Bundesgerichtshof Urteil, 14. Jan. 2010 - I ZR 67/07

published on 14/01/2010 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Jan. 2010 - I ZR 67/07
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Landgericht Hannover, 23 O 140/05, 17/07/2006
Oberlandesgericht Celle, 13 U 171/06, 29/03/2007

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 67/07 Verkündet am:
14. Januar 2010
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. März 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte bewirbt und vertreibt das Mittel "Nobilin GLUCO Zimt" als "Diätetische Zimttabletten - Zur besonderen Ernährung bei Diabetes mellitus im Rahmen eines Diätplanes". Eine Tablette enthält 100 mg Zimtextrakt, ferner Zink, Mangan, Folsäure, Chrom, Selen und verschiedene Vitamine. Auf der Umverpackung und auf der Gebrauchsinformation ist jeweils angegeben: Zimt kann im Rahmen unterstützender diätetischer Maßnahmen (Diätplan) den Erhalt gesunder Blutzuckerwerte begünstigen. Für Diabetiker kann es deshalb sinnvoll sein, den Stoffwechsel mit Zimt zu unterstützen. Eine Tablette Nobilin GLUCO Zimt enthält 100 mg eines hochwertigen Zimtextrakts, dies entspricht ca. 1 g Zimt-Pulver. Diabetiker können zudem vermehrt Freien Radikalen ausgesetzt sein und haben deshalb einen besonderen Bedarf an Antioxidantien. Nobilin GLUCO Zimt erhält daher neben anderen wichtigen Vitalstoffen auch die Antioxidantien Vitamin C, E, Selen und Zink.
2
Im Internetauftritt der Beklagten befindet sich folgende Produktinformation : Um Glukose in die Zelle aufnehmen zu können, benötigt der Körper das Hormon Insulin. Bei Diabetikern vom Typ 2 ist zwar genug Insulin vorhanden, die Zellen nutzen das Insulin jedoch nicht, oder nur unzureichend, was zur Folge hat, dass nicht mehr genügend Glukose in die Zellen aufgenommen wird. Der im Zimt enthaltene Wirkstoff kann die Insulin-Empfindlichkeit der Zellen stimulieren.
3
Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., hat die Auffassung vertreten, das Produkt "Nobilin GLUCO Zimt" der Beklagten sei kein diätetisches Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel, weil es hinsichtlich des bestimmenden Bestandteils Zimt keinen besonderen Ernährungszweck habe. Zimt diene in dem Mittel allein der Beeinflussung des Blutzuckerspiegels, weil der im Zimt enthaltene Wirkstoff MHCP (Methylhydroxychalson-Polymer) bei Diabetikern die zellulären Rezeptoren aktiviere und innerhalb der Zelle synergetisch mit Insulin wirke. Das Mittel habe somit eine pharmakologische Wirkung. Deshalb sei der Beklagten das Inverkehrbringen und Bewerben des Mittels als diätetisches Lebensmittel zu untersagen.
4
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Mittel "Nobilin GLUCO Zimt" als "diätetisches Lebensmittel zur besonderen Ernährung bei Diabetes mellitus im Rahmen eines Diätplans" zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen.

5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, bei ihrem Produkt handele es sich um ein Lebensmittel, das für die besonderen Ernährungsbedürfnisse von Diabetikern bestimmt sei. Bei der angegebenen Dosierung wirke das Produkt rein ernährungsphysiologisch wie beim Verzehr von Zimt im Rahmen der gewöhnlichen Ernährung.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Celle ZLR 2007, 398). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, §§ 3, 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG 2004 angenommen und zur Begründung ausgeführt:
8
Die Bewerbung und das Inverkehrbringen eines Mittels als "diätetisches Lebensmittel" seien nur zulässig, wenn es den Voraussetzungen der Diätverordnung entspreche. Nach der Diätverordnung seien diätetische Lebensmittel solche Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt seien (§ 1 Abs. 1 DiätV). Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor, weil es sich bei "Nobilin GLUCO Zimt" um ein Arzneimittel und nicht um ein Lebensmittel handele.
9
Im Hinblick auf die Wirkungsweise eines Produkts liege ein gewichtiger Anhaltspunkt für ein Arzneimittel vor, wenn bei dem Produkt eine pharmakologische Manipulation der körpereigenen physiologischen Funktionen im Vordergrund stehe. Zwar könnten auch Stoffe, die mit der normalen Ernährung aufgenommen würden, die physiologischen Funktionen des menschlichen Körpers beeinflussen. Solche Stoffe ("Verbrauchsmaterial") veränderten jedoch regelmäßig die Funktionen des Körpers nicht, sondern trügen im Gegenteil dazu bei, die Körperfunktionen unverändert zu erhalten. Deshalb liege die Einordnung als Funktionsarzneimittel nahe, wenn von außen her aktiv in das natürliche, durch die Gene bestimmte Funktionsprogramm des Körpers eingriffen werde.
10
So sei es hier bei dem Mittel der Beklagten, das aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers durch den Bestandteil Zimt geprägt werde. Bei Typ-2-Diabetikern sei Insulin in ausreichendem Maße verfügbar; die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin sei jedoch so weit herabgesetzt, dass nicht mehr genügend Glukose in die Zellen aufgenommen werde. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten, den der Kläger sich zu Eigen gemacht habe, könne der im Zimt enthaltene aktive Wirkstoff MHCP die reduzierte Insulin-Sensitivität bei den Patienten beeinflussen. Für eine Einordnung als Arzneimittel spreche außerdem , dass es sich bei Zimt um einen ambivalenten Stoff handele, der sowohl eine lebensmitteltypische Zweckbestimmung (Gewürz) als auch eine arzneiliche Zweckbestimmung (Senkung der Blutzuckerwerte) habe. Zweck des Präparats der Beklagten sei nicht die Verwendung als Gewürz. Auf der Umverpackung und in der Gebrauchsinformation werde vielmehr herausgestellt, dass Zimt den Erhalt gesunder Blutzuckerwerte begünstigen könne. Aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher liege deshalb nahe, dass das Mittel wie andere zugelassene Medikamente zur Senkung des Blutzuckers als Arzneimittel einzustufen sei. Die Bezeichnung als "diätetisches Lebensmittel" führe nicht zu einer Einstufung als Lebensmittel.

11
Entgegen der Auffassung der Beklagten nehme der Verbraucher bei der empfohlenen Dosierung nicht nur diejenige Menge an Zimt auf, die er auch bei einer kleinen Portion "Milchreis mit Zimt" verzehre. "Nobilin GLUCO Zimt" enthalte pro Kapsel 100 mg wässrigen Zimtextrakt und damit mehr, als Verbraucher mit normalen Ernährungsgewohnheiten zu sich nähmen.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Auffassung des Berufungsgerichts, bei dem Produkt der Beklagten handele es sich um ein Arzneimittel, wird von den bislang getroffenen Feststellungen nicht getragen.
13
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch des Klägers ist das UWG 2008 anzuwenden. Da das Unterlassungsbegehren auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, ist es allerdings nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war. Der hier in Rede stehende Irreführungstatbestand des § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG 2004 (jetzt: § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 UWG 2008) hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keine Änderung erfahren, so dass eine Unterscheidung zwischen altem und neuem Recht nicht geboten ist.
14
2. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Funktionsarzneimittels gemäß § 2 AMG im Sinne des europarechtlichen Arzneimittelbegriffs nach den Richtlinien 2004/27/EG vom 31. März 2004 und 2001/83/EG vom 6. November 2001 zu bestimmen (BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 61/05, GRUR 2008, 830 Tz. 12, 16 = WRP 2008, 1213 - L-Carnitin II; Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 112/05, GRUR 2008, 834 Tz. 14 = WRP 2008, 1209 - HMB-Kapseln). Danach sind bei der Beurteilung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, alle seine Merkmale und insbesondere seine Zusammensetzung , seine pharmakologischen Eigenschaften, wie sie sich beim jeweiligen Stand der Wissenschaft feststellen lassen, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern sowie die Risiken zu berücksichtigen, die seine Verwendung mit sich bringen kann (EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - C-211/03, C-299/03 und C-316/03 bis C-318/03, Slg. 2005, I-5141 = WRP 2005, 863 Tz. 51 - HLH Warenvertrieb und Orthica; Urt. v. 15.11.2007 - C-319/05, Slg. 2007, I-9811 = GRUR 2008, 271 Tz. 55 - Kommission/Deutschland [Knoblauchkapseln]; Urt. v. 15.1.2009 - C-140/07, GRUR 2009, 511 Tz. 37 - Hecht-Pharma/Staatliches Gewerbeaufsichtsamt , vgl. ferner BGHZ 151, 286, 293 - Muskelaufbaupräparate; BGH GRUR 2008, 830 Tz. 18 - L-Carnitin II; GRUR 2008, 834 Tz. 19 - HMBKapseln ). Die pharmakologischen Eigenschaften eines Erzeugnisses sind dabei der Faktor, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob dieses im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt werden kann (EuGH, Urt. v. 30.4.2009 - C-27/08, GRUR 2009, 790 Tz. 20 = WRP 2009, 728 - BIOS Naturprodukte/Saarland, m.w.N.).
15
Stoffe, die zwar auf den menschlichen Körper einwirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen, dürfen nicht als Funktionsarzneimittel eingestuft werden (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 60 - Knoblauchkapseln; GRUR 2009, 511 Tz. 41 - Hecht-Pharma/Staatliches Gewerbeaufsichtsamt; EuGH, Urt. v. 5.3.2009 - C-88/07, ZLR 2009, 321 Tz. 75 - Kommission/Königreich Spanien; BGH GRUR 2008, 830 Tz. 19 - L-Carnitin II; GRUR 2008, 834 Tz. 20 - HMBKapseln ). Der Begriff des Funktionsarzneimittels soll nur diejenigen Erzeugnisse erfassen, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festge- stellt und die tatsächlich dazu bestimmt sind, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu bessern oder zu beeinflussen (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 61 - Knoblauchkapseln). Enthält ein Erzeugnis im Wesentlichen einen Stoff, der auch in einem Lebensmittel in dessen natürlichem Zustand vorhanden ist, so gehen von ihnen keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stoffwechsel aus, wenn bei einem normalen Gebrauch des fraglichen Erzeugnisses (vgl. EuGH GRUR 2009, 790 Tz. 22 - BIOS Naturprodukte/Saarland) seine Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann (BGH GRUR 2008, 830 Tz. 19 - L-Carnitin II). Es kann dann nicht als ein Erzeugnis eingestuft werden , das die physiologischen Funktionen wiederherstellen, bessern oder beeinflussen könnte (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 68 - Knoblauchkapseln). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat demgemäß die Arzneimitteleigenschaft eines Knoblauchextrakt-Pulvers, das bei angabegemäßer Dosierung dieselbe Menge Allicin enthielt wie 7,4 g roher frischer Knoblauch, mit der Begründung verneint, die physiologischen Wirkungen des Pulvers könnten auch durch den Verzehr der entsprechenden Menge Knoblauch als Lebensmittel erzielt werden (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 66 - Knoblauchkapseln).
16
3. Nach diesen Grundsätzen wird die Beurteilung des Berufungsgerichts, bei dem Produkt der Beklagten handele es sich um ein Arzneimittel, von den bislang getroffenen Feststellungen nicht getragen.
17
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass Zimt der charakteristische Bestandteil des Produkts der Beklagten ist, weil der im Zimt enthaltene Wirkstoff MHCP die reduzierte Insulin-Sensitivität der Patienten beeinflusst und dadurch die Senkung der Blutzuckerwerte bewirkt. Nach den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Feststellungen entspricht der in einer Kapsel "Nobilin GLUCO Zimt" enthaltene Anteil von 100 mg wässrigem Zimtextrakt ca. 1 g Zimt-Pulver. Die empfohlene Tagesdosierung von drei Kapseln entspricht demnach 3 g reinem Zimt und damit - entsprechend dem Vortrag der Beklagten - einer Menge von einem Teelöffel Zimt. Den von ihm unterstellten Umstand, dass Zimt in dieser Menge im Verlaufe eines Tages auch mit der normalen Ernährung aufgenommen werden kann, hat das Berufungsgericht für unbeachtlich gehalten, weil eine solche Menge von Verbrauchern zwar einmal im Verlaufe eines Tages verzehrt werden möge, nicht jedoch täglich.
18
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Feststellung, ob ein Erzeugnis deshalb kein Arzneimittel ist, weil seine Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen , die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann, nicht darauf an, ob es bereits zu den normalen Ernährungsgewohnheiten der angesprochenen Verbraucher gehört, eine entsprechende Menge des betreffenden Stoffs mit der Ernährung aufzunehmen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in dem von ihm entschiedenen Fall nicht darauf abgestellt, dass es zu den normalen Ernährungsgewohnheiten der Verbraucher gehört, eine Menge von 7,4 g rohen, frischen Knoblauch zu sich zu nehmen. Maßgeblich war vielmehr die Erwägung, dass durch die Aufnahme einer solchen Menge an Knoblauch dieselben physiologischen Wirkungen erzielt werden könnten wie durch das betreffende Mittel und dass es sich dabei noch um eine für den Verzehr als Lebensmittel angemessene Menge handelt.
19
Bewegt sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Verzehrmenge von ca. 3 g reinem Zimt an einem Tag als solche - jedenfalls auf einen einzelnen Tag bezogen - im Rahmen der normalen Ernährungsgewohnheiten , kann folglich die Arzneimitteleigenschaft des Mittels der Beklagten nicht damit begründet werden, der Verbraucher verzehre gewöhnlich nicht jeden Tag eine solche Menge Zimt. Unter diesen Umständen ist die Einordnung als Arzneimittel schon deshalb zu verneinen, weil durch die tägliche Einnahme von ca. 3 g reinem Zimt mit der Ernährung dieselben physiologischen Wirkungen erzielt werden könnten wie mit dem Mittel der Beklagten. Dass eine solche tägliche Aufnahme nicht zu den normalen Ernährungsgewohnheiten gehört, also nicht üblich ist, steht der Annahme, es handele sich gleichwohl um den Verzehr einer angemessenen Menge, nicht entgegen. Sonstige Anhaltspunkte, die die Beurteilung rechtfertigen könnten, dass diese Menge Zimt, wenn sie nicht nur einmal im Verlaufe eines Tages, sondern bei entsprechender Anpassung der Ernährungsgewohnheiten täglich verzehrt wird, als eine unangemessene Menge anzusehen ist, lassen sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, der tägliche Verzehr einer entsprechenden Menge Zimt führe wegen der im Zimt enthaltenen ätherischen Öle zu Unzuträglichkeiten, kann sie sich nicht auf eine entsprechende Feststellung des Berufungsgerichts stützen und zeigt auch nicht auf, dass diese Tatsache in den Vorinstanzen zwischen den Parteien unstreitig war.
20
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses weitere Feststellungen dazu treffen kann, ob die mit dem Mittel der Beklagten bezweckte physiologische Wirkung (Senkung des Blutzuckerspiegels) auch durch Aufnahme einer entsprechenden Menge an (reinem) Zimt über die Ernährung erreicht werden kann. Dabei wird das Berufungsgericht gegebenenfalls etwaige schädliche Nebenwirkungen des Verzehrs von reinem Zimt in einer bestimmten Menge über eine längere Zeitdauer zu beachten haben. Zwar kann eine negative Auswirkung auf die Gesundheit als solche allein die Arzneimitteleigenschaft eines Mittels nicht begründen (vgl. EuGH GRUR 2009, 790 Tz. 25 ff. - BIOS Naturprodukte/Saarland ). Geht es wie im vorliegenden Fall jedoch um die Frage, ob dieselben physiologischen Wirkungen durch den Verzehr eines Lebensmittels in einer ange- messenen Menge erzielt werden können, so kann von einer angemessenen Nahrungsaufnahme nicht mehr ausgegangen werden, wenn die betreffenden Wirkungen über die Ernährung nur durch den Verzehr einer von den normalen Ernährungsgewohnheiten abweichenden, die Gesundheit gefährdenden Menge des betreffenden Lebensmittels erreicht werden könnten.
21
IV. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV (früher Art. 234 EG) bedarf es nicht, weil sich die durch den Streitfall aufgeworfenen Fragen zum europarechtlichen Arzneimittelbegriff anhand der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs beantworten lassen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 17.07.2006 - 23 O 140/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.03.2007 - 13 U 171/06 -
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(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. (2) Eine
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(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

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published on 17/10/2018 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2015 wird aufgehoben. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung dur
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(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind.

(2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie

1.
den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen:
a)
bestimmter Gruppen von Personen, deren Verdauungs- oder Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist oder
b)
bestimmter Gruppen von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können, oder
c)
gesunder Säuglinge oder Kleinkinder,
2.
sich für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen Zweck geeignet sind, und
3.
sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden.

(3) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Beikost:Lebensmittel außer Milch, die den besonderen Ernährungsanforderungen gesunder Säuglinge und Kleinkinder entsprechen und die zur Ernährung von Säuglingen während der Entwöhnungsperiode und zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern während der allmählichen Umstellung auf normale Kost bestimmt sind.
2.
Getreidebeikost:Beikost aus
a)
einfachen Getreideerzeugnissen, die mit Milch oder anderen geeigneten nahrhaften Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
b)
Getreideerzeugnissen mit einem zugesetzten proteinreichen Lebensmittel, die mit Wasser oder anderen eiweißfreien Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
c)
Teigwaren, die nach dem Kochen in siedendem Wasser oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden, oder
d)
Zwiebacken oder Keksen, die entweder als solche oder nach dem Zerkleinern unter Zusatz von Wasser, Milch oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden.

(4) Im Sinne dieser Verordnung sind Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung Erzeugnisse, die als Ersatz für eine ganze Tagesration oder als Ersatz für eine oder mehrere Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration bestimmt sind und einen begrenzten Energiegehalt und eine besondere Zusammensetzung aufweisen.

(4a) Im Sinne dieser Verordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten werden unterteilt in

1.
vollständige bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und
2.
ergänzende bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

(5) Diätetisches Lebensmittel ist auch Kochsalzersatz.

(6) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Säuglinge:Kinder unter zwölf Monaten;
2.
Kleinkinder:Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahren;
3.
Säuglingsanfangsnahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten Lebensmonate bestimmt sind und für sich allein den Ernährungserfordernissen dieser Säuglinge bis zur Einführung angemessener Beikost entsprechen;
4.
Folgenahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen ab Einführung einer angemessenen Beikost bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost für diese Säuglinge darstellen.

(7) Zusatzstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

(8) Für „nährwertbezogene Angabe“, „gesundheitsbezogene Angabe“ und „Angabe bezüglich der Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ im Sinne dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 Abs. 2 Nr. 4, 5 und 6 jeweils in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 12 S. 3).

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.