Bundesgerichtshof Urteil, 03. Aug. 2011 - 2 StR 190/11

published on 03/08/2011 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 03. Aug. 2011 - 2 StR 190/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 190/11
vom
3. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. August
2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Dr. Berger,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen wurde,
b) im Strafausspruch, insoweit zugunsten des Angeklagten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und zwei Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 11. Mai 2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, mit der Sachrüge begründeten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft namentlich gegen die vom Landgericht abgelehnte Anordnung der Sicherungsverwahrung. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung und - insoweit zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - des gesamten Strafausspruchs.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der zur Tatzeit 44jährige Angeklagte seit vielen Jahren alkoholabhängig.
3
a) Bereits vor der Anlassverurteilung verurteilte ihn das Landgericht Aachen im Jahre 1999 wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren , die er bis März 2008 verbüßte. Die wegen der Alkoholabhängigkeit des Angeklagten zugleich angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde von 1999 bis 2002 erfolglos vollzogen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte am 28. Dezember 1998 mit dem späteren Tatopfer zunächst über Stunden hinweg große Mengen Alkohol konsumiert hatte, bis sie schließlich in Streit geraten waren. Im Verlaufe dessen hatte der Angeklagte über einen längeren Zeitraum derart brutal und heftig auf das am Boden liegende Tatopfer eingeschlagen und -getreten, dass dieses kurze Zeit später an seinen Verletzungen verstorben war.
4
Am 11. Mai 2010 verurteilte ihn das Amtsgericht Aachen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Dem lag zugrunde, dass er wenige Monate nach seiner Haftentlassung zu seiner Freundin in deren Wohnung gezogen war. Ungefähr zeitgleich hatte er begonnen, wieder regelmäßig Alkohol zu trinken und infolge dessen ohne nachvollziehbaren Anlass zunehmend aggressiver zu reagieren. Am 24. Januar 2009 hatte er im stark betrunkenen Zustand nach einem Streit einen Stuhl nach der Tochter seiner Lebensgefährtin geworfen. Anschließend hatte er seiner Lebensgefährtin mehrfach ins Gesicht geschlagen, die nunmehr Flüchtende zu Boden gestoßen und ihr mit beschuhten Füßen mehrfach und mit erheblicher Wucht in den Bauch und gegen die Beine getreten.
5
b) Nach den zur Sache getroffenen Feststellungen kam es auch in der anschließenden Beziehung des Angeklagten zu der später Geschädigten K. vor allem deshalb zu Streitigkeiten, weil der Angeklagte infolge seines Alkoholkonsums zu Aggressionen neigte. Am 7. März 2010 fühlte er sich durch eine Bemerkung der Geschädigten provoziert, weshalb er mit Händen und Fäusten zunächst auf deren Körper und Kopf einschlug. Nachdem die flüchtende Geschädigte infolge weiterer Schläge schließlich zu Boden gegangen war, trat der Angeklagte - ohne dass Feststellungen zur Art seines Schuhwerks getroffen werden konnten - mindestens zwei Mal mit dem beschuhten Fuß auf sie ein. Die Kammer hat weiter festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seiner zur Tatzeit erheblichen Alkoholisierung in Verbindung mit der bei ihm aufgrund seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit bereits eingetretenen Persönlichkeitsdepravation nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Für diese Tat hat sie eine Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt.
6
c) Von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Satz 1 StGB hat die Kammer abgesehen. Die vorliegende Tat gehe zwar auf einen Hang des Angeklagten, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, zurück, und dieser Hang begründe auch die Gefahr künftiger erheblicher Straftaten. Eine Entziehungstherapie sei jedoch aufgrund der bei dem Angeklagten bereits eingetretenen alkoholbedingten Persönlichkeitsdepravation nicht erfolgversprechend. Er sei abstinenzunfähig und nicht in der Lage, seine Alkoholabhängigkeit als Problem zu erkennen und entsprechend zu handeln.
7
Die sachverständig beratene Strafkammer hat - ohne Ausführungen zu den formellen Voraussetzungen zu machen - eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung abgelehnt, weil bei dem Angeklagten ein Hang zur Begehung erheblicher Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. nicht vorliege. Es bestehe zwar das Risiko, dass der Angeklagte auch weiterhin alkoholbedingt Straftaten wie die bereits verübten begehen werde und daher für die Allgemeinheit gefährlich sei. Die zu erwartenden Straftaten beruhten indes nicht auf einem bestehenden eingeschliffenen inneren Zustand bzw. einer auf charakterlicher Anlage beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung zu Rechtsbrüchen, sondern stellten sich - wie auch die früheren Taten - "jeweils in Verbindung mit der Erkrankung des Angeklagten als situativ entstandene und eskalierte Konflikt- bzw. Spontantaten dar", die eine Hangtäterschaft gerade nicht begründeten (UA S. 21).
8
2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. zu Grunde gelegt hat.
9
Die Strafkammer hat nicht bedacht, dass für die Annahme eines Hanges ein "dauerhafter Entschluss", Straftaten zu begehen, nicht erforderlich ist. Vielmehr kann eine entsprechende, in der Persönlichkeit liegende Neigung auch bei sog. Gelegenheits- und Augenblickstaten zu bejahen sein, denn auch solche Taten können auf einem eingeschliffenen Verhaltensmuster beruhen und damit Ausfluss eines inneren Hanges zu Straftaten sein (BGH NStZ-RR 2010, 238, 239). Entscheidend ist - und damit hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt -, ob frühere Taten einen symptomatischen Charakter aufweisen und damit Indizwert für das Vorliegen eines gefährlichen Hanges haben (Fischer StGB 58. Aufl. § 66 Rn. 24). Auf die Ursache für das eingeschliffene Verhaltensmuster kommt es dabei nicht an (vgl. Senat, Urteil vom 11. September 2002 - 2 StR 193/02; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 11, BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09; vgl. auch Fischer aaO § 66 Rn. 25 mwN). Einen Hang kann auch haben, wer willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht genügend widerstehen kann (BGH NStZ 2003, 310, 311; NStZ-RR 2003, 107, 108) oder wer aufgrund erhöhter Aggressionsbereitschaft dazu neigt, mit einer strafbaren Handlung auf einen äußeren Tatanstoß zu reagieren (BGH NStZ 1994, 280; NStZ-RR 2010, 238, 239). Selbst wenn sich eine Suchterkrankung als alleinige Ursache für die Kriminalität eines Täters feststellen lässt, scheidet die Annahme eines Hanges im Sinne des § 66 http://www.juris.de/jportal/portal/t/jz2/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304728705&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - StGB nicht aus (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - 4 StR 210/10). Entsprechend ist auch dann, wenn sich die Straftaten als Ausdruck einer Persönlichkeitsstörung und der damit einhergehenden Neigung zu aggressivem Ausagieren darstellen, ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der abgeurteilten Tat und den die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung begründenden Taten für die Neigung des Angeklagten zur Begehung von erheblichen Straftaten nicht ausgeschlossen (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 238, 239).
10
3. Über die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist daher neu zu entscheiden.
11
a) Die formellen Voraussetzungen für die zwingende Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor. Der Angeklagte wurde zwar zweimal wegen vorsätzlicher Straftaten zu Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr verurteilt ; doch nur die Verurteilung aus 1999 erfolgte vor Begehung der Anlasstat am 7. März 2010. Die Verurteilung wegen der beiden am 24. Januar 2009 begangenen Taten erfolgte erst mit Urteil vom 11. Mai 2010, weshalb es an der für § 66 Abs. 1 StGB notwendigen Feststellung der kriminellen Intensität des Täters fehlt, die verlangt, dass er mindestens zweimal die Warnfunktion eines Strafurteils missachtet haben muss (BGHSt 52, 225, 226; 35, 6, 12; vgl. Rissing-van Saan LK StGB 12. Aufl. § 66 Rn. 49).
12
Nach den Urteilsfeststellungen sind aber die formellen Voraussetzungen nach § 66 Abs. 2 StGB a.F. erfüllt. Der Angeklagte hat wegen drei vorsätzlicher Taten - der hier abgeurteilten Tat und zwei gesamtstrafen fähiger Taten - Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und zwei Jahren verwirkt und ist wegen dieser Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von über drei Jahren verurteilt worden. Dem steht nicht entgegen, dass in die Gesamtstrafe bereits abgeurteilte Straftaten einbezogen wurden. § 66 Abs. 2 StGB a.F. verlangt lediglich, dass der Täter in dem Verfahren, in dem über die Frage der Sicherungsverwahrung zu entscheiden ist, wegen einer Tat verurteilt wird (BGH NStZ 2002, 536, 537).
13
b) Das am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) hat nichts zugunsten des Angeklagten geändert (vgl. § 2 Abs. 6 StGB; Art. 316e Abs. 2 EGStGB). Sowohl bei der Anlasstat als auch bei den beiden Vortaten handelt es sich um Katalogtaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB in der seit dem 1. Januar 2011 wirksamen Fassung (vgl. Art. 316e Abs. 1, 2 EGStGB).
14
c) Eine Anordnung der Sicherungsverwahrung kommt auch unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (NJW 2011, 1931 ff.) aufgestellten Anforderungen an die befristete weitere Anwendung der als verfassungswidrig erklärten Regelungen des Strafgesetzbuchs über die Sicherungsverwahrung noch in Betracht. Danach darf die Anwendung der Regelungen nur noch nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen, und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wird in der Regel nur gewahrt sein, wenn "eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstrafen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten" ist (BVerfG aaO S. 1946).
15
Aufgrund der Urteilsfeststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine entsprechende Gefahrprognose gestellt werden kann. Im Rahmen dessen wird der neue Tatrichter jedoch ergänzend klarstellen müssen, welche konkreten Rechtsgüter gefährdet sind. Die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil lassen nicht mit der notwendigen Klarheit erkennen, ob es seine Prognose, von dem Angeklagten seien auch in Zukunft Straftaten wie die bereits verübten zu erwarten, durch den angebrachten Zusatz, "nämlich speziell (gefährliche) Körperverletzungsdelikte seien zu befürchten", einschränken wollte (UA S. 22).
16
4. Die gebotene Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Sicherungsverwahrung anzuordnen, führt, insoweit zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO), zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann trotz an sich rechtsfehlerfreier Strafzumessungserwägungen nicht ausschließen, dass die verhängte Einzelfreiheitsstrafe und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht zugleich auf Sicherungsverwahrung erkannt hätte (vgl. BGH NJW 1980, 1055, 1056; StV 2002, 480, NStZ-RR 2003, 107, 108).
Fischer Appl Berger Eschelbach Ott
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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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Annotations

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 sowie in Artikel 316f Absatz 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist.

(3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein.

(4) § 1 des Therapieunterbringungsgesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300, 2305) ist unter den dortigen sonstigen Voraussetzungen auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene noch nicht in Sicherungsverwahrung untergebracht, gegen ihn aber bereits Sicherungsverwahrung im ersten Rechtszug angeordnet war und aufgrund einer vor dem 4. Mai 2011 ergangenen Revisionsentscheidung festgestellt wurde, dass die Sicherungsverwahrung ausschließlich deshalb nicht rechtskräftig angeordnet werden konnte, weil ein zu berücksichtigendes Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung dem entgegenstand, ohne dass es dabei auf den Grad der Gefährlichkeit des Betroffenen für die Allgemeinheit angekommen wäre.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.