Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Aug. 2004 - XII ZR 101/01

published on 11/08/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Aug. 2004 - XII ZR 101/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 101/01
vom
11. August 2004
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. August 2004 durch die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und die Richterin
Dr. Vézina

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Klägerin gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluß vom 30. Juni 2004 gibt dem Senat zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.

Gründe:

I.

Die Parteien schlossen am 27. September/15. Oktober 1996 einen Rahmenmietvertrag. In diesem Vertrag verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin an Orten, an denen eine Zweitprägestelle für Kfz-Kennzeichen erforderlich ist, Mieträume in der Nähe der Zulassungsstelle zu vermieten. In der Folgezeit haben die Parteien unter Bezugnahme auf den Rahmenmietvertrag einen Standortmietvertrag über einen Mietraum abgeschlossen, der sich neben einer noch zu errichtenden Kfz-Zulassungsstelle in Konstanz befindet. Mit Schreiben vom 18. November 1998 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er die Übergabe des Mietraumes verweigere, da der Mietvertrag nicht wirksam zustande gekommen sei. Vorsorglich kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 15. April 1999 das Mietverhältnis nach § 4 Ziff. 5 des Rahmenvertrages aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zum 30. Oktober 1999. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte das Mietverhältnis durch einen der Klägerin am 5. November 2000 zugegangenen Schriftsatz vom 2. November 2000 fristlos gekündigt.
Die Klägerin macht im Wege eines Feststellungsantrags Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend. Sie trägt hinsichtlich der Höhe des Schadens vor, daß ihr wegen der Nichterfüllung des Mietvertrages voraussichtlich ein Gewinn in Höhe von 158.500 DM jährlich entgehe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und festgestellt , daß der Beklagte verpflichtet ist, für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 5. November 2000 Schadensersatz an die Klägerin zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage sowie die - in der Berufungsinstanz im Wege der Klageerweiterung gestellten - Anträge auf Übergabe der Mietsache bzw. auf Abschluß eines Mietvertrags abgewiesen und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Senat hat durch Beschluß vom 30. Juni 2004 die Revisionen der Parteien nicht angenommen und den Streitwert der Revisionsverfahren auf 648.318 € festgesetzt. Dagegen richtet sich die Gegenvorstellung der Klägerin, mit der sie unter Abänderung des Beschlusses vom 30. Juni 2004 die Herabsetzung des Streitwerts verlangt.

II.

Die Gegenvorstellung der Klägerin ist nicht begründet. Der Streitwert der Revisionsverfahren bestimmt sich nach § 3 ZPO. 1. Der Wert der Revisionen der Parteien ist wie folgt festzusetzen:
a) Revision des Beklagten: 118.858 € (232.466,66 DM)
aa) Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 5. November 2000 Schadensersatz an die Klägerin zu zahlen. Der Wert der Revision des Beklagten bestimmt sich gemäß § 3 ZPO nach der Höhe des voraussichtlich der Klägerin in diesem Zeitraum entstehenden Schadens abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % (vgl. Zöller/Herget ZPO 24. Aufl. § 3 Rdn. 16 "Feststellungsklage“). Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, daß sie von einem ihr entgehenden Gewinn von durchschnittlich 158.500 DM jährlich ausgegangen ist. Danach beträgt der von ihr für diesen Zeitraum behauptete Schaden voraussichtlich 290.583,33 DM (158.500 DM : 12 x 22). Der Streitwert der Revision der Beklagten war daher unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlages von 20 % auf 232.466,66 DM (118.858,32 €) festzusetzen (290.583,33 DM - 20 % = 232.466,66 DM). bb) Die Klägerin rügt ohne Erfolg, für die Festsetzung des Streitwerts sei an § 41 Abs. 1 GKG16 Abs. 1 GKG a. F.) analog anzuknüpfen. Bei einer auf künftig wiederkehrende Leistungen gerichteten Klage ist zwar in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten, ob sich in diesem Fall der Streitwert nach §§ 16 Abs. 1, 17 GKG a.F. oder § 9 ZPO bestimmt (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 2004, 299; OLG Köln, JurBüro 1992, 698). Diese Streitfrage ist höchstrichterlich für den Bereich des Mietrechts bereits entschieden worden, wonach der Wert einer auf einen zukünftigen Mietausfall gerichteten Klage nach § 9 ZPO festzusetzen ist (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 112/84 - KostRspr. § 16 GKG Nr. 39). Der Anwendungsbereich des § 9 ZPO erfordert aber, daß mit der Klage ein Recht geltend gemacht wird, das auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen gerichtet ist. Ein solcher Anspruch liegt dem mit dem Feststellungsantrag geltend gemachten Schaden nicht zugrunde. Hierbei handelt es sich um einen Anspruch auf Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - III ZR
308/89 - VersR 1991, 1415), dessen Höhe lediglich noch nicht feststeht. Somit handelt es sich nicht um gleichbleibende Nutzungen oder Leistungen, die sich regelmäßig als einheitliche Folgen eines Rechtsverhältnisses ergeben (vgl. Zöller /Herget aaO § 9 Rdn. 2, 3).
b) Revision der Klägerin: 529.460 € (1.035.533,34 DM) aa) Das Oberlandesgericht hat die weitergehende Klage auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich des Zeitraumes ab dem 6. November 2000 abgewiesen. Der Wert der Revision der Klägerin bestimmt sich gemäß § 3 ZPO nach der Höhe des ihr voraussichtlich entgehenden Gewinns in der ab dem 6. November 2000 noch verbleibenden Vertragslaufzeit. Der Senat hat den Streitwert der Revision der Klägerin unter Berücksichtigung eines ihr jährlich entgehenden Gewinns von 158.500 DM - bei einer geschätzten Vertragslaufzeit von insgesamt 10 Jahren - auf 1.585.000 DM abzüglich des bereits beim Wert der Revision des Beklagten berücksichtigten Schadens von 290.583,33 DM für die ersten 22 Monate und abzüglich eines Feststellungsabschlags von 20 % (vgl. Zöller/Herget aaO § 3 Rdn. 16 "Feststellungsklage“) auf 1.035.533,34 DM (529.459,79 €) festgesetzt (1.585.000 DM – 290.583,33 DM = 1.294.416,67 DM – 20 % = 1.035.533,34 DM). Der Senat ist bei der Wertfestsetzung von einer Vertragsdauer von 10 Jahren ausgegangen, weil eine solche Befristung bei gewerblichen Mietverhältnissen üblich ist. Die Vertragslaufzeit konnte von dem Senat nur geschätzt werden, da der Mietvertrag hinsichtlich der Dauer des Mietverhältnisses auf den zwischen dem Beklagten und dem L. K. geschlossenen Mietvertrag verweist und dieser dem Senat nicht vorliegt. bb) Die Klägerin beanstandet ohne Erfolg, daß die Vorschrift des § 20 Abs. 1 GWB der von dem Senat vorgenommenen Schätzung der Vertragslauf-
zeit entgegensteht. Der Kartellsenat (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2003 - KZR 39/99 - NJW 2003, 2684, 2685; BGH, Urteil vom 24. September 2002 - KZR 4/01 - NJW 2003, 752, 753 f.) hat zwar entschieden, daß ein marktbeherrschender Vermieter gegen § 20 Abs. 1 GWB verstößt, wenn er nur begrenzt zur Verfügung stehende Gewerbeflächen in der Weise vermietet, daß der Marktzutritt aktueller und potentieller Wettbewerber des Mieters für einen längeren Zeitraum als 5 Jahre blockiert wird. Aus dem Vorbringen der Parteien geht aber nicht hervor, daß der Beklagte eine solche marktbeherrschende Stellung innehat und durch eine längere Vermietung des Gewerberaumes ein Marktzutritt potentieller Wettbewerber verhindert wird. 2. Der Streitwert der Revisionsverfahren beträgt somit insgesamt 648.318 €. Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Vézina
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Wei
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Wei
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published on 24/09/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 4/01 Verkündet am: 24. September 2002 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR : ja
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Ist das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig, ist der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts und, wenn das einjährige Entgelt geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Das Entgelt nach Satz 1 umfasst neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

(2) Wird wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt, ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Nutzungsverhältnisses Streit besteht, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Absatz 1 ein geringerer Streitwert ergibt. Wird die Räumung oder Herausgabe auch aus einem anderen Rechtsgrund verlangt, ist der Wert der Nutzung eines Jahres maßgebend.

(3) Werden der Anspruch auf Räumung von Wohnraum und der Anspruch nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses über diesen Wohnraum in demselben Prozess verhandelt, werden die Werte nicht zusammengerechnet.

(4) Bei Ansprüchen nach den §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch für die Rechtsmittelinstanz der für den ersten Rechtszug maßgebende Wert zugrunde zu legen, sofern nicht die Beschwer geringer ist.

(5) Bei Ansprüchen auf Erhöhung der Miete für Wohnraum ist der Jahresbetrag der zusätzlich geforderten Miete, bei Feststellung einer Minderung der Miete für Wohnraum der Jahresbetrag der Mietminderung, bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Erhaltungsmaßnahmen der Jahresbetrag einer möglichen Mieterhöhung, in Ermangelung dessen einer sonst möglichen Mietminderung durch den Mieter maßgebend. Endet das Mietverhältnis vor Ablauf eines Jahres, ist ein entsprechend niedrigerer Betrag maßgebend.

(1) Der Privatkläger hat, wenn er Privatklage erhebt, Rechtsmittel einlegt, die Wiederaufnahme beantragt oder das Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung betreibt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3311, 3321, 3331, 3340, 3410, 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Der Widerkläger ist zur Zahlung eines Gebührenvorschusses nicht verpflichtet.

(2) Der Nebenkläger hat, wenn er Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3511, 3521 oder 3530 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Wenn er im Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, hat er für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

(1) Der Privatkläger hat, wenn er Privatklage erhebt, Rechtsmittel einlegt, die Wiederaufnahme beantragt oder das Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung betreibt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3311, 3321, 3331, 3340, 3410, 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Der Widerkläger ist zur Zahlung eines Gebührenvorschusses nicht verpflichtet.

(2) Der Nebenkläger hat, wenn er Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3511, 3521 oder 3530 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen. Wenn er im Verfahren nach den §§ 435 bis 437 der Strafprozessordnung Rechtsmittel einlegt oder die Wiederaufnahme beantragt, hat er für den jeweiligen Rechtszug einen Betrag in Höhe der entsprechenden in den Nummern 3431, 3441 oder 3450 des Kostenverzeichnisses bestimmten Gebühr als Vorschuss zu zahlen.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.