Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 194/05

published on 29/11/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Nov. 2006 - XII ZB 194/05
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Landgericht Berlin, 12 O 168/05, 21/04/2005
Kammergericht, 8 U 105/05, 04/08/2005

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 194/05
vom
29. November 2006
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2006 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Kammergerichts in Berlin vom 4. August 2005 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 50.000 €

Gründe:


I.

1
Mit Teilurteil vom 21. April 2005 hat das Landgericht auf die Zwischenfeststellungswiderklage des Beklagten festgestellt, "dass die Klägerin verpflichtet ist, im Gesundheitszentrum K. S. einen OP-Bereich in Klinikstandard zu erstellen und dem Beklagten die Nutzungsmöglichkeit zu verschaffen sowie die Möglichkeit, seine Patienten nach der Operation für maximal 72 Stunden dort stationär unterzubringen". In der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 6. Mai 2005 zugestellten Ausfertigung des Teilurteils enthält der Tenor zwischen der Zahl 72 und dem Wort "Stunden" folgende Zeichen: "Select langbez, bezaz, raum, tel, kz, kamsort from Kammer where inaktiv = "O" order by kamsort". Ausweislich eines Vermerks in den Gerichtsakten wurde der Tenor in der vollstreckbaren Ausfertigung korrigiert und das Urteil den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. Mai 2005 zugestellt. Gegen das Teilurteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2005, der am gleichen Tag bei dem Kammergericht eingegangen ist, Berufung eingelegt.
2
Mit Beschluss vom 4. August 2005 hat das Kammergericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
4
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Zustellung einer von der Urschrift abweichenden Ausfertigung die Rechtsmittelfrist in Lauf setzt, ist höchstrichterlich geklärt.
5
a) Nach ständiger Rechtsprechung führen nur wesentliche Abweichungen zwischen Urschrift und Ausfertigung zur Unwirksamkeit der Zustellung (Senatsbeschluss vom 24. Januar 2001 - XII ZB 75/00 – NJW 2001, 1653, 1654 m.w.N.). Als wesentliche Abweichung ist es nur anzusehen, wenn die Mängel der Ausfertigung geeignet sind, die Entschließung des Zustellungsempfängers über die Einlegung eines Rechtsmittels zu beeinflussen. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn dieser aus der Ausfertigung den Inhalt der Urschrift und den Umfang seiner Beschwer nicht erkennen kann (Senatsbeschluss vom 30. September 1981 - IVb ZB 805/81 - VersR 1982, 70; BGH Beschlüsse vom 3. Februar 1987 - VI ZB 17/86 - BGHR ZPO § 170 Abs. 1 Urteilsausfertigung 1 und vom 13. April 2000 - V ZB 48/99 - NJW-RR 2000, 1665, 1666; Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. § 317 Rdn. 6; Musielak ZPO 5. Aufl. § 317 Rdn. 3, 10).
6
b) Das ist hier nicht der Fall. Die den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 6. Mai 2005 zugestellte Ausfertigung gibt die Urschrift in Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründen vollständig wieder. Die im Tenor darüber hinaus zwischen der Zahl 72 und dem Wort "Stunden" eingefügten Zeichen, die im normalen Sprachgebrauch keinen Sinn ergeben und ersichtlich einen Computerbefehl wiedergeben, sind nicht geeignet, Zweifel an dem Umfang der Verurteilung aufkommen zu lassen.
7
Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, konnte die Klägerin der Entscheidung des Landgerichts zweifelsfrei entnehmen, dass der Zwischenfeststellungswiderklage des Beklagten, deren Inhalt sich aus dem im Tatbestand wiedergegebenen Antrag ergibt, in vollem Umfang stattgegeben worden war.
8
2. Aus diesem Grund ist auch keine Entscheidung des Beschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Anspruch der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht dadurch, dass ihr der Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer Weise erschwert wird.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 21.04.2005 - 12 O 168/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.08.2005 - 8 U 105/05 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam. (2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam. (2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Bei nicht prozessfähigen Personen ist an ihren gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Die Zustellung an die nicht prozessfähige Person ist unwirksam.

(2) Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person, genügt die Zustellung an den Leiter.

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Leitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.