Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - I ZR 289/01
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin der für "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Spirituosen und Liköre" eingetragenen Wortmarke Nr. 2020531 "Feigling" (Priorität vom 2. Januar 1992) und der nachfolgenden Marke Nr. 2069008 "Kleiner Feigling" (Priorität vom 23. September 1993):
Unter der Bezeichnung "Kleiner Feigling" vertreibt die Klägerin seit Herbst 1992 einen von ihr produzierten Likör "Wodka mit Feige". Mit dem Produkt , von dem sie bis Ende 1999 im Inland mehr als 600 Millionen 0,02 l-Flaschen und annähernd 15 Millionen 0,7 l-Flaschen abgesetzt hat, ist sie seit 1995 Marktführerin. Für die Bewerbung des Produkts "Kleiner Feigling" wandte die Klägerin bis September 2000 mehr als 36 Mio. DM auf.
Die Beklagte zu 1 (nachfolgend auch Beklagte), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, stellt ebenfalls alkoholische Getränke her. Sie ist Inhaberin der am 20. August 1999 angemeldeten, u.a. für "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Beherbergung und Verpflegung von Gästen" eingetragenen Wortmarke Nr. 399 50 669
"Frechling". Unter dieser Bezeichnung vertreibt die Beklagte einen Apfel-Kräuter -Likör in 0,02 l-Flaschen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Marken der Parteien seien verwechselbar. Ihre Marke "Kleiner Feigling" sei bei 98,2 % der Verbraucher bekannt und habe eine überragende Verkehrsbekanntheit.
Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung ihrer Markenrechte im vorliegenden Rechtsstreit auf Unterlassung, im geschäftlichen Verkehr für einen Likör die Marke "Frechling" zu benutzen, insbesondere unter dieser Marke einen Likör anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu diesem Zweck zu besitzen , auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat sie - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - von der Beklagten zu 1 deren Einwilligung in die Löschung der Marke Nr. 399 50 669 mit Ausnahme der Waren/Dienstleistungen "Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Beherbergung von Gästen" gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt begehrt.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben eine rechtserhaltende Benutzung der Marke "Feigling" der Klägerin bestritten.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (GRUR-RR 2002, 15). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (GRUR-RR 2002, 94).
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang wegen Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke "Kleiner Feigling" und der Marke "Frechling" der Beklagten für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Der Marke "Kleiner Feigling" komme von Hause aus zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Prägender Wortbestandteil sei der Begriff "Feigling", der für Spirituosen originell und phantasievoll sei. Das vorgeschaltete Wort "Kleiner" trete namentlich in optischer Hinsicht in den Hintergrund. Erhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs faßten es als beschreibenden Hinweis auf die Flaschengröße auf. Es stünden sich danach die Worte "Feigling" und "Frechling" gegenüber. Zwischen den Zeichen, die für identische Waren verwendet würden, bestehe in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr. Die Wörter bestünden aus zwei Silben. Der Anfangsbuchstabe "F" und die zweite Silbe beider Wörter seien identisch. Zu einer weiteren Verringerung des Abstands der Zeichen im Klangbild führe der Umstand, daß weite Teile des Verkehrs in "Feigling" den Buchstaben "g" wie "ch" aussprächen. Die Zeichen verwendeten die Parteien zudem für Spirituosen, die sie ganz überwiegend in sehr kleinen Flaschen vertrieben. Der Schutzumfang der Marke "Kleiner Feigling" sei aufgrund der besonderen Bekanntheit noch erweitert. Die Klägerin habe enorme Absatzerfolge mit dem Produkt "Kleiner Feigling" erzielt. Wegen der besonderen Bekanntheit der Klagemarke würden selbst diejenigen Teile des Verkehrs, die die Marken unterschieden, sie demselben Unternehmen zuordnen oder zumindest einen wirtschaftlichen Zusammenhang
zwischen den Anbietern der Spirituosen "Kleiner Feigling" und "Frechling" annehmen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß zwischen der Klagemarke "Kleiner Feigling" und der angegriffenen Bezeichnung "Frechling" eine Verwechslungsgefahr gegeben ist.
a) Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnli chkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren dur ch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Ken nzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2003 - I ZR 103/01, WRP 2004, 357, 359 - GeDIOS).
b) Zwischen den Waren, für die die Klagemarke "Kleiner Feigling" eingetragen ist (u.a. Spirituosen), und den mit der Marke "Frechling" von der Beklagten gekennzeichneten Waren (Apfel-Kräuter-Likör) hat das Berufungsgericht Warenidentität angenommen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.
c) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Marke "Kleiner Feigling" sei für die Ware "Spirituosen" originell und phantasievoll und weise von Hause aus normale Kennzeichnungskraft auf, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern. Anders als die Revisionserwiderung mit einer Gegenrüge geltend macht, ist das Berufungsgericht von einer infolge intensiver Benutzung erheblich gesteigerten Kennzeichnungskraft der Marke "Kleiner Feigling" ausgegangen. Denn es hat aufgrund der Absatzzahlen und Werbeaufwendungen der Klägerin eine besondere Bekanntheit dieser Marke festgestellt und ihr deshalb einen erweiterten Schutzumfang zugebilligt.
d) Das Berufungsgericht, das eine große Zeichenähnlichkeit in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht zwischen den in Rede stehenden Zeichen seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, hat angenommen, die Klagemarke "Kleiner Feigling" werde ausschließlich durch "Feigling" geprägt. Das weitere Wort "Kleiner" trete vor allem in optischer Hinsicht in den Hintergrund und werde von erheblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs auf die Größe der Flaschen bezogen und deshalb als beschreibend aufgefaßt. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Rahmen der Verwechslungsgefahr ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.2003 - I ZR 236/97, GRUR 2004, 235, 237 = WRP 2004, 360 - Davidoff II), der bei mehrgliedrigen Zeichen durch einzelne Bestandteile geprägt werden kann. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck des Zeichens nicht mitbestimmen (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 139/99, GRUR 2002, 626, 628 = WRP 2002, 705 - IMS, m.w.N.; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 122/00, GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003,
1228 - City Plus). Von einer Prägung des Gesamteindrucks des Zeichens "Kleiner Feigling" ausschließlich durch "Feigling" ist nicht auszugehen.
bb) Bei der Beurteilung des Gesamteindrucks hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die beschreibende Wirkung des Wortes "Kleiner" der Klagemarke aus der Größe der Flaschen gefolgert, in denen die Klägerin die mit der Klagemarke gekennzeichneten Spirituosen anbietet. Denn der markenrechtliche Schutz hat von der eingetragenen Gestaltung der Klagemarke auszugehen und nicht von außerhalb der Registereintragung der Klagemarke liegenden Umständen (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND). Eine Prägung des Gesamteindrucks der Klagemarke ausschließlich durch das Wort "Feigling" ergibt sich auch nicht aufgrund einer hervorgehobenen Schreibweise dieses Begriffs in der Klagemarke. Dabei kommt es nicht darauf an, daß das Berufungsgericht seine gegenteilige Beurteilung insoweit aufgrund widersprüchlicher Feststellungen getroffen hat, als es bei dem Zeichen "Kleiner Feigling" einerseits davon ausgegangen ist, daß es sich um eine reine Wortmarke handelt, und andererseits eine unterschiedliche Größenordnung der Wortbestandteile seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, was eine Wort-/Bildmarke voraussetzt. Selbst wenn die Klagemarke als Wort-/Bildmarke eingetragen ist und die Wörter entsprechend der Abbildung eine deutlich unterschiedliche Schriftgröße aufweisen, rechtfertigt allein diese Gestaltung im Streitfall nicht den Schluß, das Wort "Kleiner" bestimme den Gesamteindruck der Klagemarke nicht mit. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß durch die Verkürzung der Klagemarke auf "Feigling" eine Veränderung der Bedeutung der Klagemarke von einem spöttisch , ironischen Sinngehalt bei "Kleiner Feigling" zu einem negativen Begriffsinhalt bei "Feigling" eintritt.
Danach ist davon auszugehen, daß der Gesamteindruck der Klagemarke von den Wortbestandteilen "Kleiner Feigling" geprägt wird.
e) Die Zeichenähnlichkeit zwischen "Kleiner Feigling" und "Frechling" ist auch bei einer hohen Verkehrsbekanntheit, einer daraus folgenden überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und einem dadurch begründeten erweiterten Schutzumfang sowie unter Berücksichtigung der Warenidentität zu gering, um eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu begründen. Denn die Zeichen weisen einen ohne weiteres erkennbaren unterschiedlichen Sinngehalt auf, der eine Verwechslungsgefahr ausschließt (vgl. hierzu: BGH, Urt. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, GRUR 2003, 1047, 1049 = WRP 2003, 1439 - Kellogg's/Kelly's, m.w.N.).
f) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das Berufungsgericht wegen der großen Bekanntheit der Klagemarke und der hohen Zeichenähnlichkeit wirtschaftliche Zusammenhänge zwischen dem Anbieter der Spirituose "Kleiner Feigling" und des Kräuterlikörs "Frechling" angenommen und eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne bejaht hat.
Die Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, bei der der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Markeninhabern ausgeht (vgl. EuGH, Urt. v. 30.11.1993 - Rs. C-317/91, Slg. 1993, I-6260 = GRUR 1994, 286, 287 f. Tz. 36 und 37 = WRP 1994, 294 - quattro/Quadra; Urt. v. 22.6.1999 - Rs. C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 17 = WRP 1999, 806 - Lloyd; BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 609 = WRP 2000, 529 - ARD-1), setzt voraus, daß sich die Marke zu einem Hinweis auf das Unternehmen des
Markeninhabers entwickelt hat. Von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn kann daher regelmäßig nur ausgegangen werden, wenn die ältere Marke zugleich Unternehmenskennzeichen ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.1990 - I ZR 249/88, GRUR 1991, 317, 318 = WRP 1991, 231 - MEDICE; Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 273/95, GRUR 1999, 155, 156 = WRP 1998, 1006 - DRIBECK's LIGHT, insoweit in BGHZ 139, 147 nicht abgedruckt; Urt. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 175 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach). Zu einer Entwicklung der Klagemarke "Kleiner Feigling" als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin ist vom Berufungsgericht jedoch nichts festgestellt und auch sonst nichts ersichtlich. Die Verurteilung der Beklagten nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke "Kleiner Feigling" und der Marke "Frechling" kann danach keinen Bestand haben.
2. a) Im Rahmen des wiedereröffneten Berufungsrechtszugs wird das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen eines Schutzes von "Kleiner Feigling" als bekannter Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zu prüfen haben, auf den sich die Klägerin zur Begründung ihrer Ansprüche ebenfalls berufen hat. Die Vorschrift ist entsprechend anzuwenden, wenn ein mit der bekannten Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren benutzt wird, die unter das Warenverzeichnis der Klagemarke fallen oder diesen Waren ähnlich sind (vgl. EuGH, Urt. v. 9.1.2003 – Rs. C-292/00, Slg. 2003 I-389 = GRUR 2003, 240, 242 Tz. 30 = WRP 2003, 370 - Davidoff/Gofkid; BGH GRUR 2004, 235, 238 - Davidoff II). Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sind keine anderen Maßstäbe anzuwenden als bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (vgl. BGH, Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 172/01, Umdr. S. 15 f. - Ferrari-Pferd).
b) Die Klägerin hat ihre Ansprüche zudem auf die Wortmarke Nr. 2020531 "Feigling" gestützt, die das Berufungsgericht bisher - von seinem Standpunkt folgerichtig - unerörtert gelassen hat. Sollte es auf Ansprüche aufgrund dieser Marke ankommen, wird das Berufungsgericht folgendes zu beachten haben:
Zur rechtserhaltenden Benutzung der Marke "Feigling" durch die Klägerin - die Beklagten haben die Einrede mangelnder Benutzung nach §§ 25, 26 MarkenG erhoben - reicht die Verwendung der Marke "Kleiner Feigling" nicht aus. Denn durch die Hinzufügung des Wortbestandteils "Kleiner", der den Gesamteindruck der Marke mitprägt, wird der kennzeichnende Charakter der Marke "Feigling" i.S. von § 26 Abs. 3 MarkenG verändert (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 220/97, GRUR 2001, 54, 56 = WRP 2000, 1296 - SUBWAY/ Subwear).
Der Klageantrag zu II (Löschungsanspruch nach §§ 55, 51, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) ist auch auf die Einwilligung in die Teillöschung der Marke "Frechling" für Waren gerichtet, für die das Berufungsgericht keine Warenidentität festgestellt hat (andere alkoholfreie Getränke als Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere
Präparate für die Zubereitung von Getränken; Verpflegung von Gästen). Insoweit wird das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr gesondert zu beurteilen haben.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
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Annotations
(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.
(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen
- 1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt, - 2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder - 3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,
- 1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, - 2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, - 3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen, - 4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen, - 5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen, - 6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen, - 7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.
(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr
- 1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen, - 2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder - 3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.
(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.
(1) Der Inhaber einer eingetragenen Marke kann gegen Dritte Ansprüche im Sinne der §§ 14 und 18 bis 19c nicht geltend machen, wenn die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs für die Waren oder Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, nicht gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich war.
(2) Werden Ansprüche im Sinne der §§ 14 und 18 bis 19c wegen Verletzung einer eingetragenen Marke im Wege der Klage geltend gemacht, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage für die Waren oder Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, gemäß § 26 benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zum Zeitpunkt der Klageerhebung seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich war. Endet der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach Erhebung der Klage, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung gemäß § 26 benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorlagen. Bei der Entscheidung werden nur die Waren oder Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.
(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, daß berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.
(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.
(3) Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.
(4) Als Benutzung im Inland gilt auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind.
(5) Soweit die Benutzung innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich ist, erforderlich ist, tritt in den Fällen, in denen gegen die Eintragung Widerspruch erhoben worden ist, an die Stelle des Ablaufs der Widerspruchsfrist der Zeitpunkt, ab dem die das Widerspruchsverfahren beendende Entscheidung Rechtskraft erlangt hat oder der Widerspruch zurückgenommen wurde.
(1) Die Klage auf Erklärung des Verfalls (§ 49) oder der Nichtigkeit wegen Bestehens älterer Rechte (§ 51) ist gegen den als Inhaber der Marke Eingetragenen oder seinen Rechtsnachfolger zu richten. Die Klage ist unzulässig, wenn über denselben Streitgegenstand zwischen den Parteien
- 1.
bereits gemäß § 53 entschieden wurde, - 2.
ein Antrag gemäß § 53 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt wurde.
(2) Zur Erhebung der Klage sind befugt:
- 1.
in den Fällen des Antrags auf Erklärung des Verfalls jede Person, - 2.
in den Fällen des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit wegen des Bestehens von Rechten mit älterem Zeitrang die Inhaber der in den §§ 9 bis 13 aufgeführten Rechte, - 3.
in den Fällen des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit wegen des Bestehens einer geographischen Herkunftsangabe mit älterem Zeitrang (§ 13 Abs. 2 Nr. 5) die nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten.
(3) Ist die Klage auf Erklärung der Nichtigkeit vom Inhaber einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang erhoben worden, so hat er auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage gemäß § 26 benutzt worden ist, sofern zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen sie möglich war. Endet der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach Erhebung der Klage, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten nachzuweisen, daß die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Schluß der mündlichen Verhandlung gemäß § 26 benutzt worden ist. War die Marke mit älterem Zeitrang am Anmelde- oder Prioritätstag der jüngeren Marke bereits seit mindestens fünf Jahren eingetragen, so hat der Kläger auf Einrede des Beklagten ferner nachzuweisen, dass die Eintragung der Marke mit älterem Zeitrang an diesem Tag nicht nach § 49 Absatz 1 hätte für verfallen erklärt und gelöscht werden können. Bei der Entscheidung werden nur die Waren oder Dienstleistungen berücksichtigt, für die die Benutzung nachgewiesen worden ist.
(4) Ist vor oder nach Erhebung der Klage das durch die Eintragung der Marke begründete Recht auf einen anderen übertragen worden oder übergegangen, so ist die Entscheidung in der Sache selbst auch gegen den Rechtsnachfolger wirksam und vollstreckbar. Für die Befugnis des Rechtsnachfolgers, in den Rechtsstreit einzutreten, gelten die §§ 66 bis 74 und 76 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(5) Das Gericht teilt dem Deutschen Patent- und Markenamt den Tag der Erhebung der Klage mit. Das Deutsche Patent- und Markenamt vermerkt den Tag der Erhebung der Klage im Register. Das Gericht übermittelt dem Deutschen Patent- und Markenamt eine Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils. Das Deutsche Patent- und Markenamt trägt das Ergebnis des Verfahrens mit dem Datum der Rechtskraft in das Register ein.
(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Klage gemäß § 55 oder Antrag gemäß § 53 für nichtig erklärt und gelöscht, wenn ihr ein Recht im Sinne der §§ 9 bis 13 mit älterem Zeitrang entgegensteht. Der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit kann auch auf mehrere ältere Rechte desselben Inhabers gestützt werden.
(2) Die Eintragung kann aufgrund der Eintragung einer Marke mit älterem Zeitrang nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, soweit der Inhaber der Marke mit älterem Zeitrang die Benutzung der Marke mit jüngerem Zeitrang für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet hat, es sei denn, daß die Anmeldung der Marke mit jüngerem Zeitrang bösgläubig vorgenommen worden ist. Das gleiche gilt für den Inhaber eines Rechts mit älterem Zeitrang an einer durch Benutzung erworbenen Marke im Sinne des § 4 Nr. 2, an einer notorisch bekannten Marke im Sinne des § 4 Nr. 3, an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 oder an einer Sortenbezeichnung im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 4. Die Eintragung einer Marke kann ferner nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn der Inhaber eines der in den §§ 9 bis 13 genannten Rechte mit älterem Zeitrang der Eintragung der Marke vor der Stellung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit zugestimmt hat.
(3) Die Eintragung kann aufgrund einer bekannten Marke oder einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung mit älterem Zeitrang nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung an dem für den Zeitrang der Eintragung der Marke mit jüngerem Zeitrang maßgeblichen Tag noch nicht im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3, des § 14 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 oder des § 15 Abs. 3 bekannt war.
(4) Die Eintragung kann aufgrund der Eintragung einer Marke mit älterem Zeitrang nicht für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn die Eintragung der Marke mit älterem Zeitrang am Anmelde- oder Prioritätstag der Marke mit jüngerem Zeitrang aus folgenden Gründen hätte für verfallen oder nichtig erklärt und gelöscht werden können:
Für die Prüfung der Verwechslungsgefahr nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 ist auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke am Anmelde- oder Prioritätstag der jüngeren Marke abzustellen.(5) Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt und gelöscht.
(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,
- 1.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die Marke mit älterem Zeitrang angemeldet oder eingetragen worden ist, - 2.
wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, oder - 3.
wenn sie mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang identisch ist oder dieser ähnlich ist, falls es sich bei der Marke mit älterem Zeitrang um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung der eingetragenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.
(2) Anmeldungen von Marken stellen ein Schutzhindernis im Sinne des Absatzes 1 nur dar, wenn sie eingetragen werden.
(3) Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Genfer Fassung vom 13. Mai 1977 des Abkommens vom 15. Juni 1957 von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken (BGBl. 1981 II S. 358, 359) festgelegten Klassifikationssystem (Nizza-Klassifikation) erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.