Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2006 - X ZR 191/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Von den Kosten des Rechtsstreits, die bis zum Teilvergleich der Parteien am 15. Oktober 2004 in zweiter Instanz und für diesen entstanden sind, haben die Klägerin 44/100 und die Beklagte 56/100 zu tragen. Im Übrigen tragen die Klägerin 46/100 und die Beklagte 54/100 der in zweiter Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits.
Die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
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- A. Die Klägerin füllt Mineralwasser ab. Sie beauftragte die Beklagte mit der Herstellung einer neuen Aufbereitungsanlage zur Filtration, Enteisenung und Entmanganung. Mit der von der Beklagten hergestellten Anlage aufbereitete Mineralwässer wiesen geschmackliche und/oder geruchliche Beeinträchtigungen auf. Die Klägerin hat dies auf Mängel der Werkleistung zurückgeführt und die Beklagte wegen Aufwendungen für die chemische Untersuchung des Wassers und für die provisorische Wiederinbetriebnahme ihrer alten Anlage auf Zahlung von (umgerechnet) 34.445,96 € Schadensersatz nebst Zinsen gerichtlich in Anspruch genommen. Diese Klage war - einschließlich eines durch Teilvergleich vom 15. Oktober 2004 erledigten Betrags von 7.667,29 € - in Höhe von 30.152,11 € nebst Zinsen erfolgreich. Insoweit ist das Urteil des Oberlandesgerichts nicht angefochten worden. In der Sache haben die Parteien in der Revisionsinstanz nur noch um die Widerklage gestritten. Mit dieser hat die Beklagte beantragt, festzustellen, dass der Klägerin über den in der Klageschrift geltend gemachten Betrag hinaus keine weiteren Ansprüche auf Ersatz von Folgeschäden gegen sie zustehen, die gegründet sind auf den Vorwurf, dass sie, die Beklagte, gegen Pflichten aus dem Werkvertrag verstoßen habe.
- 2
- Das Landgericht hat diese Feststellung getroffen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Widerklage abgewiesen.
- 3
- Mit der Revision hat die Beklagte zunächst ihr Widerklagebegehren weiter verfolgt. Die Parteien haben sodann den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Sie beantragen, über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
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- B. Nach dem Sach- und Streitstand, der bis zu der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien zu beurteilen gewesen wäre, entspricht die beschlossene Kostenverteilung der Billigkeit (§ 91 a Abs. 1 ZPO).
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- I. Die Abweisung der als Widerklage erhobenen negativen Feststellungsklage der Beklagten als unbegründet war nicht rechtsfehlerfrei, weil das Berufungsgericht hierzu lediglich ausgeführt hatte, die Unbegründetheit ergebe sich daraus, dass ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 635 BGB a.F. dem Grunde nach bestehe.
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- 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zählt zum Anspruchsgrund des Schadensersatzes, dass der Schaden jedenfalls in irgendeiner Höhe entstanden ist, wobei es ausreicht, wenn hierfür eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht (BGH, Urt. v. 22.02.2002 - V ZR 296/00, NJW 2002, 1806 m.w.N.). Mit der Widerklage hat die Beklagte Feststellung begehrt, dass auch über den mit der Klage verlangten Betrag hinaus ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz von Schäden infolge mangelhafter Werkleistung nicht gegeben ist. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach durfte deshalb nur angenommen werden, wenn mindestens eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht , dass die Klägerin über den Klagebetrag hinaus einen Schaden erlitten hat. Mindestens das hätte das Berufungsgericht unter Angabe der maßgebli- chen Gründe feststellen müssen. Das angefochtene Urteil lässt jedoch schon nicht erkennen, dass sich das Berufungsgericht überhaupt mit der Frage befasst hat, ob abgesehen von den Vermögenseinbußen, die Gegenstand der Klage gewesen sind, der Klägerin tatsächlich weitere Schäden entstanden sind. Entgegen der Meinung der Revisionserwiderung folgt Gegenteiliges nicht aus der Angabe im Tatbestand des angefochtenen Urteils, es habe sich infolge von Reklamationen herausgestellt, dass das abgefüllte Mineralwasser teilweise nach Chemikalien geschmeckt bzw. gerochen habe. Denn aus der bloßen Darstellung im Tatbestand lässt sich nicht zwingend entnehmen, das Berufungsgericht habe hieraus etwas zu Gunsten der Klägerin hergeleitet. Die Bejahung eines Schadens dem Grunde nach kann deshalb nicht in dem von der Klägerin gewünschten Sinne als Schlussfolgerung des Berufungsgerichts verstanden werden, dass Wasser dieser Beschaffenheit nicht verkäuflich gewesen sei bzw. wieder habe zurückgenommen werden müssen, so dass jedenfalls in Höhe der für das Abfüllen und den Versand aufgewendeten Kosten ein (weiterer) Schaden entstanden sei.
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- 2. Im Übrigen hätte auch die Feststellung, dass die Klägerin überhaupt weitere Vermögenseinbußen erlitten hat, nicht die Abweisung der Widerklage gerechtfertigt. Die Klägerin hatte ihre Berühmung, sie habe über die Klageforderung hinaus weitere Schäden in noch nicht ermittelter Höhe, jedenfalls in der Weise konkretisiert, dass sie neben den eingeklagten Beträgen mangelbedingt für den dann vernichteten Warenbestand 115.615,70 DM, für die Rücknahme bereits verkaufter Ware 75.774,94 DM, für Wasser zu Reinigungszwecken 39.793,70 DM, als Schadensausgleich an Kunden 15.500,-- DM, für Werbemaßnahmen 19.800,-- DM, an Behördenkosten 2.053,60 DM und als Betriebskosten für eine neue Wasserstrecke 3.210,-- DM aufgewendet habe. Die Beklagte hatte daraufhin schriftsätzlich erklärt, diese Schadenspositionen seien Gegenstand der Widerklage. Das Berufungsgericht hatte damit (jedenfalls auch) über das Leugnen eines Schadensersatzanspruchs wegen bestimmter von der Klägerin auch der Höhe nach bezifferter Vermögenseinbußen zu befinden.
- 8
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine einen bestimmten Anspruch leugnende Feststellungsklage jedoch nur abgewiesen werden , wenn der Anspruch feststeht, dessen sich der Beklagte einer solchen Klage berühmt (BGH, Urt. v. 02.03.1993 - VI ZR 74/92, NJW 1993, 1716). Wenn es sich um eine Feststellungswiderklage handelt, die einen Schadensersatzanspruch nicht schlechthin, sondern nur leugnet, dass über den Betrag der Leistungsklage hinaus ein Anspruch wegen weiterer bestimmter Schadenspositionen besteht, kann nichts anderes gelten. In einem solchen Fall ist deshalb vor Abweisung der Widerklage zu klären, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang über die als berechtigt erkannte Klageforderung hinaus der vom Beklagten /Widerkläger streitig gestellte Betrag von dem insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger/Widerbeklagten (st. Rspr.; z.B. BGH, Urt. v. 02.03.1993 - VI ZR 74/92, NJW 1993, 1716) als zu ersetzender Schaden dargetan ist.
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- 3. Im Rahmen der revisionsrechtlichen Überprüfung hätte auch nicht davon ausgegangen werden können, diese Prüfung habe sich im Streitfall erübrigt , weil die Entstehung weiterer mangelbedingter Schäden unstreitig gewesen sei. Denn auch darüber verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Entgegen der Meinung der Revisionserwiderung konnte deshalb schon nicht angenommen werden, dass die Höhe der von der Klägerin behaupteten weiteren Schadenspositionen von der Beklagten nicht bestritten gewesen sei.
- 10
- II. Es ist keine sichere Prognose darüber möglich, welchen Erfolg die Widerklage bei der Zurückverweisung der Sache und Fortsetzung des Rechtsstreits gehabt hätte. Sowohl eine Verurteilung als auch eine Abweisung erscheinen möglich.
- 11
- Mit der Revision ist zwar geltend gemacht worden, das Bestehen eines über die Klageforderung hinausgehenden Schadensersatzanspruchs sei von der Klägerin schon nicht schlüssig dargelegt. Ob das so ist, hätte der Senat jedoch dahinstehen lassen müssen. Nachdem das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14. November 2003 im Hinblick auf die Klageforderung bislang nicht hinreichenden Vortrag der Klägerin gerügt und auf die Notwendigkeit ergänzender Angaben hingewiesen hatte, konnte nämlich aus dem Unterlassen eines entsprechenden Hinweises im Hinblick auf die weiteren Forderungen, derer sich die Klägerin berühmt hat, der Eindruck entstehen, die insoweit von der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 2003 gemachten Angaben reichten aus, um eine Abweisung der Widerklage erreichen zu können. Um eine Überraschungsentscheidung zu vermeiden (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.1993 - XI ZR 141/92, NJW-RR 1994, 566), durfte deshalb der Widerklage nicht wegen Unschlüssigkeit der von der Klägerin behaupteten weiteren Forderungen entsprochen werden, ohne der Klägerin auch hinsichtlich der Widerklage zuvor die Möglichkeit einzuräumen, ihren Sachvortrag zu ergänzen. In der Tatsacheninstanz hätte sich so die Unbegründetheit der Widerklage ergeben können.
- 12
- Angesichts der Ungewissheit über den Erfolg der Widerklage ist es angemessen , insoweit beide Parteien kostenmäßig gleich zu belasten. Da hinsichtlich der Klage durch die §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO eine dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen entsprechende Kostenquote gesetzlich vorgegeben ist, führt dies zugleich zu der beschlossenen Verteilung der in erster und zweiter Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits.
Mühlens Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Krefeld, Entscheidung vom 08.04.2003 - 7 O 121/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2004 - I-22 U 68/03 -
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(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.
(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.