Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2014 - X ZR 42/13

published on 24/11/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2014 - X ZR 42/13
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Bundespatentgericht, 2 Ni 26/11, 29/11/2012

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X Z R 4 2 / 1 3
vom
24. November 2014
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. November 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski,
Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin Schuster

beschlossen:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 102 20 060, das vom Patentgericht mit Urteil vom 29. November 2012 für nichtig erklärt wurde. Die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung hat der Senat durch Beschluss vom 12. Februar 2014 verworfen, weil ihr damaliger Bevollmächtigter Dr.-Ing. G. , ein in einem Register des nationalen Amtes für Geistiges Eigentum der Republik Malta eingetragener "IP Attorney", weder zur Rechts- noch zur Patentanwaltschaft zugelassen ist. Die nunmehr durch einen Rechtsanwalt vertretene Beklagte beantragt Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
2
II. Der Antrag der Beklagten, der dahin zu verstehen ist, dass sie Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist begehrt , ist zulässig. Dass der Senat die Berufung bereits mit Beschluss vom 12. Februar 2014 rechtskräftig verworfen hat, steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 29. Juni 1966 - IV ZR 86/65, BGHZ 45, 380, 384; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04, FamRZ 2005, 791, 792; Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 101/07, NJW-RR 2007, 1718).
3
Der Antrag ist aber nicht begründet. Die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist verhindert.
4
Die Beklagte meint, sie und ihr damaliger Bevollmächtigter hätten annehmen dürfen, dass dieser als Patentanwalt vertretungsbefugt gewesen sei, weil das Patentgericht ihn bereits im erstinstanzlichen Verfahren als solchen angesehen habe. Auch vom Senat sei ihr damaliger Bevollmächtigter in einem vorangegangenen Verfahren als vertretungsberechtigter Patentanwalt angesehen worden. Darin kann ihr nicht gefolgt werden.
5
Nach der Rechtsprechung kommt zwar eine Wiedereinsetzung ausnahmsweise in Betracht, wenn die versäumte Prozesshandlung durch eine irrige Rechtsauffassung des Gerichts veranlasst und hierdurch ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2004 - 1 BvR 1892/03, NJW 2004, 2887, 2888; BGH, Beschluss vom 4. Dezember 1992 - X ZB 18/91, NJW 1992, 1700, 1701; Beschlüsse vom 26. März 1996 - VI ZB 1/96 und 2/96, NJW 1996, 1900, 1901). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
6
Dem Urteil vom 29. November 2012 ist nichts dafür zu entnehmen, dass das Patentgericht den damaligen Bevollmächtigten der Beklagten rechtsirrig (vgl. dazu den Beschluss des Senats vom 12. Februar 2014) als Patentanwalt angesehen hat. Vielmehr hat sich das Patentgericht in seinem Urteil überhaupt nicht mit der Frage befasst, ob sich die Beklagte durch ihren damaligen Bevollmächtigten vertreten lassen konnte. Auch die Bezeichnung von "IP-Attorney (Malta) Dr. G. " im Rubrum des Urteils als Prozessbevollmächtigter der Beklagten lässt nicht den Schluss zu, dass das Patentgericht ihren damaligen Bevollmächtigten als Patentanwalt angesehen hat. Aber selbst wenn dies angenommen würde, ergäbe sich jedenfalls nach dem Hinweis des Bundesgerichtshofs vom 12. April 2013, dass nicht erkennbar sei, dass der frühere Bevollmächtigte der Beklagten zu deren Vertretung vor dem Bundesgerichtshof berechtigt sei, kein Grund mehr, auf dessen Vertretungsberechtigung zu vertrauen. Vielmehr hätte es der Beklagten oblegen, sich nunmehr durch einen Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigten vertreten zu lassen, der innerhalb der Frist des § 234 ZPO Wiedereinsetzung in die zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufene Berufungsfrist hätte beantragen und die Berufung innerhalb der seinerzeit noch laufenden, auf Antrag verlängerbaren Berufungsbegründungsfrist nach § 111 Abs. 2 PatG hätte begründen können.
7
Der damalige Bevollmächtigte der Beklagten ist auch vom Senat in der Sache X ZR 82/09 zu keinem Zeitpunkt als vertretungsberechtigter Patentanwalt angesehen worden. Zutreffend ist insoweit allein, dass ihr damaliger Bevollmächtigter in diesem Verfahren mit Eingabe vom 26. November 2012 angezeigt hat, dass er die neue Patentinhaberin vertrete, und diese Anzeige den Parteien zur Kenntnis gebracht wurde. Ein vom Senat geschaffener Vertrauenstatbestand lässt sich hieraus nicht ableiten.
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.11.2012 - 2 Ni 26/11 -
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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Patentgerichts auf der Verletzung des Bundesrechts beruht oder nach § 117 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Das Recht ist verletzt
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Annotations

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung des Patentgerichts auf der Verletzung des Bundesrechts beruht oder nach § 117 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das Patentgericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen des Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.