Bundesgerichtshof Urteil, 08. Aug. 2001 - 5 StR 252/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Anstiftung zur Brandstiftung freigesprochen. Die hiergegen gerichtete – vom Generalbundesanwalt vertretene – Revision der Staatsanwaltschaft, die eine Verfahrensrüge und die allgemeine Sachrüge erhebt, bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht hat festgestellt, daß der Zeuge T am 17. Oktober 1991 mit einem Mittäter die Diskothek “O ” in Northeim, deren Mitinhaber der Angeklagte in früheren Jahren gewesen war, in Brand setzte. Es hat sich jedoch nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte den Zeugen T hierzu angestiftet hätte.
I.
Die Rügen, das Landgericht habe gegen das Beweisantragsrecht (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) verstoßen, sind unbegründet. Der Ausführung bedarf nur folgendes:
Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, die Eltern des Zeugen T zu folgender Beweisbehauptung zu vernehmen: Der Angeklagte habe die Eltern nach der Verhaftung ihres Sohnes aufgesucht und erklärt, er werde die Verteidigerkosten übernehmen.
Das Landgericht hat diesen Beweisantrag rechtsfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt, daß die Beweistatsache für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung sei. Es hat ausgeführt, “selbst wenn feststände”, daß der Angeklagte die Verteidigerkosten hätte übernehmen wollen, würde das Landgericht hieraus nicht den Schluß ziehen, der Angeklagte habe mit dem Ziel gehandelt, zu verhindern, daß der Zeuge T ihn, den Angeklagten, als Anstifter belaste, und im Ergebnis nicht auf die dem Angeklagten vorgeworfene Tat schließen. Dies hat das Landgericht in Einzelheiten mit dem Ergebnis der “bisherigen Beweisaufnahme” begründet. Damit hat das Landgericht die Bestätigung der Beweisbehauptung durch die benannten Zeugen seiner Gesamtschau der Beweislage zugrundegelegt. Insofern liegt der Fall anders als der der Senatsentscheidung BGH NJW 1997, 2762 zugrundeliegende Fall.
Soweit die Beschwerdeführerin in die Darstellung ihrer Rechtsansicht einflicht, es sei bei der behaupteten Erklärung des Angeklagten, die Kosten der Verteidigung für T übernehmen zu wollen, um eine Summe “im wenigstens fünfstelligen Bereich” gegangen, ist zu bemerken, daß dies nicht zu der im Beweisantrag enthaltenen Beweisbehauptung gehörte.
Auch enthält das Urteil keinen Widerspruch zu der Bescheidung des Beweisantrages. Das Landgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte nach der Verhaftung des T den Vater dieses seines Freundes aufsuchte, um sich nach dessen Situation zu erkundigen. Die Verständigung mit dem kaum Deutsch sprechenden Vater war äußerst problematisch. Der Vater gab jedoch zu verstehen, daß er vom Angeklagten 20.000 DM Kaution haben wolle , damit sein Sohn freikomme. Darauf ging der Angeklagte jedoch nicht ein (UA S. 8). Zum einen ist mit diesen Feststellungen, die der Einlassung des Angeklagten (UA S. 17) entsprechen, die Beweisbehauptung, der Angeklagte habe gegenüber den Eltern des T erklärt, er werde die Verteidigerkosten übernehmen, nicht unvereinbar. Zum anderen geht die Ansicht der Beschwerdeführerin fehl, die Bedeutung der Beweistatsache folge daraus, daß das Landgericht in den Urteilsgründen überhaupt Ausführungen zu dem Besuch des Angeklagten bei den Eltern des T (UA S. 8, 17) gemacht habe.
II.
Schließlich bleibt die – allgemein erhobene – Sachrüge ohne Erfolg. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei umfassend dargetan, weshalb es dem Zeugen T insoweit nicht geglaubt hat, als dieser nunmehr – im Widerspruch zu verschiedenen früheren Angaben – den Angeklagten als seinen Anstifter bezeichnet hat.
Für eine sachlichrechtlich zu beanstandende Lückenhaftigkeit des Urteils ist nichts ersichtlich, insbesondere nicht im Blick auf eine unterbliebene Vernehmung des Vaters des Zeugen T . Ein Mangel, der in einer unterbliebenen Beweiserhebung gefunden wird, muß regelmäßig mit einer Auf-
klärungsrüge gerügt werden, die umfänglichen Sachvortrag zur relevanten Aktenlage im Zusammenhang mit dem vermißten Beweismittel fordert. Eine solche hat die Beschwerdeführerin nicht erhoben.
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Annotations
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.