Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - XI ZR 538/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2019 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig, weil der Wert der von den Klägern mit einer Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO, §§ 544, 97 Abs. 1 ZPO). Für den Wert ist der Betrag von 14.250 € maßgeblich, dessen Zahlung die Kläger in den Tatsacheninstanzen erfolglos begehrt haben.
- 2
- 1. Die Kläger haben nach eigenem Vortrag (Klageänderung vom 31. August 2017, S. 2) mit dem Zahlungsantrag die "Gesamtsumme der geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen" geltend gemacht. Dieser Antrag ist mit seinem Nominalwert anzusetzen, der vorliegend den von den Darlehensnehmern geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen entspricht.
- 3
- 2. Der Streitwert erhöht sich nicht durch den weiter geltend gemachten Antrag auf Feststellung der Wirksamkeit einer Kündigung des Darlehensvertrags.
- 4
- a) Diesen Feststellungsantrag haben die Kläger - anders als das in der Nichtzulassungsbeschwerde angenommen wird - nicht hilfsweise, sondern zusätzlich zum Zahlungsantrag gestellt. Denn mit einer Hilfsbedingung hatten die Kläger ursprünglich lediglich zwei alternative Kündigungstermine zueinander in ein Eventualverhältnis gestellt. Mit Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde haben sie die Feststellung zum ursprünglich geltend gemachten ersten Kündigungstermin nicht mehr weiterverfolgt, sodass die Eventualbedingung entfallen ist.
- 5
- b) Die Kumulierung eines Zahlungsantrags, der - wie hier - auf die Rückabwicklung eines Darlehens nach Widerruf gerichtet ist, und eines Feststellungsantrags zur Beendigung dieses Darlehensvertrags führt wegen wirtschaftlicher Identität im Grundsatz nicht zu einer Addition der Werte (Senatsbeschlüsse vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 6 ff. und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 33/15, juris Rn. 3). Denn der Wert von positiven wie negativen Feststellungsanträgen in Widerrufsfällen richtet sich nach den Zinsund Tilgungsleistungen, die der widerrufende Darlehensnehmer auf den in Streit stehenden Vertrag bis zum Widerruf erbracht hat (Senatsbeschlüsse vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15 aaO, vom 4. März 2016 - XI ZR 39/15, BKR 2016, 204 Rn. 2 und vom 10. Juli 2018 - XI ZR 613/17, juris Rn. 2).
- 6
- Nichts anderes gilt für das - vorliegend von den Klägern verfolgte - Interesse , ab dem Zeitpunkt des Widerrufs auf das streitgegenständliche Darlehen keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr zu schulden. Auch der Wert dieses Antrags richtet sich nach dem Wert der Hauptforderung auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2018 - XI ZR 196/18, juris Rn. 2). Auch damit wird der Gegenstandswert des Zahlungsantrags nicht überschritten.
- 7
- Eine Feststellungsklage des Darlehensnehmers, die nach Widerruf einer Prolongationsvereinbarung auf Auflösung des Darlehensvertrags durch eine zusätzlich erklärte Kündigung gerichtet ist, umfasst kein darüber hinausgehendes wirtschaftliches Interesse. Sie kann - entgegen der Ansicht der Kläger - auch nicht mit dem Wert der Restforderung des Darlehensgebers aus dem Darlehensvertrag angesetzt werden, da der Darlehensnehmer, der die Wirksamkeit seiner Kündigung behauptet, mit einem entsprechenden Feststellungsantrag einer solchen Forderung gerade nicht entgegentreten will. Das unterscheidet den vorliegenden Feststellungsantrag von der negativen Feststellungsklage eines Darlehensnehmers, mit der - anders als im vorliegenden Fall - die Unwirksamkeit der Darlehenskündigung einer Bank geltend gemacht wird (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 5. Februar 1997 - XI ZB 3/97, WM 1997, 741).
- 8
- 3. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung bleibt als Nebenforderung außer Betracht (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 17).
- 9
- 4. Der - ohnehin unzulässige (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2018 - XI ZR 174/17, juris Rn. 13 mwN) - Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs mit der Rückabwicklung des Darlehens hat entgegen der Rechtsmeinung der Kläger ebenfalls keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert, da es sich um ein unselbstständiges Element der mit dem Zahlungs- und Feststellungsantrag wirtschaftlich beabsichtigten Klärung von Leistungsverpflichtungen im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrags handelt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 16, vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 33/15, juris Rn. 3, vom 19. Dezember 2016 - XI ZR 539/15, juris Rn. 4 und vom 20. Juni 2017 - XI ZR 108/17, juris Rn. 4 sowie XI ZR 109/17, juris Rn. 4). Dafür ist ohne Bedeutung, dass der Kläger keinen Zug-um-Zug-Antrag gestellt hat, denn er will mit dem Feststellungsantrag als unselbstständiges Element der Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses klären, ob er nach Widerruf weiterhin Zinsen und Nutzungsersatz schuldet.
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 12.03.2018 - 5 O 1729/17 -
OLG München, Entscheidung vom 28.08.2018 - 19 U 1210/18 -
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Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)