Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juli 2002 - 1 StR 138/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in 35 Fällen und wegen der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine halbautomatische Selbstladekurzwaffe (§ 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a lit. a WaffG) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Außerdem wurde der Verfall von insgesamt 110.000,-- DM (§ 73 und § 73a StGB) angeordnet. Die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist wirksam beschränkt. Sie richtet sich allein gegen den Schuld- und Strafausspruch in den Fällen 37 (Verstoß gegen das BtMG) und 38 (Verstoß gegen das WaffG) sowie gegen die Gesamtstrafe. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit
der Sachrüge, daû der Angeklagte nicht wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) verurteilt wurde. Der Revision bleibt der Erfolg versagt.
II.
Gemeinsam mit anderen handelte der Angeklagte als Zwischenhändler im groûen Stil mit Haschisch, jeweils in Mengen bis zu 100 kg. Im Fall 37 lag der Verurteilung nach den Feststellungen des Landgerichts folgendes zugrunde :
Ende März oder Anfang April 2001 bestellte der Angeklagte bei seinem Lieferanten 50 kg Haschisch zum Preis von 120.000,-- DM. Dieses wurde am 6. April 2001 in zwei Tragetaschen zu dem Anwesen in Mannheim, in dem der Angeklagte wohnte, geliefert. Der Angeklagte stellte die Taschen mit den Haschischpaketen im Keller ab. Von dort aus sollte das Rauschmittel zeitnah in die "Bunkerwohnungen" verbracht werden. Die Zwischenlagerung bei oder in der Wohnung des Angeklagten war die Ausnahme. Von dort aus hat der Angeklagte nie Rauschmittel vertrieben.
Zum Weitertransport kam es jedoch nicht mehr. Noch am selben Tag wurde beim Angeklagten durchsucht und das Haschisch - 48,5 kg mit 3,65 kg THC - im Keller sichergestellt. Daneben fand die Polizei unter einer Decke eine Pistole Baretta 950, Kaliber 22, mit einem eingeführten leeren und einem weiteren nicht für diese Waffe geeigneten Magazin sowie zwei Päckchen zur Pistole
passender Munition. Diese Gegenstände hatte der Angeklagte (Fall 38) im Februar 2001 für 600,-- DM in Mannheim gekauft und seither nie in Gebrauch gehabt. Im Zusammenhang mit den Haschischgeschäften stand der Erwerb nicht. An die Schuûwaffe hat der Angeklagte am 6. April 2001 nicht mehr gedacht; deren Vorhandensein war ihm nicht bewuût, als er das Haschisch im Keller verstaute.
Damit folgte die Strafkammer den "unwiderlegbaren" Einlassungen des - im übrigen - umfassend geständigen Angeklagten und verneinte in der Konsequenz die Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Zwar habe die Schuûwaffe dem Angeklagten während des Handeltreibens objektiv zur Verfügung gestanden, jedoch könne ein entsprechender Vorsatz nicht positiv festgestellt werden.
II.
Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Eine Schuûwaffe führt schon mit sich, wer sie - samt Munition - in Griffweite hat. Der Wille, diese gegebenenfalls einzusetzen, ist nicht erforderlich. Für die subjektive Seite genügt das Bewuûtsein, über den gefährlichen Gegenstand jederzeit verfügen zu können. All dies hat die Strafkammer nicht verkannt. Sie hat festgestellt, daû der Angeklagte die Pistole samt geeigneten Patronen griffbereit hatte, als er die Taschen mit den Haschischpaketen daneben ablegte, daû ihm dies - das Vorhandensein der Schuûwaffe - damals aber nicht bewuût war. Damit entfällt bewaffnetes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Satz 2 BtMG).
Die den getroffenen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei. Sie verstöût nicht gegen Denkgesetze, ist widerspruchsfrei und weist insbesondere keine Lücken auf. Mit der räumlichen Nähe zwischen Waffe samt Munition und Haschisch sowie den nicht allzuweit auseinanderliegenden Erwerbsdaten setzte sich die Strafkammer in der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Würdigung auseinander. Wenn sie gleichwohl der Einlassung des Angeklagten, ihm sei das Vorhandensein der Pistole nicht gegenwärtig gewesen, als er die Taschen mit Haschisch im Keller abstellte, folgte, ist dies frei von Rechtsfehlern.
Je ferner die Gefahr des Einsatzes der Waffe liegt, desto höhere Anforderungen sind an die Prüfung und Darlegung des subjektiven Merkmals des Bewuûtseins der Verfügbarkeit der Waffe zu stellen (BGH NStZ 2000, 433). Mit einem Gebrauch der Waffe war hier nicht zu rechnen. Erwerb und Besitz der Pistole standen in keinem Zusammenhang mit den Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten, der schon einmal im Jahre 1993 wegen eines Waffendelikts verurteilt wurde. Auch seinerzeit ergab sich kein Bezug zu dem schon damals von ihm betriebenen Haschischhandel. Zum Abstellen der - alsbald danach beschlagnahmten - Taschen hielt sich der Angeklagte nur kurze Zeit im
Keller auf. Daû er in diesem Moment nicht an die unter einer Decke verborgene Pistole samt Magazin und Munition dachte, durfte die Strafkammer hinnehmen, ohne damit überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung zu stellen.
Schäfer Nack Wahl Boetticher Hebenstreit
moreResultsText
Annotations
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.
(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.