Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - XI ZR 139/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2018 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf den Klageantrag zu 3) zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung für das Dar- lehen Nr. … 259 und anteilig auf den Klageantrag zu 6) zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beschränkt, soweit er als Nebenforderung dazu geltend gemacht wird. Soweit die Revision der Kläger das Berufungsurteil darüber hinaus angreift, ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO). Die vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.
- 2
- 1. Die Revision der Kläger, mit der sie die Schlussanträge in der Berufungsinstanz mit Ausnahme des Klageantrags zu 8) weiter verfolgen wollen, ist im vorgenannten Umfang unzulässig.
- 3
- a) Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen , die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Gründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (Senatsurteile vom 20. März 2012 - XI ZR 340/10, juris Rn. 9, vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 14 und vom 15. Juli 2014 - XI ZR 100/13, WM 2014, 1624 Rn. 17; Senatsbeschlüsse vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 9/11, juris Rn. 5, vom 15. April 2014 - XI ZR 356/12, juris Rn. 3 und vom 5. April 2016 - XI ZR 428/15, juris Rn. 2). Das ist hier der Fall.
- 4
- Das Berufungsgericht hat die Revision "nur in Bezug auf den Rechtsmissbrauch" zugelassen, weil nur hinsichtlich der Frage, ob die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB sei, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO gegeben seien. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ist damit so zu verstehen, dass das Berufungsgericht den Klägern die Revision nur insoweit eröffnen wollte, als es die Klage wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerrufsrechts für unbegründet erachtet hat. Das trifft nur für den Klageantrag zu 3) auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 10.767,50 € nach Widerruf des Darlehens Nr. … 259 zu und den Klageantrag zu 6) auf Zahlung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten, soweit er als Nebenforderung dazu geltend gemacht wird. Letzteres betrifft, weil die Kläger mit ihrem Klageantrag zu 6) - entgegen der Ausführungen auf Seite 16 der Klageschrift - tatsächlich nicht nur eine 1,3 Geschäftsgebühr, sondern eine 2,0 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300, 1008 VV RVG nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer verlangen , einen Betrag von 1.461,32 €.
- 5
- b) Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Die Zulassung der Revision kann zwar nicht auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente beschränkt werden, wohl aber auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte (Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 8, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 191, 119, vom 15. Juli 2014 - XI ZR 100/13, WM 2014, 1624 Rn. 17 und vom 26. April 2016 - XI ZR 108/15, WM 2016, 1031 Rn. 11). Dafür reicht es aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann und auch im Fall einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (Senatsurteile vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 368/11, juris Rn. 18, vom 15. Juli 2014 aaO Rn. 18 und vom 26. April 2016 aaO Rn. 12).
- 6
- Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Frage, ob den Klägern infolge des Widerrufs des Darlehens Nr. … 259 ein Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung und als Nebenforderung dazu ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten zusteht, kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem üb- rigen Prozessstoff beurteilt werden. Die Frage, ob für die Klageanträge zu 1), 2) und 5) ein Feststellungsinteresse besteht, steht damit ebenso wenig in Zusammenhang , wie die Frage, ob die Kläger, falls sich die beiden anderen Darlehen Nr. … 159 und Nr. … 540 in Rückabwicklungsschuldverhältnisse umgewandelt hätten, ihre hieraus geschuldeten Leistungen in einer den Annahmeverzug der Beklagten begründenden Weise angeboten hätten (Klageantrag zu 4). Der Klageantrag zu 7) betrifft einen Verzugsschadensersatz wegen angeblich von der Beklagten verzögerter Ablösung des Darlehens Nr. … 789, das die Kläger gar nicht widerrufen haben.
- 7
- 2. Soweit die Revision vom Berufungsgericht nicht zugelassen worden ist - Klageanträge zu 1), 2), 4), 5) und zu 7) sowie zu 6) über den Betrag von 1.461,32 € hinaus -, ist sie auch nicht auf die von den Klägern vorsorglich erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zuzulassen. Die Kläger haben keinen durchgreifenden Zulassungsgrund dargelegt (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat, soweit das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Derstadt Dauber
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 07.11.2014 - 2-5 O 157/14 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 04.03.2016 - 19 U 239/14 -
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(1) Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Revision an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.
(2) Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.