Bundesgerichtshof Urteil, 05. Apr. 2001 - I ZR 132/98
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Anschluûrevision, an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist die GVL, eine Verwertungsgesellschaft, die u.a. die Ansprüche der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller aus § 76 Abs. 2, § 86 UrhG wahrnimmt. Sie begehrt mit der vorliegenden Klage die Festsetzung eines Gesamtvertrages nach § 12 UrhWG. Die Beklagten sind Vereinigungen privater Hörfunksender. Zu ihren Mitgliedern zählen fast alle entsprechenden Sendeunternehmen ; zusammengerechnet hatten die Beklagten zur Zeit der Einleitung des vorliegenden Verfahrens 224 Mitglieder.
Zwischen der Klägerin und den Vereinigungen der privaten Sendeunternehmen bestand schon in der Vergangenheit ein Gesamtvertrag, den die Klägerin fristgerecht zum 31. Dezember 1993 mit dem Ziel gekündigt hat, eine Reihe von Änderungen zu vereinbaren. Dem Abschluû dieses Gesamtvertrages war 1988 ein Einigungsvorschlag der Schiedsstelle (§ 14 Abs. 2 UrhWG) vorausgegangen. Danach sollte die an die Klägerin zu zahlende Vergütung nach dem Musikanteil an der Sendezeit und den Werbeerlösen bemessen werden; bei einem Musikanteil von weniger als 25 % sollte die Vergütung 1,125 %, bei einem Musikanteil zwischen 25 % und unter 50 % 2,25 % und bei einem Musikanteil von 50 % und mehr 4,5 % der Werbeerlöse betragen; für die Mitglieder der beteiligten Nutzervereinigungen war der übliche Gesamtvertragsnachlaû von 20 % vorgesehen. Dieses Grundschema für die Berechnung der Vergütungssätze wurde im Gesamtvertrag übernommen. Dagegen wurde von dem Vorschlag der Schiedsstelle insoweit abgewichen, als einerseits nicht von den Brutto-, sondern von den Nettoerlösen (nach Abzug von Agenturprovisionen bis höchstens 15 %, von Mengenrabatten und Skonti sowie von Handelsvertreterprovisionen) ausgegangen und andererseits dadurch eine Begrenzung der Vergütung nach unten vereinbart wurde,
daû Werbeerlöse von mindestens 500.000 DM zugrunde zu legen waren; auch der von der Schiedsstelle vorgeschlagene Einführungsrabatt für die ersten beiden Betriebsjahre wurde nicht vereinbart. Der Inhalt des Gesamtvertrages stimmt mit dem Tarif der Klägerin vom 28. November 1988 für die Verwendung erschienener Tonträger in privaten Hörfunkprogrammen überein.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Musik und damit auch die von ihr vertretenen Rechte der Interpreten und Produzenten hätten für die privaten Sender in den letzten Jahren eine gröûere Bedeutung und damit auch eine höhere Wertigkeit erlangt. Maûgeblich sei dafür nicht nur die gestiegene Qualität der Wiedergabe , sondern auch der Umstand, daû sich viele Sender über die Art der gesendeten Musik definierten. Auûerdem seien die Musikanteile an der Sendezeit gestiegen , was eine Anpassung erforderlich mache. Ferner seien die Abzüge von den Bruttoeinnahmen wesentlich höher als ursprünglich erwartet. Schlieûlich müûten die Einnahmen aus Sponsoring bei Ermittlung der Erlöse mitgerechnet werden.
Die Klägerin hat im Jahre 1994 ein Verfahren vor der Schiedsstelle eingeleitet und den Abschluû eines neuen Gesamtvertrages begehrt. Ihr Vorschlag für einen neuen Vertrag zeichnete sich vor allem durch zwei Punkte aus: Um den höheren Musikanteilen Rechnung zu tragen, sollten zwei zusätzliche Staffelungen eingeführt werden, so daû sich insgesamt fünf Stufen ergäben (von 8 % Vergütung bei mindestens 80 % über 6,5 % bei mindestens 65 %, 5 % bei mindestens 50 %, 2,5 % bei mindestens 25 % bis zu 1,25 % bei unter 25 % Musikanteil). Auûerdem sollten die Abzüge von den Bruttoerlösen (Rabatte, Skonti, Provisionen) pauschal mit 15 % festgesetzt werden. Die Beklagten sind dem Antrag der Klägerin vor der Schiedsstelle entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten, die bisherige Staffelung sei angemessen; der Musikanteil der privaten Hörfunksender
liege im Durchschnitt keineswegs bei über 80 %, sondern deutlich darunter. Ein Vergleich mit dem ARD-Hörfunk zeige jedoch, daû die im alten Gesamtvergleich vorgesehenen Vergütungssätze zu hoch seien. Die Beklagten haben daher auf der Grundlage der bisherigen Staffelung niedrigere Vergütungssätze von 3 % (Musikanteil mindestens 50 %), 1,5 % (Musikanteil mindestens 25 %) und 0,75 % (Musikanteil unter 25 %) vorgeschlagen.
In ihrem den Parteien nach § 14a Abs. 2 UrhWG unterbreiteten Einigungsvorschlag vom 29. Februar 1996 ist die Schiedsstelle von einem als angemessen anzusehenden mittleren Vergütungssatz von 4,52 % bei einem Musikanteil von mindestens 50 % ausgegangen. Dabei hat sich die Schiedsstelle an den Bedingungen orientiert, die schon seit langem für die öffentlich-rechtlichen Hörfunksender gelten und die für die werbefinanzierten Sendungen generell einen Vergütungssatz von 4,52 % vorsehen (vgl. auch den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vom 1. März 1996 im Parallelverfahren I ZR 32/99). Ausgehend von diesem Mittelwert hat die Schiedsstelle zwei weitere Staffelungen ± 2,25 % bei einem Musikanteil von mindestens 25 % und 7,23 % bei einem Musikanteil von mindestens 80 % vorgeschlagen. Ferner hat die Schiedsstelle ± dem Anliegen der Klägerin entsprechend ± in ihrem Vorschlag eine Pauschalierung der Abzüge für Rabatte , Skonti und Provisionen vorgesehen, diese Pauschale allerdings anders als die Klägerin nicht mit 15 %, sondern mit 20 % angesetzt. In den übrigen Punkten ± Gesamtvertragsrabatt von 20 %, keine Mindestvergütung, kein Einführungsrabatt in den ersten Betriebsjahren eines neuen Senders ± entspricht der Einigungsvorschlag den Anträgen der Parteien. Dem Einigungsvorschlag haben beide Parteien widersprochen (§ 14a Abs. 3 Satz 1 UrhWG).
Das Klageziel, das die Klägerin mit ihrer Klage auf Festsetzung eines Gesamtvertrages verfolgt, baut auf dem Vorschlag der Schiedsstelle auf. Der Ge-
samtvertrag, dessen Festsetzung sie beantragt hat, sieht jedoch ± entgegen dem Vorschlag der Schiedsstelle ± keinen Gesamtvertragsrabatt in Höhe von 20 % für die Mitglieder der beklagten Nutzervereinigungen vor. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Vorschlag der Schiedsstelle sei widersprüchlich, weil er sich einerseits an den Bedingungen für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk orientiere, andererseits aber auûer acht lasse, daû es dort einen Gesamtvertragsrabatt nicht gebe. Es müsse daher der von der Schiedsstelle vorgesehene Rabatt gestrichen oder von einem höheren Mittelwert (5,65 % statt 4,52 %) ausgegangen werden.
Der Gesamtvertrag, dessen Festsetzung die Klägerin beantragt hat, enthält als Anlage B den nachstehend wiedergegebenen Tarif:
GVL-Tarif für die Verwendung erschienener Tonträger in privaten Hörfunkprogrammen 1. Die Vergütung für die Verwendung erschienener Tonträger in Hörfunkprogrammen beträgt
a) 7,23 % der Einnahmen, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern mindestens 80 % der gesamten Sendezeit ausmacht,
b) 4,52 % der Einnahmen, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern mindestens 50 % der gesamten Sendezeit ausmacht,
c) 2,25 % der Einnahmen, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern mindestens 25 % der gesamten Sendezeit ausmacht. 2. Einnahmen im Sinne von Ziffer 1 sind die aus Werbung und/oder Sponsorschaft erzielten Brutto-Erlöse. Soweit die Einnahmen aus einer anderen Tätigkeit der Sender als dem Senden von Programmen stammen, sind diese Einnahmen nicht zu berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit eine selbständige abgeschlossene Betriebseinheit bildet, bei der Einnahmen und Ausgaben gesondert abgerechnet werden. Die Einnahmen gemäû Satz 1 vermindern sich pauschal um 20 % für Rabatte, Skonti, Agentur- und Handelsvertreterprovisionen. Dies gilt nicht für Einnahmen von Vermarktungsorganisationen, von denen diese Aufwendungen vertraglich vereinbart einbehalten werden. 3. Die Vergütungsbeträge erhöhen sich um die jeweils gültige Mehrwertsteuer. 4. Der Tarif tritt am 1. Januar 1994 in Kraft.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben sich u.a. gegen die Höhe der Vergütungssätze gewandt; das Gebot der Gleichbehandlung gebiete es, die privaten Sender nicht stärker zu belasten als die öffentlich-rechtlichen Anstalten , die im Durchschnitt aller ihrer Einnahmen ± Gebühren und Werbeerlöse ± nur mit 1,7 % belastet würden. Ferner sind sie dafür eingetreten, daû Provisionen, Rabatte und Skonti nach wie vor unbeschränkt abgezogen werden könnten, daû keine zusätzlichen Vergütungsstaffeln eingeführt und der Gesamtvertragsrabatt beibehalten werden. Die Beklagten haben ihrerseits die Festsetzung eines Gesamtvertrages beantragt, der als Anlage B den nachfolgend wiedergegebenen Tarif enthält:
GVL-Tarif für die Verwendung erschienener Tonträger in privaten Hörfunkprogrammen 1. Die Vergütung für die Verwendung erschienener Tonträger in Hörfunkprogrammen beträgt 1.1 1,70 % der Werbeerlöse, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern aus dem Repertoire der GVL mindestens 50 % der gesamten Sendezeit ausmacht, 1.2 0,85 % der Werbeerlöse, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern aus dem Repertoire der GVL mindestens 25 % der gesamten Sendezeit ausmacht. 2. Werbeerlöse im Sinne von Ziffer 1 sind die aus Werbung im Programm und aus Sponsorschaft am Programm erzielten Einnahmen ohne Umsatzsteuer. Agenturvergütungen (AE) gehören nicht zu diesen Einnahmen. Tatsächlich gewährte Mengenrabatte und Skonti, soweit sie bei der Auftragserteilung vom Veranstalter in seiner Preisliste nachweisbar veröffentlicht oder branchenüblich waren, sind keine Einnahmen. Der Einbehalt von Vermarktungsorganisationen, die für eine Vielzahl von Radiostationen Ansprechpartner für Werbungtreibende und Werbeagenturen sind (Radio-Kombis), ist den tatsächlichen Einnahmen nicht hinzuzurechnen , soweit er vertraglich vereinbart ist. Darüber hinaus sind umsatzbezogene Ansprüche der Handelsvertreter nach dem HGB nicht Bestandteil der Werbeerlöse , wenn ihre Entstehung urkundlich nachgewiesen wird. 3. Die Vergütungsbeträge ermäûigen sich im ersten Betriebsjahr eines Senders auf ein Fünftel, im zweiten auf zwei Fünftel, im dritten auf drei Fünftel, im vierten auf vier Fünftel. Dies gilt unabhängig davon, ob der Sender vor oder nach dem 1. Januar 1994 seinen Betrieb aufgenommen hat. 4. Die Vergütungsbeträge erhöhen sich um die jeweils gültige Mehrwertsteuer.
5. Für Mitglieder einer Verwertervereinigung, mit der ein Gesamtvertrag abgeschlossen ist, ermäûigen sie sich um 20 %. 6. Der Tarif tritt am 1. Januar 1994 in Kraft.
Das Oberlandesgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage einen Gesamtvertrag festgesetzt, der ± dem Vorschlag der Schiedsstelle und dem Klageantrag folgend ± drei Staffeln (mindestens 80 %, mindestens 50 % und mindestens 25 % Musikanteil) mit den Vergütungssätzen in Höhe von 7,23 %, 4,52 % und 2,25 % enthält, der jedoch ± insoweit dem Antrag der Beklagten folgend ± einen Gesamtvertragsrabatt vorsieht und Abzüge für Rabatte, Skonti und Provisionen uneingeschränkt zuläût. Die den Tarif enthaltende Anlage B zum Gesamtvertrag lautet nach der Festsetzung durch das Oberlandesgericht wie folgt:
GVL-Tarif für die Verwendung erschienener Tonträger in privaten Hörfunkprogrammen 1. Die Vergütung für die Verwendung erschienener Tonträger in Hörfunkprogrammen beträgt
a) 7,23 % der Einnahmen, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern mindestens 80 % der gesamten Sendezeit ausmacht,
b) 4,52 % der Einnahmen, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern mindestens 50 % der gesamten Sendezeit ausmacht,
c) 2,25 % der Einnahmen, wenn der Anteil der Musik von erschienenen Tonträgern mindestens 25 % der gesamten Sendezeit ausmacht. 2. Einnahmen im Sinne von Ziffer 1 sind die aus Werbung und/oder Sponsorschaft erzielten Erlöse ohne Umsatzsteuer. Die Erlöse vermindern sich ± um die Agentur-Vergütungen (AE), ± um tatsächlich gewährte Mengenrabatte und Skonti, soweit sie bei der Auftragserteilung vom Veranstalter in seinen Preislisten nachweisbar veröffentlicht oder branchenüblich waren und tatsächlich gewährt wurden, ± um umsatzbezogene Ansprüche der Handelsvertreter nach dem HGB, wenn ih- re Entstehung urkundlich nachgewiesen wird, ± um den Einbehalt von Vermarktungsorganisationen, die für eine Vielzahl von Radiostationen Ansprechpartner für Werbungtreibende und Werbeagenturen sind (Radio-Kombis), soweit er vertraglich vereinbart ist.
Soweit Erlöse aus einer anderen Tätigkeit der Sendeunternehmen als dem Senden von Programmen und der unmittelbaren Vermarktung von Sendezeit dieser Programme stammen, sind diese Erlöse nicht zu berücksichtigen. 3. Für Mitglieder einer Verwertervereinigung, mit der ein Gesamtvertrag abgeschlossen ist, ermäûigen sich die Vergütungsbeträge um 20 %. 4. Die Vergütungsbeträge erhöhen sich um die jeweils gültige Umsatzsteuer. 5. Der Tarif tritt am 1. Januar 1994 in Kraft.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie das Urteil des Oberlandesgerichts in zweierlei Hinsicht angreift: Zum einen wendet sie sich gegen die Höhe der Vergütungssätze und beantragt eine Festsetzung auf 9,04 %, 5,65 % und 2,81 %, so daû sich nach Abzug des Gesamtvertragsrabatts Prozentsätze von 7,23 %, 4,52 % und 2,25 % ergeben. Zum anderen begehrt sie eine pauschale Beschränkung der Abzüge nach Ziffer 2 des Tarifs bis zu einem Erlösanteil von 20 %. Die Beklagten treten der Revision der Klägerin entgegen. Mit ihrer Anschluûrevision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen sie im wesentlichen ihren vor dem Oberlandesgericht gestellten Antrag weiter (Vergütungssätze von 1,7 % bei einem Musikanteil von mindestens 50 % und von 0,85 % bei einem Musikanteil von mindestens 25 %; niedrigere Vergütungssätze in den ersten vier Betriebsjahren eines neuen Senders).
Entscheidungsgründe:
I. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung der Festsetzung des Gesamtvertrages ausgeführt:
Für die Bestimmung der angemessenen Vergütung als Entgelt für die Nutzung der Leistungsschutzrechte sei von den geldwerten Vorteilen auszugehen,
die durch die Verwertung erzielt würden. Maûgeblich sei dabei der erwirtschaftete Umsatz, soweit er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nutzung des geschützten Guts stehe. Angemessen sei in der Regel, was üblich sei, wobei eine Veränderung der Orientierungsmaûstäbe seit früheren Festlegungen zu berücksichtigen sei. Ferner sei das Gleichbehandlungsgebot zu beachten, wobei als Vergleichsmaûstab vor allem frei vereinbarte Regelungen geeignet seien. Der von der Klägerin gekündigte Gesamtvertrag, der auf der Grundlage eines Einigungsvorschlags der Schiedsstelle von den Vertragsparteien ausgehandelt worden sei, stelle danach die maûgebliche Grundlage für die Neufestsetzung dar. Die von der Klägerin erstrebte Erhöhung der mittleren Vergütungssätze rechtfertige sich nicht durch eine seitherige Veränderung der maûgeblichen Umstände. Der Einsatz moderner Aufnahme-, Herstellungs- und Wiedergabetechniken habe die Tonqualität nicht derart gesteigert, daû von einer höheren Wertigkeit der Sendungen ausgegangen werden könne. Daû der Musikstil heute stärker als früher zur Charakterisierung des jeweiligen Senders, zur Ausrichtung auf bestimmte Hörerkreise und damit verbunden auch zu erhöhten Werbeeinnahmen beitrage, sei eher die Leistung des Senders. Dagegen beruhe die Steigerung der Werbeeinnahmen sehr wohl auf der Steigerung des Musikanteils, was sich auf die Staffelung auswirken müsse.
Für die Angemessenheit eines mittleren Vergütungssatzes von 4,52 % spreche nicht nur die bisherige Gesamtvertragsregelung, sondern vor allem auch der Umstand, daû die Vergütung der Klägerin für die Nutzung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk, soweit es um das Werberahmenprogramm gehe, ebenfalls mit diesem Prozentsatz der Werbeeinnahmen berechnet werde. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordere es, für diese beiden Fälle die gleichen Vergütungen vorzusehen. Nicht abzustellen sei dagegen auf den Mischsatz von 1,7 %, der sich bei einer Zusammenrechnung aller Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender erge-
be. Denn bei den Gebühreneinnahmen und den Werbeeinnahmen handele es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte. Die Einführung einer weiteren Staffel bei einem Musikanteil von über 80 % sei im Hinblick auf die Sender mit hohem Musikanteil angemessen. Zwar kenne der Gesamtvertrag für den öffentlichrechtlichen Hörfunk eine solche Staffelung nicht; diese sei aber im Hinblick auf den im Durchschnitt höheren Musikanteil der privaten Sender gerechtfertigt. Eine Beschränkung oder Pauschalierung der Abzüge für Rabatte, Skonti, Provisionen und Agenturvergütungen sei nicht geboten. Denn es handele sich hierbei teilweise um echte Erlösschmälerungen, teilweise um Vermarktungskosten, deren Abzug aber auch in der Vergangenheit üblich gewesen sei. Ferner liege in der Regelung über den Gesamtvertragsrabatt kein Verstoû gegen das Gleichbehandlungsgebot. Zwar enthalte der Tarif für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine entsprechende Regelung. Dies habe aber darin seinen Grund, daû sich durch den Gesamtvertrag mit den Beklagten der Arbeitsaufwand der Klägerin ganz erheblich reduziere, während bei den öffentlich-rechtlichen Sendern durch den Gesamtvertrag keine solche Ersparnis eintrete. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daû der Gesamtvertragsrabatt in dem dort geltenden Vergütungssatz von 4,52 % bereits eingerechnet sei.
Eine Kappung oder pauschale Berücksichtigung der Abzüge auf 15 % ± wie von der Klägerin ursprünglich gefordert ± oder auf 20 % ± wie von der Schiedsstelle vorgeschlagen und nunmehr von der Klägerin beantragt ± erscheine nicht angezeigt. Die Abrechnung nach Aufwand entspreche am ehesten der Angemessenheit , weil sich auf diese Weise je nach Gröûe, Marktstellung und Konkurrenzsituation unterschiedliche Sätze bei den einzelnen Sendeunternehmen ergäben und der Musikanteil damit individuell gewichtet werden könne. Im Hinblick auf die rechnerische Erfaûbarkeit der Beträge und der Kontrollbefugnis der Klägerin
sprächen auch Gründe der Praktikabilität nicht gegen die bisherige Regelung. Eine willkürliche Neuschaffung abzugsfähiger Kosten sei nicht zu befürchten.
Schlieûlich sei auch ein besonderer Einführungstarif für junge Sender nicht geboten, zumal auch der alte Vertrag ± trotz eines entsprechenden Vorschlags der Schiedsstelle ± eine solche Vergünstigung nicht enthalten habe.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision der Klägerin haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung. Dagegen ist die Anschluûrevision der Beklagten unbegründet.
1. Zum Umfang der Anfechtung:
Die Parteien haben die Revision und die Anschluûrevision jeweils in wirksamer Weise beschränkt.
Allerdings ist eine Beschränkung des Streitstoffs durch das Rechtsmittel der Revision nur insoweit möglich, als es sich um einen rechtlich und tatsächlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs handelt, der in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozeûstoff behandelt werden kann (BGHZ 45, 287, 289; 53, 152, 155; 76, 397, 398 f.; Müller-Rabe, NJW 1990, 283 f. m.w.N.). Im Hinblick hierauf ist bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages zu beachten, daû vertragliche Bestimmungen häufig im Zusammenhang mit anderen stehen und die Angemessenheit des festgesetzten Vertrages in der Summe der Vorzüge und Nachteile liegt, die die einzelnen vertraglichen Bestimmungen jeder Vertragspartei bieten. Gleichwohl verhält es sich nicht so, daû die Festsetzung des Gesamtvertrages nur im ganzen angefochten werden könnte und mit der Anfechtung eines noch so unbedeutenden Teils der
Vertragsfestsetzung der vollständige Gesamtvertrag Gegenstand des Revisionsverfahrens würde. Es gibt vielmehr eine Reihe von Regelungen, deren Angemessenheit auch unabhängig von anderen vertraglichen Bestimmungen beurteilt werden kann. Bei jedem einzelnen Revisionsangriff, mit dem ein Teil des Streits vor das Revisionsgericht getragen wird, ist jedoch darauf zu achten, daû die Anfechtung sowie die eventuell gebotene (Teil-)Aufhebung des angefochtenen Urteils in einem Umfang erfolgt, der eine umfassende Entscheidung erlaubt, und zwar auch über vertragliche Regelungen, auf die die angegriffene Bestimmung nur ausstrahlt. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist immer nur insoweit zulässig, als auch im Falle einer Zurückverweisung ausgeschlossen werden kann, daû die Änderung des einen Teils auch die Änderung eines anderen, nicht angefochtenen Teils erforderlich macht. Dabei ist zu berücksichtigen, daû dem Tatrichter im Falle der Festsetzung eines Gesamtvertrages eine Rechtsgestaltung obliegt und ihm dabei ein besonders weites Ermessen eingeräumt ist (dazu unten unter II.2.a)aa)).
2. Zur Anschluûrevision:
a) Ohne Erfolg wendet sich die Anschluûrevision dagegen, daû das Oberlandesgericht von einem mittleren Vergütungssatz in Höhe von 4,52 % ausgegangen ist.
aa) Die Entscheidung, durch die das Oberlandesgericht den Inhalt des Gesamtvertrages festsetzt, ist im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar.
(1) Nach § 12 UrhWG ist die Klägerin als Verwertungsgesellschaft verpflichtet , mit den Beklagten einen Gesamtvertrag zu angemessenen Bedingungen über die von ihr wahrgenommenen Rechte und Ansprüche abzuschlieûen. Nach-
dem sich die Parteien über einen Abschluû eines solchen Gesamtvertrages nicht geeinigt hatten, konnte jeder Beteiligte ± also nicht nur die nach § 12 UrhWG anspruchsberechtigten Beklagten, sondern auch die Klägerin (vgl. Schricker/Reinbothe , Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 UrhWG Rdn. 2) ± nach vorausgegangener Anrufung der Schiedsstelle (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 lit. b, § 16 Abs. 1 UrhWG) vor dem für den Sitz der Schiedsstelle zuständigen Oberlandesgericht, also vor dem Oberlandesgericht München, Klage auf Festsetzung des Gesamtvertrages erheben (§ 16 Abs. 1 und 4 UrhWG).
Die Festsetzung eines Gesamtvertrages durch das Oberlandesgericht erfolgt nach billigem Ermessen (§ 16 Abs. 4 Satz 3 UrhWG). Diese Entscheidung ist ± wie auch die Anschluûrevision nicht verkennt ± der eines Gerichts vergleichbar, das im Falle des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB für die hierzu an sich berufene Vertragspartei die vertraglich geschuldete Leistung nach billigem Ermessen zu bestimmen hat. Ebenso wie das Gericht bei der Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB nicht rechtsfeststellend, sondern rechtsgestaltend tätig wird (vgl. MünchKomm/Gottwald, BGB, 3. Aufl., § 315 Rdn. 17), handelt es sich bei der Festsetzung von Gesamtverträgen durch das Oberlandesgericht um eine rechtsgestaltende Entscheidung (Schricker/Reinbothe aaO § 16 UrhWG Rdn. 8; a.A. Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 16 UrhWG Rdn. 7; Nordemann, GRUR Int. 1973, 306, 307 f.). Dies ergibt sich schon daraus, daû nicht nur ein einziger Vertragstext denkbar ist, der die widerstreitenden Interessen angemessen zum Ausgleich bringt, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragstexte, die jeweils für sich genommen angemessene Bedingungen i.S. von § 12 UrhWG enthalten. Angesichts des vielfältigen Regelungsbedarfs kann ohne weiteres der Nachteil, den eine Bestimmung für eine Vertragspartei bewirkt, durch den Vorteil bei einer anderen Bestimmung ausgeglichen werden. Je komplexer der Gegenstand eines solchen Gesamtvertrages ist, desto mehr Möglichkeiten sind für einen
angemessenen Ausgleich denkbar und desto gröûer ist das Ermessen, das demjenigen eingeräumt ist, der den Inhalt des Vertrages festzusetzen hat.
Ebenso wie im Fall einer gerichtlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB können die tatrichterlichen Ausführungen zur Festsetzung eines Gesamtvertrages vom Revisionsgericht ± abgesehen von gerügten Verfahrensverstöûen ± nur darauf überprüft werden, ob das Oberlandesgericht den Begriff der Billigkeit verkannt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 21.3.1961 ± I ZR 133/59, GRUR 1961, 432, 435 ± Klebemittel), ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat (zu § 315 BGB vgl. BGHZ 115, 311, 321 m.w.N.). Hinzu kommt allerdings, daû die Begründung der festsetzenden Entscheidung dem Revisionsgericht die Möglichkeit geben muû, in eine solche ± eingeschränkte ± Überprüfung einzutreten.
(2) Was die gesetzlichen Grundlagen der Ermessensentscheidung angeht, muû sich die Überprüfung in der Revisionsinstanz unter diesen Umständen darauf beschränken, ob das Oberlandesgericht die gesetzlichen Vorgaben der § 16 Abs. 4 Satz 3, § 13 Abs. 3 UrhWG berücksichtigt hat. Darüber hinaus darf das angefochtene Urteil nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoûen.
Einen Hinweis darauf, was billigem Ermessen entspricht, gibt das Gesetz insoweit , als es bestimmt, daû in der Regel die geldwerten Vorteile, die durch die Verwertung erzielt werden, die Berechnungsgrundlage für die Tarife sein sollen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 UrhWG). Da ein abgeschlossener Gesamtvertrag die Wirkung
eines Tarifs hat (§ 13 Abs. 1 Satz 2 UrhWG), gilt diese Bestimmung auch für die Gesamtverträge. Bei der Ermittlung der geldwerten Vorteile kann sich das Oberlandesgericht zum einen an Vereinbarungen orientieren, die früher zwischen den Parteien gegolten haben. Zum anderen kann es auf andere gesamtvertragliche Regelungen zurückgreifen, die diese oder eine andere Verwertungsgesellschaft mit anderen Nutzervereinigungen für vergleichbare Nutzungen abgeschlossen hat. Damit wird nicht zuletzt auch dem Gleichbehandlungsgebot Rechnung getragen , dem die Verwertungsgesellschaften nicht nur durch das Angemessenheitsgebot der §§ 12, 13 UrhWG, sondern auch als Normadressaten des § 20 Abs. 1 GWB unterliegen.
Schlieûlich kann und muû sich das Oberlandesgericht auch danach richten, was die Schiedsstelle in dem vorgeschalteten Verfahren vorgeschlagen hat. Die Schiedsstelle ist wesentlich häufiger als das Oberlandesgericht mit derartigen Verfahren und mit der Überprüfung von Tarifen befaût. Der Gesetzgeber hat die Anrufung der Schiedsstelle zu einer zwingenden Voraussetzung für die Erhebung einer Klage auf Festsetzung eines Gesamtvertrages gemacht, um sicherzustellen, daû vor einer solchen gerichtlichen Auseinandersetzung die sachkundige Schiedsstelle in einem justizförmigen Verfahren ein Votum abgibt, an dem sich nicht nur die Parteien, sondern auch das Oberlandesgericht orientieren können (vgl. BT-Drucks. 10/837, S. 12). Ein überzeugend begründeter Einigungsvorschlag der Schiedsstelle hat daher eine gewisse Vermutung der Angemessenheit für sich.
bb) Die Festsetzung eines mittleren Vergütungssatzes von 4,52 % kann unter diesen Umständen nicht als rechtsfehlerhaft angesehen werden.
Dieser Vergütungssatz orientiert sich erklärtermaûen an dem Satz (von ebenfalls 4,52 %), den die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus ihren Werbeeinnahmen an die Klägerin entrichten. Die Anschluûrevision hält diesen Satz gleichwohl für unangemessen, weil sich für die öffentlich-rechtlichen Sender insgesamt, also bezogen auf Werbe- und Gebühreneinnahmen, nur ein Vergütungssatz von 1,7 % ergebe.
Der Anschluûrevision ist einzuräumen, daû das Oberlandesgericht nur eine ganz unzureichende Begründung für diesen Unterschied gegeben hat, indem es allein darauf abgestellt hat, daû es sich bei werbefinanziertem Rundfunk auf der einen und gebührenfinanziertem Rundfunk auf der anderen Seite um nicht vergleichbare Sachverhalte handele. Es drängen sich jedoch aus dem Parteivorbringen eine Reihe weiterer Gesichtspunkte auf, die es jedenfalls derzeit nicht als gerechtfertigt erscheinen lassen, die vorgenommene Differenzierung als ermessensfehlerhaft anzusehen.
(1) Zunächst ist darauf hinzuweisen, daû die Zweiteilung des Tarifs für die Verwendung erschienener Tonträger im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ± Prozentsatz der Werbeeinnahmen auf der einen Seite und eine an der Zahl der Geräte bemessene Vergütung auf der anderen Seite ± seit vielen Jahren üblich ist. Erst im Zuge des parallelen Gesamtvertragsverfahrens, das die Klägerin gegen die Nutzervereinigung der ARD-Anstalten angestrengt hat (OLG München 6 AR 22/96 ± BGH I ZR 32/99), wird erstmals auch der zweite Teil der Vergütung als ein Prozentsatz der Einnahmen definiert, wobei auch der nunmehr im Parallelverfahren vom Oberlandesgericht festgesetzte, gering erscheinende Prozentsatz von 0,66674 % der Hörfunkgebühren die Klägerin wesentlich stärker an den Gesamteinnahmen partizipieren läût als die in der Vergangenheit geschuldete, von
Zeit zu Zeit angehobene Vergütung, die sich nach der Zahl der angemeldeten Radiogeräte errechnete.
(2) Werbefinanzierter Rundfunk auf der einen und gebührenfinanzierter Rundfunk auf der anderen Seite unterscheiden sich in ihrem Verhältnis zu der in Rede stehenden Verwendung erschienener Tonträger deutlich. Diese Unterschiede rechtfertigen und gebieten es, für beide Einnahmequellen unterschiedliche Regelungen zu treffen.
Dabei geht es nicht darum, daû der öffentlich-rechtliche Rundfunk wegen der zu erfüllenden öffentlichen Aufgaben Vorzugsbedingungen für sich beanspruchen könnte (vgl. hierzu ausführlich ± auf dem von der Anschluûrevision vorgelegten Gutachten beruhend ± Bullinger, ZUM 2001, 1, 4 ff.). Vielmehr werden mit Hilfe der Gebühreneinnahmen vor allem besonders kostenträchtige Sendeformen finanziert, bei denen die Verwendung erschienener Tonträger eine verhältnismäûig geringe Rolle spielt (vgl. Bullinger aaO S. 10 f.). Zu nennen sind hier nur die Finanzierung von besonders kostenträchtigen Rundfunkorchestern und Rundfunkchören , die hohen Kosten für Live-Übertragungen und andere Konzertmitschnitte sowie der verhältnismäûig groûe Aufwand, der für die Redaktionen von Wortsendungen (z.B. für politische Redaktionen und Hörspielstudios) betrieben wird. Dabei schlagen erfahrungsgemäû gerade die Sendungen besonders zu Buch, in denen keine oder nur wenig Musik von erschienenen Tonträgern gespielt wird. Höhere Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten korrespondieren daher nicht mit einer intensiveren Nutzung der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte.
(3) Ob die genannten Unterschiede nicht nur eine Ungleichbehandlung, sondern auch die besonders deutliche Differenz der Vergütungssätze rechtferti-
gen, kann im Revisionsverfahren nicht beurteilt werden. Erforderlich wäre es insofern , Vergleichsberechnungen anzustellen, aus denen sich ergibt, welche Mittel und damit welche Gebührenanteile bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten in diejenigen Sendeformen flieûen, die ihrer Struktur nach am ehesten mit den Programmen der privaten Sender vergleichbar sind, weil sie in ähnlichem Umfang Musik von erschienenen Tonträgern senden und auch in vergleichbarem Umfang Kosten für die anderen Programmanteile aufwenden. Es ist beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht zu beanstanden, daû sich das Oberlandesgericht, dem derartige Erhebungen nicht vorlagen, wie in der Vergangenheit allein an den Werbeeinnahmen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten orientiert und weiteren Vortrag zur Vergleichbarkeit der beiden Sendeformen nicht angeregt hat. Wie dargelegt, stellt sich die Frage der Vergleichbarkeit der Tarife für den privaten und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Deutlichkeit erst seit kurzem; denn in der Vergangenheit wurde die angemessene Vergütung bei den öffentlichrechtlichen Anstalten nicht anhand der Gebühreneinnahmen berechnet. Ferner ist zu berücksichtigen, daû es im Streitfall um einen Gesamtvertrag geht, dessen Inhalt nur für die Zeit von 1994 bis 1999 festgeschrieben sein soll. Es bleibt den Beklagten daher unbenommen, den Gesamtvertrag zu kündigen (was ihnen erstmals zum 31. Dezember 1999 möglich war), wenn sie über Erkenntnisse verfügen , die in dem beschriebenen Sinne ein Miûverhältnis zwischen den Tarifen für öffentlich-rechtliche und private Sendeunternehmen nahelegen.
b) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Anschluûrevision gegen die Einführung einer weiteren Tarifstufe für Sender mit einem besonders hohen Musikanteil. Im Hinblick darauf, daû der Musikanteil bei den privaten Radiosendern im Durchschnitt bei 70 % liegt, stellt der bisherige Tarif, der lediglich bei Sendern mit einem Musikanteil von unter 50 % differenzierte (1. Stufe: unter 25 %, 2. Stufe: 25 bis unter 50 %) und alle Sender mit einem höheren Anteil (50 % und mehr) in die
höchste Gruppe einstufte, keine angemessene Regelung dar. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, daû das Oberlandesgericht für Sender mit einem überdurchschnittlich hohen Musikanteil (80 % und mehr) eine gesonderte Vergütungsstufe vorgesehen hat. Dem steht nicht entgegen, daû der Tarif für die öffentlich-rechtlichen Sender keine entsprechende Vergütungsstufe kennt. Denn dort liegt der Musikanteil nach dem Vortrag der Beklagten bei durchschnittlich 60 % und damit deutlich näher am Mittelwert. Im übrigen kennt der Tarif für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch keine Begünstigung für Sender mit einem Musikanteil von unter 50 %.
c) Schlieûlich geht auch die Rüge der Anschluûrevision fehl, mit der sie sich dagegen wendet, daû das Oberlandesgericht keinen Einführungsrabatt für neue Sender vorgesehen hat. Ein Ermessensfehler liegt hierin jedenfalls nicht. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Leistungsschutzberechtigten verpflichtet sein sollten, neu gegründete Sendeunternehmen in den ersten vier Jahren in dem beantragten erheblichen Umfang zu subventionieren.
3. Zur Revision:
a) Das Oberlandesgericht hat einen mittleren Vergütungssatz von 4,52 % für angemessen gehalten und für die Mitglieder der beklagten Vereinigungen gleichzeitig einen Gesamtvertragsrabatt vorgesehen. Diese Festsetzung rügt die Revision mit Erfolg als rechtsfehlerhaft; denn das Urteil des Oberlandesgerichts leidet in diesem Punkt an einem Begründungsmangel.
aa) Zur Begründung der Festsetzung eines Mittelwertes von 4,52 % hat sich das Oberlandesgericht maûgeblich darauf gestützt, daû dieser Prozentsatz der Hörfunkwerbeeinnahmen auch dem gekündigten Gesamtvertrag mit der Nutzer-
vereinigung der ARD-Anstalten zugrunde gelegen habe und ± da in diesem Punkt zwischen den Parteien des Parallelverfahrens Einigkeit bestehe ± liegen werde. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete die Anwendung dieses Satzes beim privaten Hörfunk; auch die Wahrung des Gleichgewichts im Wettbewerb mache es erforderlich, daû keiner dadurch benachteiligt werde, daû dem Mitbewerber ein günstigerer Vergütungssatz eingeräumt werde. Auf die so ermittelten Vergütungssätze hat das Oberlandesgericht den Gesamtvertragsrabatt in “seit langem üblicher Höhe von 20 %” gewährt. Den Einwand der Klägerin, der vergleichbare Tarif für die öffentlich-rechtlichen Sender kenne keinen Gesamtvertragsrabatt, vielmehr sei dort der entsprechende Rabatt bereits in den Vergütungssatz von 4,52 % eingerechnet , hat das Oberlandesgericht nicht gelten lassen. Zum einen trete durch den Gesamtvertrag bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten keine entsprechende Ersparnis wie bei den privaten Sendern ein. Auûerdem könne nicht davon ausgegangen werden, daû der Rabatt bereits bei der Vergütungsregelung von 4,52 % einbezogen sei; der Regelung liege kein gedachter höherer Wert zugrunde, von dem der Rabatt bereits abgezogen sei.
bb) Die Revision rügt mit Erfolg, daû das Oberlandesgericht hierbei erhebliches Vorbringen der Klägerin unberücksichtigt gelassen hat (§ 286 ZPO). Die Klägerin hat vor dem Oberlandesgericht wiederholt dargelegt, daû die Vorteile, die sich für sie aus dem Abschluû der Gesamtverträge ergäben, hier wie dort gleichwertig seien und daû keinerlei vernünftiger Grund bestehe, insofern unterschiedliche Regelungen vorzusehen (SchrS v. 27.12.1996, S. 14 = GA 14, SchrS v. 22.5.1997, S. 28 f. = GA 121/122). Unter diesen Umständen hätte das Oberlandesgericht ± falls es dieses Vorbringen als nicht ausreichend erachtete ± die Klägerin auf seine gegenteilige Einschätzung hinweisen und ihr Gelegenheit geben müssen, im einzelnen darzulegen, worin für sie die Vorteile des Gesamtvertragsabschlusses bei den öffentlich-rechtlichen Sendern liegen (§§ 139, 278
Abs. 3 ZPO). Mit der entsprechenden Rüge erläutert die Revision, daû für sie die Vorteile aus dem Gesamtvertrag mit der Nutzervereinigung der ARD-Anstalten sogar gröûer seien als aus dem Vertrag mit den Beklagten, weil die Nutzervereinigung ihre Mitglieder verbindlich vertrete und daher mit der Klägerin unmittelbar Verträge abschlieûe. Dieses Vorbringen ist ± entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ± nicht unerheblich. Auch wenn die Nutzervereinigung der ARDAnstalten ihre Mitglieder verbindlich vertritt mit der Folge, daû mit den einzelnen Anstalten keine Verträge mehr abgeschlossen zu werden brauchen, handelt es sich um einen Gesamtvertrag. Die verbindliche Vertretung erklärt, weshalb ein gesonderter Rabatt nicht vereinbart ist; denn es muû nicht erst der Anreiz geschaffen werden, sich den Bedingungen des Gesamtvertrages zu unterwerfen. Der Gesamtvertragscharakter wird hierdurch jedoch nicht berührt.
Auch die zweite Erwägung des Oberlandesgerichts greift die Revision mit Erfolg an (§ 286 ZPO). Sie verweist darauf, daû die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hatte, daû “der Satz von 4,52 % bereits der Nettosatz ist und aus einem vergleichbaren Bruttovergütungssatz von 5,65 % vor Gesamtvertragsrabatt abgeleitet ist” (SchrS v. 21.11.1997, S. 3 = GA 171). Dementsprechend findet sich auch in dem vom Oberlandesgericht in der Parallelsache festgesetzten Gesamtvertrag der Passus, wonach die dort genannten Vergütungssätze einen zwanzigprozentigen Gesamtvertragsrabatt enthielten (OLG München, Urt. v. 19.11.1998 ± 6 AR 22/96, Umdr. S. 3 u. 11 [Gesamtvertrag Teil A und B jeweils § 1 Abs. 1 a.E.]; vgl. auch Senatsurteil vom 5.4.2001 in der Parallelsache I ZR 32/99, Umdr. S. 5).
Damit ist dem Urteil des Oberlandesgerichts die Begründung für die unterschiedliche Behandlung der beiden Gesamtverträge entzogen. Dem kann nicht mit der Revisionserwiderung entgegengehalten werden, bei dem erstrebten Gleichklang mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten handele es sich lediglich um
eine Hilfsbegründung des Oberlandesgerichts, das sich für die Höhe der Vergütungssätze auch auf die bisherige Vertragsgestaltung berufen hat. Gerade weil das Oberlandesgericht bei der gestaltenden Vertragsfestsetzung frei ist, kommt der gegebenen Begründung Bedeutung zu. Fällt sie ersatzlos weg, fehlt ein erklärter Faktor für die Ausübung des Ermessens. Hinzu kommt, daû bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens der Klägerin eine Begründung für die Ungleichbehandlung notwendig gewesen wäre.
b) Das Oberlandesgericht hat ferner eine Pauschalierung der Abzüge abgelehnt , die nach dem festgesetzten Vertrag die Werbeerlöse der Rundfunkunternehmen schmälern. Auch in diesem Punkt greift die Revision das Urteil des Oberlandesgerichts mit Erfolg an. Das Oberlandesgericht hat das ausführlich begründete Begehren der Klägerin ohne nachvollziehbare Begründung abgelehnt. Insbesondere läût das angefochtene Urteil eine Auseinandersetzung mit dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vermissen, die in diesem Punkt der Klägerin gefolgt war.
aa) Nach dem Vorbringen der Klägerin hat sie den alten Gesamtvertrag u.a. deswegen gekündigt, weil die maûgeblichen Nettoerlöse einen immer geringeren Anteil der Bruttoerlöse ausmachten. Es ist zwischen den Parteien nicht im Streit, daû Mengenrabatte, Skonti u.ä. abzuziehen sind. Vereinbart war und ist ferner der Abzug der Werbeagenturvergütungen; zwar handelt es sich hierbei um Kosten der werbenden Unternehmen, denen es jedoch gelungen ist, diese Kosten auf die Sendeunternehmen abzuwälzen. Ferner entspricht es der Üblichkeit, daû die Sendeunternehmen die Provisionen ihrer Handelsvertreter abziehen, obwohl es sich hierbei um typische Vermarktungskosten der Sendeunternehmen handelt. Schlieûlich haben sich Sendeunternehmen zur Vermarktung ihrer Werbezeiten zusammengeschlossen. Sie beauftragen vorgeschaltete Vermarktungsorganisa-
tionen, sog. Radio-Kombis, mit der gemeinsamen Vermarktung der Sendezeit. Die Klägerin hat vorgetragen, diese Praxis sei besonders angreifbar, wenn die Sendeunternehmen eigene “Radio-Kombis” betrieben und auf diese Weise ohne Schmälerung der eigenen Spanne zu einer Senkung der Nettoerlöse beitrügen. Die Klägerin hat schlieûlich ± von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten ± geltend gemacht, daû in Einzelfällen der Nettoerlös nur noch etwas mehr als die Hälfte der Bruttoerlöse betragen habe. Insgesamt seien die Abzüge während der Laufzeit des bisherigen Gesamtvertrages von anfangs 21,9 % auf 28,9 % gestiegen (zu allem SchrS v. 22.5.1997, S. 26 = GA 119). Dieses Vorbringen hatte die Schiedsstelle dazu veranlaût, die Erlösminderungen mit 20 % zu pauschalieren.
bb) Die Revision rügt mit Erfolg, daû sich das Oberlandesgericht mit dieser Argumentation der Klägerin nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. Vor allem hätte Anlaû bestanden, im einzelnen darzulegen, weshalb das Oberlandesgericht in diesem Punkt von dem sorgfältig begründeten Einigungsvorschlag der Schiedsstelle abgewichen ist. Die Schiedsstelle hatte darauf abgehoben, daû das ± auch sonst übliche ± Zugrundelegen der Nettoerlöse Möglichkeiten der Umgehung schaffe, etwa durch die Ausgliederung von Bereichen aus dem Organisationsgefüge der einzelnen Sender und durch die Verlagerung von Einnahmen und Kosten. Durch eine Pauschalierung erübrige sich die aufwendige und streitanfällige Kontrolle der Abzüge. Unter diesen Umständen sei ein fester Abzug ± vorgeschlagen wurden 20 % ± sachgerecht.
III. Die Revision der Klägerin führt danach zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit in dem festgesetzten Gesamtvertrag ein Gesamtvertragsrabatt vorgesehen und eine Pauschalierung der Abzüge abgelehnt worden ist. Soweit es um den Gesamtvertragsrabatt geht, wird darüber hinaus auch die Festsetzung der einzelnen Vergütungssätze von der Aufhebung erfaût. Denn bei der erneut vor-
zunehmenden Festlegung der entsprechenden gesamtvertraglichen Bestimmungen müssen alle gedanklichen Möglichkeiten für eine angemessene Regelung offenstehen. In Betracht kommen insofern neben der Heilung des Begründungsmangels , unter dem das angefochtene Urteil leidet, eine Heraufsetzung der Vergütungssätze oder eine Streichung des Rabatts.
Da die in der Vertragsfestsetzung liegende Rechtsgestaltung dem Tatrichter vorbehalten ist, ist die Sache zur erneuten Festsetzung des von der Aufhebung betroffenen Teils des Gesamtvertrages an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Was die Frage des Gesamtvertragsrabatts angeht, wird im wiedereröffneten Verfahren vor dem Oberlandesgericht zunächst zu klären sein, ob ± wie die Klägerin geltend gemacht hat ± der Gesamtvertrag mit den Beklagten für die Klägerin ähnliche Vorteile bietet wie der Gesamtvertrag mit der Nutzervereinigung der ARD-Anstalten. Ist diese Frage zu bejahen, wird zu erwägen sein, in welcher Weise der bestehende Widerspruch ± hier ein mittlerer Vergütungssatz von 4,52 %, von dem der Gesamtvertragsrabatt von 20 % noch abzuziehen ist, dort derselbe Vergütungssatz, in den ein entsprechender Rabatt bereits eingerechnet ist ± aufgelöst werden kann. Da eine Streichung des Rabatts, der eine wichtige Funktion erfüllt und auch sonst in Gesamtverträgen üblich ist, nicht ernsthaft in Betracht kommen wird, kann dies auf zweierlei Weise geschehen: zum einen dadurch , daû der Anspruch der Gleichbehandlung öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunkanstalten aufgegeben wird, oder zum anderen dadurch, daû im vorliegenden Gesamtvertrag die Vergütungssätze heraufgesetzt werden. Letzteres müûte nicht in einem Schritt erfolgen; zu erwägen wäre auch eine stufenweise Anpassung, die sich etwa über die (Mindest-)Laufzeit des Gesamtvertrages erstrecken könnte.
Was die Frage der Pauschalierung der Abzüge angeht, gibt der Senat aufgrund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung folgendes zu bedenken: Grundlage für die Berechnung der der Klägerin zustehenden angemessenen Vergütung sollten die den Sendeunternehmen tatsächlich zuflieûenden Beträge sein. Dies bedeutet, daû die in Rede stehenden Abzüge nicht einheitlich einer Pauschalierung unterworfen werden sollten. Rabatte und Skonti mindern unmittelbar den Preis der Radiowerbung; es spricht daher viel dafür, diese Abzüge unbeschränkt zuzulassen und keiner Pauschalierung oder Deckelung zu unterwerfen. Soweit es üblich ist, daû die Sendeanstalten die Provisionen übernehmen, die die im Rundfunk werbenden Unternehmen ihren Werbeagenturen schulden (sog. Agentur-Vergütungen), mindern sich hierdurch ebenfalls die Einnahmen des Sendeunternehmens , so daû auch insoweit ein Abzug nicht als unangemessen angesehen werden könnte; denn in der Übernahme derartiger (fremder) Kosten durch die Sendeunternehmen liegt eine ± vom Markt diktierte ± Minderung des Preises, den die Sendeunternehmen für die Radiowerbung erzielen können. Dagegen sind die Handelsvertreterprovisionen und die Einbehalte der sogenannten RadioKombis Vermarktungskosten der Sendeunternehmen. Zwar mag es üblich geworden sein, diese Kosten bei der Ermittlung der Werbeerlöse ebenfalls in Abzug zu
bringen. Hier spricht jedoch vieles für eine Begrenzung oder Pauschalierung, damit die Grundlage für die Berechnung der Vergütung nicht allein durch organisatorische Maûnahmen der Sendeunternehmen geschmälert werden kann.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert
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Annotations
Die in den §§ 74 und 75 bezeichneten Rechte erlöschen mit dem Tode des ausübenden Künstlers, jedoch erst 50 Jahre nach der Darbietung, wenn der ausübende Künstler vor Ablauf dieser Frist verstorben ist, sowie nicht vor Ablauf der für die Verwertungsrechte nach § 82 geltenden Frist. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen. Haben mehrere ausübende Künstler gemeinsam eine Darbietung erbracht, so ist der Tod des letzten der beteiligten ausübenden Künstler maßgeblich. Nach dem Tod des ausübenden Künstlers stehen die Rechte seinen Angehörigen (§ 60 Abs. 2) zu.
Wird ein erschienener oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachter Tonträger, auf den die Darbietung eines ausübenden Künstlers aufgenommen ist, zur öffentlichen Wiedergabe der Darbietung benutzt, so hat der Hersteller des Tonträgers gegen den ausübenden Künstler einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an der Vergütung, die dieser nach § 78 Abs. 2 erhält.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.
(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.
(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.
(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen
- 1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder - 2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder - 3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.
(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.