Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2005 - XI ZR 21/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Was die prozessuale Gestaltungsklage und die damit geltend gemachten Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Titels angeht, wird die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil zurückgewiesen, weil insoweit die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Auf die Rechtsmittel der Kläger wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 24. November 2003 in oben genanntem Umfang sowie im Kostenpunkt aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 204.516,75 €.
Gründe:
I.
Die Kläger wehren sich gegen die Zwangsvollstrecku ng durch die beklagte Bank aus einer Urkunde des Notars W. vom 16. August 1996, in der sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr persönliches Vermögen unterworfen haben.
Was den zugrunde liegenden Sachverhalt anbelangt, wird auf das zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ergangene Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03 - Bezug genommen. Ergänzend ist an-
zumerken, daß die Beklagte den Darlehensvertrag am 1. Dezember 2000 wegen Zahlungsverzuges gekündigt hat und seitdem aus der notariellen Urkunde die Zwangsvollstreckung betreibt.
Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Klage a bgewiesen, das Kammergericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Soweit für das weitere Verfahren noch bedeutsam, hat es ausgeführt, den Klägern stünden keine materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Vollstreckung zu, weil die Beklagte sich nicht wegen eines Aufklärungsverschuldens schadensersatzpflichtig gemacht habe. Ein konkreter Wissensvorsprung der Beklagten über die Risiken des Wohnungskaufs sei von den Klägern nicht ausreichend dargelegt worden. Insbesondere hätten sie widersprüchlich dazu vorgetragen, in welchem Zeitraum der Bankangestellte B. in der Filiale der Beklagten in Dü. tätig gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung hätten sie erklärt, B. und We. , ein in der A.'er Filiale der Beklagten beschäftigter Mitarbeiter, seien gemeinsam Bearbeiter des Projekts in D. gewesen.
II.
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZP O in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da das angegriffene Urteil den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschluß vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, WM 2004, 1407, 1408 f., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Aus demselben
Grund ist das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO insoweit aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, di e Ausführungen und Anträge der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozeßgrundrecht sicherstellen, daß die von den Gerichten zu treffende Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG i.V. mit den Grundsätzen der Zivilprozeßordnung auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (vgl. BVerfGE 60, 247, 249 ff.; 65, 305, 307; 69, 141, 143).
2. Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hi er verletzt. Zur Begründung wird in vollem Umfang auf die Entscheidungsgründe unter II. 2. des am 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03 - zwischen den Parteien ergangenen Senatsurteils Bezug genommen. Soweit die Kläger hier ergänzend vorgetragen haben, ab 1997 seien die Verträge nicht mehr in der A.'er Filiale durch We. , sondern in der Dü.'er Filiale durch B. abgewickelt worden, führt dies ebensowenig zu einer anderen Beurteilung wie der Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung , We. und B. seien beide Bearbeiter des Projektes in D. gewesen. Entscheidend ist vielmehr, daß B. - wie von den Klägern auch in diesem Rechtsstreit vielfach und durchgehend behauptet sowie unter Beweis gestellt - in verantwortlicher Position die Rahmenfinanzierung mit der Verkäuferin, der E. GmbH,
vor Vertriebsbeginn und damit vor Abschluß des streitgegenständlichen Darlehensvertrags am 16. August 1996 ausgehandelt hat. Ob beim Zustandekommen dieser Rahmenfinanzierung mit We. ein weiterer Angestellter der Beklagten mitgewirkt hat, ist ohne Belang. Ebenso unerheblich ist, in welcher Filiale B. bei Abschluß der von ihm verantwortlich mitgestalteten Rahmenfinanzierung tätig war und in welchen Zeiträumen welche Filiale der Beklagten später die Einzelfinanzierungen abgewickelt hat (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03, Umdruck S. 12 f.).
3. Die Verletzung der Kläger in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör rechtfertigt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO die Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang. Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird die Rolle des Mitarbeiters der Beklagten B. sowohl bei den Wohnungsverkäufen als auch bei der Kreditvergabe zu klären haben. Sollte danach aufgrund zurechenbaren Wissens B.'s eine vorvertragliche Aufklärungspflicht der Beklagten bestanden haben, ist davon auszugehen, daß die Kläger bei entsprechender Unterrichtung über den unsanierten Zustand der Wohnungen, die tatsächlich erzielbaren Mieteinnahmen und
die weitgehende Wertlosigkeit der Mietgarantie von einem Kauf Abstand genommen hätten (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, WM 2004, 422, 424).
Nobbe Müller Wassermann
Appl Ellenberger
moreResultsText
Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.