Bundesgerichtshof Urteil, 13. Aug. 2003 - 5 StR 286/03

published on 13/08/2003 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Aug. 2003 - 5 StR 286/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
5 StR 286/03

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 13. August 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
13. August 2003, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin L ,
Rechtsanwalt D
als Verteidiger,
Rechtsanwältin K
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. November 2002 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tat- einheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten bleibt erfolglos. Staatsanwaltschaft und Nebenklägerin haben ihre Revisionen vor Beginn der Hauptverhandlung zurückgenommen.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte vergewaltigte die Nebenklägerin anläßlich einer Besichtigung ihrer Wohnung, an welcher er Interesse als Nachmieter vorgegeben hatte: Er drückte die Frau auf eine Matratze, entkleidete sie und führte mit ihr gegen ihren Willen gewaltsam den Geschlechtsverkehr aus. Die erhebliche Intensität des lange andauernden Sexualakts führte zu massiven
Unterleibsverletzungen der Nebenklägerin. Der Angeklagte hatte ihre Verletzung zu Beginn des Geschlechtsverkehrs bewußt in Kauf genommen. Er ließ sich von dessen weiterer Durchführung auch nicht dadurch abbringen, daß die vor Schmerzen schreiende Frau stark blutete und sich mehrfach übergeben mußte.
Nach am ersten Hauptverhandlungstag begonnener Zeugenvernehmung der Nebenklägerin hat der Angeklagte den Tathergang am zweiten Hauptverhandlungstag gestanden; dem war im Rahmen einer Absprache zur Verfahrensbeendigung die Zusage einer Strafobergrenze von fünf Jahren Freiheitsstrafe durch die Strafkammer vorausgegangen. Vor Beginn der Zeugenvernehmung der Nebenklägerin am ersten Hauptverhandlungstag war der Angeklagte auf den Vorschlag einer Verständigung, wonach ihm für den Fall der Vermeidung einer Zeugenvernehmung der Nebenklägerin eine Strafobergrenze von vier Jahren Freiheitsstrafe zugesichert werden sollte, noch nicht eingegangen. Er hatte sich zunächst dahin eingelassen, die Nebenklägerin habe freiwillig mit ihm sexuell verkehrt; ihre Verletzungen habe er versehentlich verursacht.

II.


Die Revision des Angeklagten ist ungeachtet seiner Zustimmung zur einverständlichen Sacherledigung nicht etwa insgesamt unzulässig (vgl. BGHSt 43, 195; 45, 227), indes unbegründet.
1. Die Verfahrensrügen versagen. Dabei bedarf die Frage keiner Vertiefung , ob aus der Mitwirkung des Angeklagten an der Verfahrensabsprache durchgreifende Zweifel an der Statthaftigkeit einzelner Rügen hergeleitet werden könnten.

a) Die Rüge aus § 338 Nr. 5 StPO scheitert an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision hat es unterlassen, den Antrag der Vertreterin der Ne-
benklägerin auf vorübergehende Entfernung des Angeklagten nach § 247 StPO und das darin in Bezug genommene ärztliche Attest vollständig vorzutragen. Deren Kenntnis wäre für eine umfassende Beurteilung der – im übrigen , soweit sonst ersichtlich, rechtsfehlerfrei angenommenen – Voraussetzungen des § 247 Satz 2 StPO unerläßlich. Zudem verschweigt die Revision, die insbesondere die Zurückweisung von Einwänden der Verteidigung am zweiten Verhandlungstag gegen die fortdauernde Anwendung des § 247 StPO beanstandet, daß es zu einer solchen Verfahrensweise anschließend – mangels Fortsetzung der Zeugenvernehmung der Nebenklägerin nach dem Geständnis des Angeklagten – gar nicht mehr gekommen ist.

b) Die Rüge aus § 338 Nr. 6 StPO scheitert insgesamt an § 171b Abs. 3 GVG, § 336 Satz 2 StPO. Außerdem beanstandet die Revision auch insoweit insbesondere die Zurückweisung der gegen den Öffentlichkeitsausschluß erhobenen Einwände der Verteidigung am zweiten Verhandlungstag, verschweigt indes, daß die Öffentlichkeit danach gar nicht mehr ausgeschlossen worden ist, da die Zeugenvernehmung der Nebenklägerin anschließend nicht fortgesetzt wurde.

c) Die Verständigungspraxis der Strafkammer steht im Einklang mit den Grundsätzen von BGHSt 43, 195, 207 f. Sie erweist sich in Verfahren der hier vorliegenden Art als besonders sachgerecht, in denen ein hinreichendes Geständnis des Angeklagten der durch ein gegen die sexuelle Selbstbestimmung gerichtetes Gewaltverbrechen Geschädigten eine stark belastende Aussage ersparen soll. Die gegen die Verfahrensweise der Strafkammer vorgebrachten, auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Einwände der Revision sind haltlos (vgl. auch BGH NStZ 1999, 571, 572).

d) Nach dem Geständnis des Angeklagten war die Strafkammer nach § 244 Abs. 2 StPO ersichtlich nicht mehr gehalten, die von der Verteidigung beantragten Beweise zu erheben; der zuvor gefaßte gegenteilige Beschluß war durch die veränderte Verfahrenssituation prozessual überholt. Dem ver-
änderten Prozeßverhalten von Angeklagtem und Verteidigern war schlüssig der Verzicht auf die am ersten Verhandlungstag gestellten Beweisanträge zu entnehmen.
2. Schuldspruch und Rechtsfolgenausspruch sind frei von sachlichrechtlichen Fehlern zum Nachteil des Angeklagten. Die – in den Einzelheiten nicht einmal erheblichen – Feststellungen zur Tatdauer widerstreiten keinem Erfahrungssatz. Die erheblichen Tatfolgen für die Nebenklägerin waren selbstverständlich strafschärfend zu berücksichtigen. Die ersichtlich unter der Schwelle des § 21 StGB liegende alkoholische Beeinträchtigung des Angeklagten wurde strafmildernd bewertet (UA S. 11). Die verletzende Art der Befragung der Nebenklägerin durch die Verteidigung hat die Strafkammer ausdrücklich nicht strafschärfend gewertet (UA S. 13); aus der nicht zu beanstandenden Begründung der Strafzumessung kann Gegenteiliges nicht hergeleitet werden. Daß die Strafkammer am ersten Verhandlungstag eine niedrigere Strafobergrenze in Aussicht gestellt hatte, war fraglos sachgerecht, da zu diesem Zeitpunkt noch die Chance bestand, der Nebenklägerin die Zeugenvernehmung gänzlich zu ersparen; damit wäre ein erheblich gewichtigerer Strafmilderungsgrund zum Tragen gekommen.

III.


Obgleich die Voraussetzungen des – von Landgericht und Staatsanwaltschaft in erster Instanz ersichtlich übersehenen – Qualifikationstatbestandes des § 177 Abs. 4 Nr. 2 lit. a StGB nach den Urteilsfeststellungen erfüllt sind, sieht sich der Senat hier zu einer entsprechenden Schuldspruchänderung zum Nachteil des Angeklagten (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4), der das Verschlechterungsverbot nicht entgegenstünde (vgl. Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18), nach der in der Hauptverhandlung erster Instanz gefundenen Verständigung nicht veranlaßt.
Es ist nicht angezeigt, den Angeklagten entgegen § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO von den notwendigen Auslagen der Nebenklägerin im Blick auf die von dieser ursprünglich selbst auch eingelegten Revision freizustellen (vgl. Meyer -Goßner, StPO 46. Aufl. § 473 Rdn. 11), da die Nebenklägerin ihr Rechtsmittel mehr als eine Woche vor Beginn der Hauptverhandlung zurückgenommen hat.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal
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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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published on 29/10/2003 00:00

5 ARs 61/03 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 29. Oktober 2003 in den Strafsachen gegen 1. 2. wegen Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz hier: Anfragebeschluß vom 24. Juli 2003 – 3 StR 368 und 415/02 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
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Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Das Gericht kann anordnen, daß sich der Angeklagte während einer Vernehmung aus dem Sitzungszimmer entfernt, wenn zu befürchten ist, ein Mitangeklagter oder ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen. Das gleiche gilt, wenn bei der Vernehmung einer Person unter 18 Jahren als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten ein erheblicher Nachteil für das Wohl des Zeugen zu befürchten ist oder wenn bei einer Vernehmung einer anderen Person als Zeuge in Gegenwart des Angeklagten die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für ihre Gesundheit besteht. Die Entfernung des Angeklagten kann für die Dauer von Erörterungen über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten angeordnet werden, wenn ein erheblicher Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Der Vorsitzende hat den Angeklagten, sobald dieser wieder anwesend ist, von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, eines Zeugen oder eines durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Absatz 1 Nummer 5 des Strafgesetzbuchs) Verletzten zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde. Das gilt nicht, soweit das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt. Die besonderen Belastungen, die für Kinder und Jugendliche mit einer öffentlichen Hauptverhandlung verbunden sein können, sind dabei zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei volljährigen Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch die Straftat verletzt worden sind.

(2) Die Öffentlichkeit soll ausgeschlossen werden, soweit in Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184k des Strafgesetzbuchs) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuchs), wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuchs) oder wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuchs ein Zeuge unter 18 Jahren vernommen wird. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3) Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 vorliegen und der Ausschluss von der Person, deren Lebensbereich betroffen ist, beantragt wird. Für die Schlussanträge in Verfahren wegen der in Absatz 2 genannten Straftaten ist die Öffentlichkeit auszuschließen, ohne dass es eines hierauf gerichteten Antrags bedarf, wenn die Verhandlung unter den Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 oder des § 172 Nummer 4 ganz oder zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 darf die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werden, soweit die Personen, deren Lebensbereiche betroffen sind, dem Ausschluss der Öffentlichkeit widersprechen.

(5) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 bis 4 sind unanfechtbar.

Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch die Entscheidungen, die dem Urteil vorausgegangen sind, sofern es auf ihnen beruht. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die ausdrücklich für unanfechtbar erklärt oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.