Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2003 - X ARZ 117/03

published on 16/12/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2003 - X ARZ 117/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 117/03
vom
16. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 16. Dezember 2003

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Geilenkirchen bestimmt.

Gründe:


I. Der Beklagte hat seinen Wohnsitz im Amtsgerichtsbezirk Geilenkirchen. Der Kläger ist Rechtsanwalt; seine Kanzlei befindet sich im Amtsgerichtsbezirk Karlsruhe. Der Beklagte beauftragte die Sozietät, dessen Mitglied der Kläger ist, mit seiner außergerichtlichen anwaltlichen Vertretung. Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht der Sozietät vom Beklagten Vergütung für diese Tätigkeit.
Er hat den Beklagten vor dem Amtsgericht Karlsruhe verklagt. Dieses hat dem Kläger seine Rechtsauffassung mitgeteilt, wonach es örtlich nicht zuständig sei. Für die geltend gemachte Anwaltsgebührenforderung bestehe kein
besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO am Sitz der Sozietät, weshalb eine Verweisung an das Wohnsitzgericht des Beklagten beantragt werden müsse. Der Kläger hat dem widersprochen, jedoch „vorsorglich“ entsprechende Verweisung beantragt. Wegen ihres (wiederholten) Hinweises auf die ihres Erachtens fehlende örtliche Zuständigkeit hat der Kläger die Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Amtsgericht hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht Geilenkirchen verwiesen. Dieses hat sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 36 Abs. 2 ZPO dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hält den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts Karlsruhe für nicht bindend, weil er vor Entscheidung über den Befangenheitsantrag erlassen worden ist. Es will das Amtsgericht Geilenkirchen als örtlich zuständiges Gericht bestimmen und der Auffassung folgen, daß ein besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes für die Geltendmachung von Rechtsanwaltsgebühren am Kanzleisitz zu verneinen sei, sieht sich daran jedoch durch entgegenstehende höchst- und obergerichtliche Entscheidungen gehindert.
II. Aufgrund der zulässigen Vorlage hat der Bundesgerichtshof nach § 36 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Bestimmung des zuständigen Gerichts zu treffen. Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Geilenkirchen zu bestimmen, weil es das allein örtlich zuständige Gericht ist.
Wie der Senat nach der Vorlageentscheidung mit Beschluß vom 11. November 2003 (X ARZ 91/03, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) bereits
entschieden hat, können Gebührenforderungen von Rechtsanwälten in der Regel nicht gemäß § 29 ZPO am Gericht des Kanzleisitzes geltend gemacht werden. Daß sich aus dem dem Streitfall zugrundeliegenden Vertragsverhältnis Besonderheiten ergäben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, ist nicht dargetan.
Es ist auch nicht dargetan, daß das Amtsgericht Karlsruhe deshalb als Gericht des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) zuständig wäre, weil der Beklagte zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 1 BGB) seinen Wohnsitz im Amtsgerichtsbezirk Karlsruhe hatte. Zwar ist in dem Kopf des Schreibens vom 27. Juli 2001, das der Beklagte als an den Kläger gerichtetes Auftragsschreiben zu den Gerichtsakten gereicht hat, neben einer an erster Stelle genannten Anschrift in Gangelt auch eine Karlsruher Adresse genannt. Das reicht jedoch nicht für die Feststellung aus, daß der Beklagte dort zum damaligen Zeitpunkt einen Wohnsitz hatte. Denn wenn auch der Wohnsitz einer Person nach § 7 Abs. 2 BGB gleichzeitig an mehreren Orten bestehen kann, so setzen doch mehrere Wohnsitze voraus, daß der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse sich gleichermaßen an zwei (oder mehr) Orten befindet (BGH, Urt. v. 14.2.1962 - IV ZR 192/61, LM Nr. 3 zu § 7 BGB; Schmitt in MünchKomm BGB, 4. Aufl., § 7 Rdn. 36). Für einen Doppelwohnsitz des Beklagten in diesem Sinne hat der Kläger nichts vorgebracht.
Da auch sonst nichts für einen abweichenden besonderen Gerichtsstand erkennbar ist, ist zur Entscheidung des Rechtsstreits allein das Gericht zuständig , in dessen Bezirk der Beklagte bei Klageerhebung seinen Wohnsitz hatte.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
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(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältni
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(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we

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published on 11/11/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ARZ 91/03 vom 11. November 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 29 Gebührenforderungen von Rechtsanwälten können in der Regel nicht gemäß § 29 ZPO am Gericht des Kanzleisi
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(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.

(2) Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.

(3) Aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, dass der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.