Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2019 - 3 StR 242/19

published on 14/11/2019 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2019 - 3 StR 242/19
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 242/19
vom
14. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:141119U3STR242.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. November 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. März 2019 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Dem Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, ist der Erfolg zu versagen.

I.


2
Nach den Feststellungen übernahm die Angeklagte von einem Dritten einen für diesen Zweck besonders präparierten Koffer, der 900 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 675 g Cocainhydrochlorid enthielt. In dem Wissen, dass sie Kokain transportierte und damit den Rauschgifthandel von Hinterleuten in Deutschland und Australien unterstützte, verbrachte sie den Koffer nach Australien, wo sie ihn einem nicht identifizierten Kontaktmann übergab. Für ihre Kuriertätigkeit erhielt die Angeklagte 1.500 €. Außerdem wurden ihre Reisekosten ersetzt.
3
Bei der Strafzumessung ist das Landgericht vom Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG ausgegangen. Einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG hat es nach einer Gesamtabwägung abgelehnt. Dabei hat es zugunsten der Angeklagten gewertet, dass die Angeklagte nicht vorbestraft ist, ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, sich um die Aufklärung der Tat über ihren eigenen Tatbeitrag hinaus bemüht hat, zum Tatzeitpunkt noch sehr jung war, im Vergleich zu den Gewinnmargen der Hinterleute einen geringen Vorteil erlangte und die Tat zum Urteilszeitpunkt bereits zwei Jahre zurücklag. Zu ihren Lasten hat es berücksichtigt, dass die Angeklagte eine Betäubungsmittelmenge in Besitz hatte, die die Grenze zur nicht geringen Menge um das 134fache überstieg und die Tat die harte, besonders gefährliche Droge Kokain betraf. Auch habe sie zwei Straftatbestände verwirklicht. Es habe sich zudem um eine besonders professionell betriebene Schmuggeloperation gehandelt. Unter Berücksichtigung der genannten Strafzumessungskriterien hat die Strafkammer dann eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt. Diese hat sie im Hinblick auf die günstige Prognose und besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt.

II.


4
Die Strafzumessung durch das Landgericht hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
5
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe es ist, auf Grund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN).
6
2. Nach diesen Maßstäben ist aus den in der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen ein revisionsrechtlich bedeutsamer Fehler der Strafbemessung nicht ersichtlich. Ergänzend ist zu bemerken, dass der Staatsanwaltschaft dahin zuzustimmen ist, dass bei Betäubungsmitteldelikten Art und Menge des Rauschgifts regelmäßig den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich prägen und deshalb als bestimmende Gründe in die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts einzustellen sind. Gleichwohl verlieren die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nach den §§ 46 ff. StGB im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität nicht ihre Bedeutung. Danach ist auch bei Rauschgiftgeschäften die Strafe nach dem Maß der individuellen Schuld zuzumessen. Eine reine "Mengenrechtsprechung" wäre mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren (BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 3 StR 28/11, NStZ-RR 2011, 284 f.).
Schäfer Spaniol Tiemann
Berg Hoch
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 01/03/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 28/11 vom 1. März 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubgungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführ
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.