schlechthin unzumutbaren Ergebnis, weil er einerseits immerhin Miteigentümer des Gesamtgrundstücks unter Einschluû der von ihm beanspruchten Teilgrundstücke ist und es an ihm gelegen hätte, vor der Bebauung des von ihm beanspruchten Grundstücksteils klare Verhältnisse zu schaffen, zumindest eine Benutzungsregelung gemäû § 746 BGB und deren Eintragung im Grundbuch mit Wirkung auch für Rechtsnachfolger des Beklagten (§ 1010 Abs. 1 BGB) herbeizuführen. Des weiteren liegt ein Verstoû des Beklagten gegen Treu und Glauben auch insofern nicht vor, als die Parteien bei Vertragsschluû von einer gleichmäûigen Bebaubarkeit der beiden Grundstückshälften ausgingen und dies Geschäftsgrundlage ihrer internen Abreden war (vgl. auch BGHZ 34, 32, 41; BGH, Urt. v.
19. November 1971 - V ZR 103/69, NJW 1972, 152; v. 14. Oktober 1977 - V ZR 253/74, NJW 1978, 695).
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
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Annotations
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.
Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch Teilung in Natur, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand oder, falls mehrere Gegenstände gemeinschaftlich sind, diese sich ohne Verminderung des Wertes in gleichartige, den Anteilen der Teilhaber entsprechende Teile zerlegen lassen. Die Verteilung gleicher Teile unter die Teilhaber geschieht durch das Los.
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
(1) Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan erklärt werden.
(2) Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
(2) Im Übrigen wirkt eine Tatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.
Haben die Teilhaber die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands geregelt, so wirkt die getroffene Bestimmung auch für und gegen die Sondernachfolger.
(1) Haben die Miteigentümer eines Grundstücks die Verwaltung und Benutzung geregelt oder das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die getroffene Bestimmung gegen den Sondernachfolger eines Miteigentümers nur, wenn sie als Belastung des Anteils im Grundbuch eingetragen ist.
(2) Die in den §§ 755, 756 bestimmten Ansprüche können gegen den Sondernachfolger eines Miteigentümers nur geltend gemacht werden, wenn sie im Grundbuch eingetragen sind.