Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2013 - 3 StR 128/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 27 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, eine Einziehungsentscheidung getroffen und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 15.600 € angeordnet. Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
- 2
- 1. Die Verfahrensbeanstandungen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
- 3
- 2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachbeschwerde hat zum Schuldspruch, zu den verhängten Einzelstrafen sowie zur Einziehung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.
- 4
- Dies gilt im Ergebnis auch für den Gesamtstrafenausspruch. Das Landgericht hat davon abgesehen, eine früher durch Beschluss gebildete Gesamtgeldstrafe aufzulösen und die der Gesamtgeldstrafe zugrunde liegenden Einzelstrafen in die gegenständliche Gesamtstrafe einzubeziehen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es (lediglich) ausgeführt, es sei zur Einwirkung auf den Angeklagten erforderlich, dass Geld- und Freiheitsstrafe nebeneinander bestehen bleiben. Dies führt nicht dazu, dass der Ausspruch über die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben wäre.
- 5
- Dahinstehen kann dabei, ob - wie der Generalbundesanwalt meint - die Begründung dieser - gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1, § 55 Abs. 1 StGB grundsätzlich zulässigen - Entscheidung hier unzureichend ist, weil das Landgericht nicht erörtert hat, dass die früher gebildete Gesamtgeldstrafe teilweise in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt worden ist und diese zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils - in Unterbrechung der im hiesigen Verfahren angeordneten Untersuchungshaft - vollstreckt wurde. Denn eine Einbeziehung der Einzelstrafen, aus denen durch den Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 9. März 2012 nachträglich eine Gesamtgeldstrafe gebildet wor- den ist, wäre nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nach § 55 StGB ohnehin nicht in Betracht gekommen. Aus dem Umstand, dass aus den durch Strafbefehl des Amtsgerichts Potsdam vom 16. März 2010 sowie durch Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt/Oder vom 4. April 2011 verhängten Geldstrafen nachträglich eine Gesamtgeldstrafe gebildet worden ist, ergibt sich vorliegend - auch ohne die ausdrückliche Feststellung der zugehörigen Tatzeiten durch das Landgericht - hinreichend sicher, dass die dem (2.) Strafbefehl vom 4. April 2011 zugrunde liegende Straftat vor dem (1.) Strafbefehl vom 16. März 2010 begangen worden ist, mithin der Strafbefehl vom 16. März 2010 hinsichtlich einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung von rechtskräftigen, noch nicht erledigten Vorstrafen mit den gegenständlichen Einzelstrafen eine Zäsur bildet. Da sämtliche durch das angefochtene Urteil abgeurteilte Taten ab Ende August 2010, mithin nach Erlass des die Zäsur bildenden Strafbefehls begangen worden sind, wäre die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe aus den hier verhängten Einzelfreiheitsstrafen und den beiden früheren Geldstrafen gemäß § 55 Abs. 1 StGB rechtlich nicht zulässig gewesen. Der Gesamtstrafenausspruch hat somit Bestand.
- 6
- Der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz in Höhe von 15.600 € kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: "... die Verfallsanordnung erweist sich als rechtsfehlerhaft. Nach § 73 Abs. 1 S. 1 StGB hat das Gericht zwingend den Verfall anzuordnen , wenn der Täter eine rechtswidrige Tat begangen und für sie oder aus ihr etwas erlangt hat. Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus anderen Gründen nicht möglich ist, tritt gemäß § 73 a StGB der Verfall des Wertersatzes an die Stelle des Erlangten. Die Abschöpfung erfolgt nach dem Bruttoprinzip, wonach grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat, für verfal- len zu erklären ist (vgl. Senat BGHR StGB § 73 Erlangtes 11 sowie Urteil vom 4. März 2010 - 3 StR 559/09, juris). Daran gemessen begegnen die Ausführungen des Landgerichts schon zur Höhe des aus den Taten Erlangten durchgreifenden Bedenken. Die Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte im Fall II. 36 im voraus entlohnt worden ist. Auch die Feststellungen zu den vorangegangenen Fällen lassen diesen Schluss nicht zu (vgl. insbesondere Fall II. 29 (UA S. 40) und II. 32 (UA S. 42)). Nur dann aber wäre - wie geschehen - auch die letzte Tat bei der Berechnung des aus der Tat Erlangten zu berücksichtigen gewesen. Unzureichend sind auch die Ausführungen zu den Voraussetzungen des § 73 c StGB. Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht zugänglich. Allerdings kann mit der Revision die rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals 'unbillige Härte' beanstandet werden (vgl. BGHR StGB § 73 c Härte 11). Daran gemessen ermöglichen die floskelhaften Ausführungen des Landgerichts, mit denen es die Voraussetzungen des § 73 c StGB abgelehnt hat (vgl. UA S. 95), nicht die revisionsgerichtliche Überprüfung, ob es den Begriff der unbilligen Härte nach § 73 c Abs. 1 S. 1 StGB richtig angewandt und sein Ermessen nach § 73 c Abs. 1 S. 2 StGB fehlerfrei ausgeübt hat. Denn das Urteil enthält keine Feststellungen dazu, wie sich die Anordnung des Verfalls konkret auf das Vermögen des Angeklagten auswirkt. Diese Feststellungen zu treffen wäre hier aber veranlasst gewesen (vgl. BGHR StGB § 73 c Erörterungsbedarf 1 und Härte 3). Zu den gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten teilt das Landgericht mit, dass der Angeklagte Vater eines dreijährigen Kindes ist, seit sechs Jahren Sozialleitungen bezieht (UA S. 17) und gegenwärtig eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt (UA S. 18). Er verfügte nach den Urteilsausführungen zwar über einen PKW. Mit Ausnahme des Fabrikats und Typs sind dem Urteil jedoch keine weiteren Angaben zu entnehmen, die valide Rückschlüsse auf dessen Verkehrswert zuließen. Weshalb die Verfallsanordnung in der erkannten Höhe weder die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten gefährdet noch das Übermaßverbot verletzt, erschließt sich daher nicht."
- 7
- Dem schließt sich der Senat an.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat