Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2004 - 1 StR 76/04

published on 06/10/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2004 - 1 StR 76/04
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 76/04
vom
6. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergehens gegen das Ausländergesetz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. Oktober 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 28. August 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten aus rechtlichen Gründen von dem Vorwurf freigesprochen, sich ohne Aufenthaltsgenehmigung und Duldung im Bundesgebiet aufgehalten zu haben. Dagegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


1. Nach den Feststellungen des Landgerichts reiste der Angeklagte, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, am 4. Juli 1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte beim Bundesamt für die Anerkennung ausländi-
scher Flüchtlinge einen Asylantrag. Dieser wurde am 13. August 1997 abgelehnt. In der Folgezeit hielt sich der Angeklagte geduldet im Bundesgebiet auf. Zuletzt stellte die Ausländerbehörde in P. (Landkreis Pr. ) dem Angeklagten eine bis zum 29. Oktober 2002 befristete Duldung aus. Der Angeklagte tauchte nach dem 29. Oktober 2002 unter und hielt sich bis zu seiner Festnahme am 13. Juni 2003 ohne festen Wohnsitz in München auf. Er verfügte nicht über einen Paß oder ein anderes Heimreisedokument seines Heimatstaates. Die Ausländerbehörde in P. teilte unter dem 23. Juni 2003 den Rechtsanwälten des Angeklagten mit, die Abschiebung des Angeklagten sei wegen Paßlosigkeit derzeit nicht möglich; bei Vorsprache werde ihm eine Duldung gemäß § 55 Abs. 2 AuslG erteilt.
2. Das Landgericht hat den Angeklagten aus rechtlichen G ründen freigesprochen. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG werde nur bestraft, wer sich im Bundesgebiet aufhalte, ohne über eine Duldung nach § 55 Abs. 1 AuslG zu verfügen. Hier hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerrechtlichen Duldung im Tatzeitraum vorgelegen; der Angeklagte habe einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung gehabt. Da er weder einen Paß noch ein anderes Heimreisedokument seines Heimatstaates besessen habe, habe er aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können. Eine andere Sicht sei nicht dadurch gerechtfertigt, daß der Angeklagte untergetaucht und für die Behörden nicht erreichbar gewesen sei, sich damit also der behördlichen Prüfung der Duldungsvoraussetzungen entzogen habe. Aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2003 - 2 BvR 397/02 - (Kammer-Beschluß, NStZ 2003, 488 f.) ergebe sich, daß es lediglich auf den Anspruch auf Duldung ankomme. Bestehe ein solcher, sei der Ausländer danach auch dann zu dulden, wenn er die Entstehung des Abschiebungshinder-
nisses oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung zu vertreten habe. Das Bundesverfassungsgericht habe mithin keine Konstellation als vorstellbar erachtet, bei welcher der Ausländer in solchen Fällen keinen Anspruch auf Erteilung der Duldung habe.

II.


Das freisprechende Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerrechtlichen Duldung lagen im Tatzeitraum nicht vor.
Nach der Konzeption des Ausländergesetzes wird ein ausreisepflichtiger Ausländer entweder abgeschoben oder er erhält eine Duldung im Sinne des § 55 Abs. 1 AuslG. Die Systematik des Gesetzes läßt grundsätzlich keinen Raum für einen ungeregelten Aufenthalt des Ausländers (BVerfG, Kammer, NStZ 2003, 488, 489; BVerwGE 105, 232, 236; 111, 62, 65). Dies gilt jedoch nur in denjenigen Fällen, in denen die Ausländerbehörde Kenntnis vom Aufenthalt des Ausländers hat.
1. Die Duldung (§ 55 Abs. 1 AuslG) ist eine unabhängig von einem Antrag des Ausländers gesetzlich vorgeschriebene förmliche Reaktion auf ein Vollstreckungshindernis, wenn sich herausstellt, daß die Abschiebung nicht ohne Verzögerung durchgeführt werden kann oder der Zeitpunkt der Abschiebung ungewiß bleibt (BVerfG, Kammer, NStZ 2003, 488, 489; BVerwGE 105, 232, 236; 111, 62, 66). Der Ausländer hat unter anderem dann einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung, wenn und solange seine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist (§ 55 Abs. 2 AuslG). Er wird
geduldet, indem die Behörde die Abschiebung zeitweise aussetzt (§ 55 Abs. 1 AuslG). Dabei handelt es sich um einen rechtsverbindlichen zeitlich befristeten Verzicht auf die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht (vgl. Nr. 55.1.4 AuslG-VwV vom 28. Juni 2000; Mosbacher in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht Rdn. 413; vgl. auch Nr. 55.1.3 AuslG-VwV: "bewußt und ausdrücklich" verzichtet).
2. Ist der Aufenthalt des Ausländers unbekannt, weil er von vornherein nicht offenbart hat, daß er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist oder weil er später untergetaucht ist, kommt ein Verzicht der Ausländerbehörde auf die Durchsetzung der Ausreisepflicht und eine zeitweise Aussetzung der Abschiebung schon aus systematischen Gründen nicht in Betracht. Die Ausländerbehörde könnte eine etwaige Abschiebung nicht vollziehen (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 57 f.). Sie wäre auch nicht in der Lage, eine tragfähige Entscheidung über die Abschiebung oder die Erteilung einer Duldung zu treffen. Letztere könnte sie dem Ausländer zumeist nicht bekannt geben und ihm die Duldungsbescheinigung nicht erteilen.

a) Die zeitweise Aussetzung der Abschiebung (Duldung, § 55 Abs. 1 AuslG) setzt voraus, daß diese im Falle der Verneinung von Abschiebungshindernissen oder anderen Duldungsgründen tatsächlich auch vollzogen werden könnte. Dies ist nur möglich, wenn der Ausländer für die Ausländerbehörde erreichbar ist. Ausdrücklich von der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht absehen kann die Behörde nur bei jemandem, um dessen Aufenthalt sie weiß und dessen Aufenthaltsort sie kennt. Folgerichtig ist in Nr. 55.1.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz bestimmt, daß dem Ausländer eine Duldung nicht erteilt wird, wenn sein Aufenthalt im Bundesgebiet unbekannt ist. Die Frage eines sogenannten hypothetischen
unbekannt ist. Die Frage eines sogenannten hypothetischen Duldungsanspruches im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellt sich dann nicht. Er kommt nur in Betracht, wenn die Behörde keine Duldung erteilt hat, obwohl nach der ex-ante-Beurteilung sämtliche Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG vorlagen. Dazu gehört, daß die Behörde Kenntnis vom Aufenthalt und vom Aufenthaltsort des Ausländers hatte.

b) Der Ausländerbehörde stehen zudem in diesen Fällen oft nicht sämtliche erforderlichen Entscheidungsgrundlagen für die Erteilung einer Duldung oder deren Versagung zur Verfügung. Der Ausländer, der unbekannten Aufenthalts ist, kann bereits freiwillig ausgereist sein. In diesem Fall wäre eine gegebenenfalls zuvor erteilte Duldung mit der Ausreise erloschen (§ 56 Abs. 4 AuslG). Erteilte die Ausländerbehörde dennoch von Amts wegen erneut eine Duldung, liefe diese ins Leere. Dementsprechend sieht Nr. 55.1.6 Satz 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz vor, daß für eine Duldung nach freiwilliger Ausreise kein Raum ist. Eine erneute Duldung darf dann grundsätzlich nicht erteilt werden. Der Ausländerbehörde bleibt es verwehrt, diese Möglichkeit in ihre Erwägungen mit einzubeziehen und zu prüfen, wenn sie keine Kenntnis davon hat, ob sich der Ausländer überhaupt noch im Bundesgebiet aufhält oder zwischenzeitlich ausgereist ist.

c) Darüber hinaus kann die Duldung eines Ausländers, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet unbekannt ist, zumeist nicht wirksam ausgesprochen werden. Die Duldung ist ein Verwaltungsakt und bedarf der Schriftform (§ 66 Abs. 1 AuslG). Sie ist dem Adressaten bekannt zu geben (vgl. § 41 Abs. 1 VwVfG) und wird erst mit dieser Bekanntgabe wirksam (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Ist der Aufenthaltsort des Ausländers unbekannt und hat er auch kei-
nen Bevollmächtigten bestellt, kann ihm die Ausländerbehörde den Verwaltungsakt nicht bekannt geben. Eine öffentliche Bekanntmachung ist nicht vorgesehen (vgl. § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG). In jedem Falle ist die Behörde gehindert , ihm die gebotene Bescheinigung über die Duldung zu erteilen (§ 56a AuslG; vgl. auch Nr. 56.7.1 AuslG-VwV vom 28. Juni 2000).
4. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2003 (NStZ 2003, 488 f.) sowie die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 105, 232 ff.; 111, 62 ff.) stehen dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Dort ging es um Sachverhalte, in denen die Ausländerbehörde den Aufenthaltsort des Ausländers kannte, so daß sie bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ohne weiteres die Duldung hätte erteilen können, und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer die Entstehung des Abschiebungshindernisses oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung durch Vernachlässigung der Mitwirkungspflicht (§ 70 AuslG) zu vertreten hatte oder nicht. Wenn die Ausländerbehörde gleichwohl keine Duldung erteilte, aber auch nicht abschob , dann lag es praktisch und letztlich in ihrem freien Ermessen, ob sich der Ausländer strafbar machte. Daran hat das Bundesverfassungsgericht in jener Sache seine Bewertung geknüpft, die strafrechtliche Ahndung sei schlechterdings unvertretbar und deshalb von Verfassungs wegen aufzuheben. Vor diesem Hintergrund ist die Formulierung in der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu verstehen, es sei keine Konstellation vorstellbar, in der der Ausländer nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung habe, weil der Ausländer auch zu dulden sei, wenn er die Entstehung des Abschiebungshindernisses oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung zu vertreten habe (BVerfG, Kammer, NStZ 2003, 488, 489). Der rechtlich unerhebliche Umstand, daß der Ausländer das im Gesetz geregelte tatsächliche Abschiebungshinder-
nis zu vertreten hat, ist nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, daß der Ausländer die Erteilung einer Duldung durch sein Untertauchen bewußt verhindert. Anders als in denjenigen Fällen, in denen der Abschiebung ein - unabhängig vom Vertretenmüssen - tatsächliches, gesetzlich geregeltes Hindernis entgegensteht , ist hier die wirksame Erteilung einer Duldung schon von vornherein ebensowenig möglich wie eine Abschiebung.
Dementsprechend wird in denjenigen Teilen der Rechtspr echung und Literatur, die schon vor dem in Rede stehenden Beschluß des Bundesverfassungsgerichts die Auffassung vertreten haben, daß es für die Frage der Strafbarkeit allein auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung, nicht aber auf die tatsächliche Erteilung der Duldung ankomme , stets betont, daß eine Straftat nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG weiterhin in Betracht komme, wenn der Ausländer untergetaucht oder geflohen sei (AG Tiergarten StV 1999, 260, 261; vgl. auch OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 57 m. w. N. zur Rechtsprechung; Mosbacher in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht Rdn. 417; Mosbacher NStZ 2003, 489, 490).
5. Schließlich widerspräche die Annahme eines Anspruchs au f Duldung in den Fällen, in denen der Ausländerbehörde der Aufenthalt des Ausländers unbekannt ist, dem Sinn und Zweck des Ausländergesetzes. Dieses ist auch darauf gerichtet, die Zuwanderung zu kontrollieren und den Prozeß der Veränderung der Bevölkerungsstruktur und der Integration der ausländischen Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken (Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht 4. Aufl. Bd. 1, § 1 Rdn. 2). Ist der Ausländer unbekannten Aufenthalts , kann diese Steuerungs- und Kontrollfunktion nicht wahrgenommen
werden. Sie wird von vornherein und schon im Ansatz unterlaufen. Die Strafbewehrung soll gerade auch diese Fälle erfassen.
6. Das Landgericht hat nach allem die gesetzlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG in rechtlicher Hinsicht nicht zutreffend konkretisiert und zu Unrecht einen Duldungsanspruch des Angeklagten für den Tatzeitraum bejaht. Darauf kann der Freispruch beruhen. Es ist nicht auszuschließen, daß das Landgericht ohne diesen Rechtsfehler den Angeklagten wegen eines Vergehens nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG schuldig gesprochen hätte.

III.


Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Bei Unterlassungsdelikten wird regelmäßig der Gesichtspun kt der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit des gebotenen Handelns geprüft (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 13 Rdn. 14 ff.). Die Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthalts tritt nur ein, wenn der Ausländer pflichtwidrig den rechtswidrigen Zustand seines illegalen Aufenthalts nicht beseitigt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar ist (Mosbacher in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafecht Rdn. 410, 421 ff.). Der Angeklagte allerdings hätte ohne weiteres seinen Aufenthalt offenbaren können. Zudem kommt auch die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise in Betracht.
1. Bei dem Vergehen nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG hand elt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt (OLG Karlsruhe Die Justiz 1986, 469; OLG Frankfurt StV 1988, 301, 302; KG StV 1999, 95, 96; KG NStZ-RR 2002, 220,
221; Mosbacher in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht Rdn. 409; Mosbacher NStZ 2003, 489, 490; a. A. OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 57, 58 f.). Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt nicht in dem Verweilen in der Bundesrepublik , sondern in dem Unterlassen der rechtlich gebotenen Ausreise oder der Bemühung um eine Legalisierung des Aufenthalts (OLG Frankfurt StV 1988, 301, 302; KG StV 1999, 95, 96; NStZ-RR 2002, 220, 221; Mosbacher in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht Rdn. 409; ders. NStZ 2003, 489, 490). 2. Der Gesichtspunkt der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens vermag nicht die Straflosigkeit in denjenigen Fällen zu begründen , in denen wegen unbekannten Aufenthaltsorts ein Duldungsanspruch des untergetauchten Ausländers nicht besteht (anders Mosbacher NStZ 2003, 489, 490; vgl. ders. in Ignor/Rixen, Handbuch Arbeitsstrafrecht Rdn. 421 ff.). Einem untergetauchten Ausländer, dessen Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist, ist es in der Regel ohne weiteres zuzumuten , seinen Aufenthaltsort zu offenbaren, damit die Behörde die Duldung erteilen kann. In diesen Fällen muß der Ausländer eine Abschiebung zunächst nicht fürchten. Selbst wenn die Abschiebung konkret bevorstünde, wäre ihm die Preisgabe seines Aufenthaltsorts (das "Auftauchen") grundsätzlich abzuverlangen. Denn die Grenzen der Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens werden in solchen Fällen durch die gesetzlichen Regelungen zur Erteilung einer Duldung und zu den Abschiebungshindernissen mit geprägt (§ 55 Abs. 2 AuslG; siehe aber auch §§ 54, 55 Abs. 3 AuslG; vgl. Nr. 55.2 AuslG-VwV vom 28. Juni 2000). Wessen Abschiebung keine gesetzlich geregelten Hindernisse entgegenstehen und der nicht zu dulden ist, dem wird darüber hinaus neben dem "Auftauchen" zumeist auch die Ausreise zuzumuten sein. Daß der Ausländer sich in solchen Fällen mit einer freiwilligen Ausreise schon aus diesem prozeduralen Grund der Möglichkeit einer aussichtsreichen Berufung auf ein
Recht auf Duldung begeben würde (vgl. KG StV 1999, 95, 96; KG NStZ-RR 2002, 220, 221), steht dem nicht entgegen. Denn die Ausländerbehörde erteilt einem untergetauchten Ausländer - wie ausgeführt - grundsätzlich ohnehin keine Duldung. Das Tatgericht hätte zudem bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer freiwilligen Ausreise das Protokoll zur Durchführung des Abkommens vom 21. Juli 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam über die Rücknahme von vietnamesischen Staatsangehörigen (BGBl. 1995, Teil II, Seite 746 ff.) zu beachten. Dieses erfaßt gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 auch die Fälle der freiwilligen Rückkehr, die über das dort geregelte Listenverfahren abgewickelt werden (vgl. KG StV 1999, 95, 96; KG NStZ-RR 2002, 220, 221). Auf die Frage der Zumutbarkeit einer freiwilligen Ausreise wird es indessen im vorliegenden Fall naheliegenderweise nicht ankommen.
3. Der neue Tatrichter wird schließlich im Blick auf die umfassende Kognitionspflicht auch die Frage einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen Aufenthaltes ohne Paß und Ausweisersatz zu prüfen und dazu die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben (§ 92 Abs. 1 Nr. 2 AuslG).
4. Sollte die neue Hauptverhandlung nach dem 1. Januar 2005 stattfinden , hat das Tatgericht zu prüfen, ob der im nunmehrigen Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) enthaltene entsprechende Straftatbestand das mildere Recht ist (§ 2 Abs. 3 StGB; vgl. § 95 Abs. 1 Nr. 2 Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004, BGBl. I 1950, 1982 f.).
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
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published on 24/05/2012 00:00

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja AufenthG § 95 Abs. 6 Durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangte , jedoch formell bestandskräftige Visa von Drittst
published on 03/05/2018 00:00

Tenor I. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Freising vom 27. Oktober 2017 wird als unbegründet verworfen. II. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der St
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(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.