Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2016 - X ZR 5/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann, die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß
beschlossen:
Gründe:
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- I. Der Kläger, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherverband, ist in der Revision mit seinem Be1 gehren, dem beklagten Luftfahrtunternehmen die Verwendung von Beförderungsbedingungen , die eine Vorauszahlungsregelung hinsichtlich des Flugpreises enthalten, gegenüber Verbrauchern zu verbieten, erfolglos geblieben. Der Senat hat den Streitwert im vorliegenden Verfahren und in den am selben Tag entschiedenen Parallelverfahren nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung für alle Instanzen auf 25.000 € festgesetzt.
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- Der Kläger beantragt unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seines geschäftsführenden Vorstands anzuordnen, dass seine Verpflichtung zur
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- Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem seiner Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt wird, bemisst.
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- II. Der Antrag ist unbegründet.
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- 1. Nach § 5 UKlaG i.V. m. § 12 Abs. 4 und 5 UWG kann das Gericht auf Antrag einer Partei anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zah4 lung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst.
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- a) Voraussetzung für die Herabsetzung des Streitwerts ist, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem festgesetzten Streitwert die wirt5 schaftliche Lage der Partei erheblich gefährdet. Eine erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lage, an die strenge Maßstäbe anzulegen sind, da auch bei einer Herabsetzung des Streitwerts der Partei ein gewisses Kostenrisiko verbleiben soll (MünchKomm/Schlingloff, UWG, 2. Aufl. § 12 Rn. 644), kann etwa vorliegen, wenn der Partei durch die Kostenbelastung die Insolvenz droht (Köhler /Bornkamm/Feddersen, UWG, 34. Aufl. § 12 Rn. 5.21). Tritt jedoch als Kläger ein Verbraucherverband auf, ist die Frage, ob die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert nicht tragbar erscheint, nach weniger strengen Maßstäben zu beurteilen als bei Klagen von Wettbewerbsverbänden (BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - I ZR 183/09, WRP 2011, 752 Rn. 6 - Streitwertherabsetzung II). Die im öffentlichen Interesse tätigen Verbraucherverbände sind im Wesentlichen auf eine finanzielle Ausstattung aus öffentlichen Mitteln angewiesen. Angesichts dessen ist eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Verbraucherverbands anzustellen, insbesondere ist der dem Verband bewilligte Etat für Prozesskosten zu berücksichtigen.
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- b) Wird das Vorliegen einer erheblichen Gefährdung glaubhaft gemacht , kann das Gericht den Streitwert an die Wirtschaftslage des Antragstel6 lers anpassen, d.h. unter Würdigung der Gesamtumstände auf einen hinsichtlich des Kostenrisikos zumutbaren Betrag herabsetzen. Dabei ist auf die voraussichtliche Belastung mit den Gerichts- und Anwaltsgebühren nach dem vollen Streitwert abzustellen.
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- 2. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat eine erhebliche Gefährdung seiner wirtschaftlichen Lage nicht dargetan.
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- a) Er trägt vor, er erhalte vom Land Nordrhein-Westfalen eine zweckgebundene und zur Deckung des Fehlbedarfs bestimmte Zuwendung in
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- Form eines Festbetrages nach den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung. Für das Haushaltsjahr 2016 seien für die Aufwendung von Prozesskosten 105.050 € bewilligt worden. Aus den Jahren 2015/2016 lägen in bislang 34 teil- weise noch aus den Vorjahren anhängigen Gerichtsverfahren Entscheidungen vor, davon seien 25 zugunsten des Klägers ergangen; in sieben Fällen sei die Klage abgewiesen worden, in zwei Fällen habe der Kläger teilweise obsiegt. Am 1. März 2016 seien 53 Verfahren anhängig gewesen, 32 in erster Instanz, 13 Berufungen und acht Revisionen. Im Jahr 2015 hätten 61.674,90 €, die sich aus Kostenerstattungen und Abmahnpauschalen ergaben, dem Prozesskostenetat zusätzlich zur Verfügung gestanden. Der Kläger verfüge nicht über ausreichend freies Vermögen. Mögliche weitere Einkommensquellen seien zweckgebunden und erhöhten den Prozesskostenetat nicht. Nach Ansicht des Klägers führte die Festsetzung eines Streitwerts von 25.000 € zu erheblichen Mehrkosten, die nahezu die Hälfte des Prozesskostenetats für 2016 ausmachten , gefährdete die wirtschaftliche Lage des Klägers und schränkte seine weitere Tätigkeit in erheblichem Maße ein.
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- b) Diesem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, inwieweit der Prozesskostenetat einschließlich des in ihn einzubeziehenden Betrags von
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- 61.674,90 € durch laufende Verfahren ausgeschöpft wurde und der Umfang dieser Ausschöpfung im Zusammenwirken mit der Kostenbelastung aus dem Streitfall und den Parallelverfahren auf der Grundlage des festgesetzten Streitwerts zu einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage des Klägers führt. Allein die zahlenmäßige Angabe der noch in den unterschiedlichen Instanzen anhängigen bzw. erledigten Verfahren vermittelt keine Informationen darüber, in welchem Umfang der Kläger Kosten auszugleichen hatte oder, umgekehrt , inwieweit ihm Kosten erstattet wurden. Demzufolge reicht der Hinweis, die in den Streitfällen zu erwartenden Mehrkosten entsprächen nahezu der Hälfte des Prozesskostenetats für 2016, nicht als Grundlage für eine Beurtei- lung der Frage aus, in welchem Umfang der Kläger durch die auf der Grundlage des festgesetzten Streitwerts zu erwartenden Kosten wirtschaftlich tatsächlich belastet ist. Darüber hinaus ist nicht dargetan, ob und in welchem Umfang der Kläger, falls der Prozesskostenetat überschritten sein sollte, insgesamt einer wirtschaftlichen Gefährdung unterliegt und ob er in einem solchen Fall gegebenenfalls aus anderen Einnahmequellen zu einem Ausgleich des Prozesskostenetats gelangen kann.
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- Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Kläger drei rechtlich gleichgelagerte Verfahren durch
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- drei Instanzen betrieben hat. Meier-Beck Grabinski Hoffmann Schuster Deichfuß
LG Hannover, Entscheidung vom 21.01.2014 - 18 O 148/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 18.12.2014 - 13 U 19/14 -
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(1) Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Einrichtungen und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG.
(2) Ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wird auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn
- 1.
er mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder hat, - 2.
er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist und ein Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat, - 3.
auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er - a)
seine satzungsgemäßen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und - b)
seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
- 4.
den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden.
(3) Über die Eintragung wird durch einen schriftlichen Bescheid entschieden, der dem antragstellenden Verein zuzustellen ist. Auf der Grundlage eines wirksamen Bescheides ist der Verein unter Angabe des Namens, der Anschrift, des zuständigen Registergerichts, der Registernummer und des satzungsmäßigen Zwecks in die Liste einzutragen.
(4) Auf Antrag erteilt das Bundesamt für Justiz einer qualifizierten Einrichtung, die in der Liste eingetragen ist, eine Bescheinigung über ihre Eintragung.
Auf das Verfahren sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung und § 12 Absatz 1, 3 und 4, § 13 Absatz 1 bis 3 und 5 sowie § 13a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nicht etwas anderes ergibt.
(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
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die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, - 2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und - 3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.