Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2015 - 5 StR 578/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen; er hat jedoch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu tragen.
- Von Rechts wegen -
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt.
- 2
- Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, die das Verfahren beanstandet und die allgemeine Sachrüge erhebt, hat keinen Erfolg.
- 3
- 1. Soweit mit dem Rechtsmittel gerügt wird, das gegen den Dolmetscher gerichtete Befangenheitsgesuch sei von der Jugendkammer zu Unrecht zurückgewiesen worden, kann es nicht durchdringen. Die Rüge ist unzulässig erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). In der Revisionsbegründungsschrift ist vorgetragen worden, im Verfahren über das Ablehnungsgesuch sei der Dol- metscher nicht angehört worden. Aus der den entsprechenden Protokollauszug enthaltenden Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft ergibt sich indes, dass neben den Prozessbeteiligten auch der Dolmetscher Gelegenheit zur Stellung- nahme zu dem Ablehnungsgesuch erhalten und „seine Stellungnahme dem Angeklagten in die arabische Sprache“übersetzt hat. Dieser Verfahrensgang deckt sich mit der unwidersprochen gebliebenen Stellungnahme der Jugendkammervorsitzenden vom 21. Oktober 2014. Unter diesen Umständen entspricht das Rügevorbringen schon nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2005 – 1 StR 202/05, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweisantragsrecht 8). Im Übrigen wäre auch die Mitteilung des Inhalts der Stellungnahme zur Beurteilung des Verfahrensablaufs erforderlich gewesen, weil sich aus ihr eine Deutung des Verhaltens und der Äußerungen des Dolmetschers hätte ableiten lassen können, die die in Frage stehende Entscheidung des Landgerichts hätte rechtfertigen können.
- 4
- 2. Die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) ist nicht zulässig erhoben worden. Die Revision hat nicht dargetan, aufgrund welcher Umstände das Gericht sich zu der Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.
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- 3. Das Urteil hält schließlich sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
Berger Bellay
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Annotations
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.