Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2001 - X ZR 199/00

published on 04/12/2001 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Dez. 2001 - X ZR 199/00
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 199/00
vom
4. Dezember 2001
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
Sachverständigenablehnung
PatG (1981) §§ 110 ff.; ZPO § 406
Im Patentnichtigkeits-Berufungsverfahren führt es nicht ohne weiteres zur Ablehnung
des gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit
, wenn der Sachverständige für Schutzrechte eines Konkurrenten des Patentinhabers
auf dem einschlägigen Gebiet als Erfinder benannt ist.
BGH, Beschluß vom 4. Dezember 2001 - X ZR 199/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2001
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Die Ablehnungsgesuche der Beklagten und der Klägerin zu 2) gegen den gerichtlichen Sachverständigen Dr. med. H. werden für unbegründet erklärt.

Gründe:


Ein Sachverständiger kann nach § 406 ZPO, der auch im Berufungsverfahren in Patentnichtigkeitssachen anwendbar ist, abgelehnt werden, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus hinreichende objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken (Sen.Beschl. v. 15.04.1975 - X ZR 52/73, GRUR 1975, 507 - Schulterpolster; Beschl. v. 19.11.1985 - X ZR 26/84, Liedl 1984/86, 384 - Wabendecke). Dies kann insbesondere dann in Betracht kommen , wenn der Sachverständige in näheren Beziehungen zu einer der Parteien steht (vgl. Sen.Beschl. v. 11.07.1995 - X ZR 99/93; Beschl. v. 07.04.1998 - X ZR 93/95). Dagegen wurde es insbesondere als die Ablehnung nicht rechtfertigend angesehen, wenn der Sachverständige vor längerer Zeit für ei-
nen am Verfahren nicht beteiligten Konkurrenten auf gleichem Gebiet tätig war (Sen.Beschl. v. 11.07.1995 - X ZR 99/93). Entsprechend liegt die Sache hier:
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Sachverständige sei in verschiedenen Schutzrechtsanmeldungen einer am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten Konkurrentin der Beklagten auf dem hier einschlägigen Gebiet als Erfinder benannt worden. Sie meint, dies rechtfertige die Besorgnis der Befangenheit , weil Konkurrenten den Bestand von Schutzrechten Dritter regelmäßig als ihren Interessen abträglich empfänden. Die Klägerin zu 2) ist dem beigetreten.
Der gerichtliche Sachverständige hat auf Befragen angegeben, daß der Vortrag zu den Schutzrechten, bei denen er als Erfinder benannt sei, zutreffe. Diese Erfindung werde aber von der Konkurrentin nicht benutzt; diese wolle die Schutzrechte auch aufgeben und er bemühe sich deshalb um eine Übernahme. "Lizenzen" erhalte er von der Konkurrentin nicht.
Bei diesen Umständen erscheint auch aus der Sicht einer vernünftigen Partei die Annahme nicht gerechtfertigt, daß der Sachverständige möglicherweise den Beteiligten des Rechtsstreits nicht völlig unparteilich gegenübersteht. Gerade bei Streitigkeiten auf dem Gebiet des Patentwesens liegt es nahe , daß ein geeigneter, mit der Materie vertrauter Sachverständiger selbst auf dem Gebiet, für das er als Gutachter herangezogen wird, forschend und entwickelnd tätig wird und daß daraus auch Kontakte zu Wettbewerbern der Parteien und Schutzrechtsanmeldungen entstehen können. Ein die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigender Gesichtspunkt kann aber noch nicht ohne weiteres darin gesehen werden, daß der Sachverständige für Schutzrechte eines Konkurrenten des Patentinhabers auf dem einschlägigen Gebiet als Erfinder
benannt ist.
Auch der Umstand, daû der Sachverständige erwägt, solche Schutzrechte selbst zu übernehmen, stellt allein noch keinen hinreichenden Grund dar, an seiner Unbefangenheit zu zweifeln.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Der A
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Der A
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 26/07/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 93/95 Verkündet am: 26. Juli 2001 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 03/11/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X Z R 1 4 8 / 1 1 vom 3. November 2014 in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Hoffma
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.