Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - XII ZB 547/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. April 2017 durch die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Gründe:
I.
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- Der 33jährige Betroffene leidet langjährig an einer bipolaren Störung. Am 6. August 2016 ordnete das Amtsgericht seine vorläufige Unterbringung nach dem PsychKG an, nachdem er unter Äußerung größenwahnsinniger Ideen im Hausflur seiner früheren Lebensgefährtin randaliert und einer Aufnahmeärztin mit Schlägen gedroht hatte.
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- Nachdem der Betroffene am 2. September 2016 aus der Unterbringung entlassen worden war, kam es am 4. September 2016 zu einer erneuten körperlichen Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner früheren Lebensgefährtin ; außerdem zerkratzte der Betroffene ein Auto und ließ Luft aus den Reifen. Am 5. September 2016 ordnete das Amtsgericht erneut seine vorläufige Unterbringung nach dem Berliner Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) an und verlängerte diese durch Beschluss vom 26. September 2016 bis zum 10. Oktober 2016.
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- Am 5. Oktober 2016 hat das Amtsgericht im Hauptsacheverfahren unter Aufhebung seines Beschlusses vom 26. September 2016 die Unterbringung des Betroffenen nach dem PsychKG bis zum Ablauf des 2. November 2016 angeordnet und einen Antrag der Klinik auf Zustimmung zur Zwangsbehandlung zurückgewiesen. Das Landgericht hat die gegen die Unterbringung gerichtete Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde, mit der er die Feststellung beantragt, dass die beiden letztgenannten Beschlüsse ihn in seinen Rechten verletzt hätten.
II.
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- Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
- 5
- 1. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch im Fall der - hier vorliegenden - Erledigung der Unterbringungsmaßnahme aus § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 7 mwN). Da es sich bei der angefochtenen Entscheidung nicht um eine einstweilige Anordnung handelt, steht § 70 Abs. 4 FamFG der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht entgegen.
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- 2. Die Entscheidungen von Amts- und Landgericht haben den Betroffenen jedoch nicht in seinen Rechten verletzt.
- 7
- Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde, das Amtsgericht habe verabsäumt , dem Betroffenen das Sachverständigengutachten rechtzeitig vor seiner persönlichen Anhörung vollständig zu übermitteln. Das Gutachten war dem mit Zustellungsvollmacht versehenen anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen bereits durch das Landgericht am 29. September 2016 per Telefax übermittelt worden, rechtzeitig bevor das Amtsgericht die Anhörung im Hauptsacheverfahren am 5. Oktober 2016 durchgeführt hat.
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- Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Botur Krüger
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 05.10.2016 - 51 XIV 365/16 L -
LG Berlin, Entscheidung vom 21.10.2016 - 87 T XIV 185/16 L -
Annotations
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.