Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Sept. 2011 - VIII ZR 345/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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- a) Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Rechtsfrage zugelassen, ob es eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellt, wenn - wie im Streitfall - in einem noch unter der Geltung des § 551 BGB aF geschlossenen vorformulierten Mietvertrag eine Vorfälligkeitsklausel mit einer Klausel zusammentrifft, wonach es dem Mieter nur dann gestattet ist, mit Gegenforderungen aufzurechnen, wenn er dies dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat.
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- b) Diese Rechtsfrage hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 4. Mai 2011 (VIII ZR 191/10, NJW 2011, 2201) entschieden. Danach stellt eine Formularklausel, die abweichend von § 551 BGB aF bestimmt, dass die Miete für den jeweiligen Monat im Voraus zu zahlen ist, auch in Kombination mit einer Aufrechnungsklausel, der zufolge die Aufrechnung einen Monat zuvor anzukündigen ist, keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 191/10, aaO Rn. 15).
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- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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- a) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Amtsgericht über den Räumungsanspruch der Kläger in zulässiger Weise durch Teilurteil gemäß § 301 ZPO entschieden.
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- Die Gefahr, dass sich das Amtsgericht bei der Entscheidung des bei ihm anhängig gebliebenen Zahlungsanspruchs mit der im Teilurteil getroffenen Entscheidung in Widerspruch setzen könnte, besteht vorliegend nicht. Die Kläger machen mit ihrem Zahlungsanspruch rückständige Mieten mit der Begründung geltend, dass der Beklagte die vertraglich geschuldete Miete nicht in der vereinbarten Höhe geleistet habe. Der Beklagte stützt sein Verteidigungsvorbringen insoweit auf behauptete Mängel der Mietsache, die gemäß § 536 BGB eine entsprechend gesetzlich geminderte Miete zur Folge gehabt hätten. Das Amtsgericht wird sich daher damit zu befassen haben, ob die Mieten aufgrund der behaupteten Mängel in Höhe der nicht gezahlten Differenz zur vereinbarten Miete nicht geschuldet waren.
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- Die den Räumungsanspruch stützende fristlose Kündigung der Kläger ist indes nicht damit begründet, der Beklagte habe einen Teil der Miete in verzugsbegründender Weise nicht geleistet (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BGB), sondern ist auf den Vortrag gestützt, der Beklagte habe entgegen der vertragli- chen Vereinbarung in § 4 Nr. 1 des Mietvertrages Mietzahlungen wiederholt trotz Abmahnung nicht zum Fälligkeitszeitpunkt geleistet.
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- Vergeblich macht die Revision geltend, die Mieten seien in sämtlichen Monaten, in denen unpünktlich gezahlt worden sei, zu 100 % gemindert gewesen und der Beklagte habe deshalb zu den Fälligkeitszeitpunkten gar keine Miete geschuldet. Hierbei handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen ist (§ 559 Abs. 1 ZPO). Denn der Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen eingeräumt, jedenfalls die von ihm (verspätet) gezahlten Mieten auch zu schulden.
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- b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die in § 4 Nr. 1 des Mietvertrags getroffene Vorfälligkeitsregelung auch in Kombination mit der in § 8 des Mietvertrags vereinbarten Aufrechnungsklausel zutreffend für wirksam erachtet (vgl. Senatsurteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 191/10, aaO).
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- c) Die vom Berufungsgericht auf der Grundlage der unstreitigen Zahlungszeitpunkte getroffene Wertung, das Mietverhältnis der Parteien sei jedenfalls durch die fristlose Kündigung der Kläger vom 16. Dezember 2009 beendet worden, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
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- Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung vom 16. Dezember 2009 wirksam abgemahnt worden. Zutreffend hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner Hilfserwägung die nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erforderliche Abmahnung in der Kündigung beider Kläger vom 16. August 2008 gesehen.
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- Der Sinn einer Abmahnung besteht zum einen darin, dem Empfänger unmissverständlich deutlich zu machen, dass ein bestimmt bezeichnetes vertragswidriges Verhalten nicht mehr länger hingenommen werden wird. Zum an- deren soll die Abmahnung dem Mieter Gelegenheit zur Änderung des beanstandeten Verhaltens geben (Senatsurteil vom 11. Januar 2006 - VIII ZR 364/04, NZM 2006, 338 Rn. 14). Diesen Anforderungen an eine Abmahnung genügt die (unwirksame) fristlose Kündigung der Kläger vom 16. August 2008. Das Berufungsgericht hat diese Kündigungserklärung rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass sie vom Beklagten als Abmahnung aufzufassen war, weil sie dem Beklagten deutlich vor Augen führte, dass beide Kläger mit einer verspäteten Zahlung der Miete nicht einverstanden waren. Einer zusätzlichen ausdrücklichen Aufforderung, sich in Zukunft vertragstreu zu verhalten, bedurfte es entgegen der Auffassung der Revision nicht. Für den Beklagten lag es angesichts der Kündigungserklärung auf der Hand, dass er die Kläger nur dann von weiteren rechtlichen Schritten mit dem Ziel einer Räumung der Wohnung abhalten konnte, wenn er die Miete in Zukunft pünktlich zahlt.
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- Die auf dieser Grundlage vorgenommene tatrichterliche Würdigung, dass die nach der Kündigungserklärung vom 16. August 2008 erneut verspätet geleisteten Mietzahlungen für die Monate Juli bis Oktober 2009 den Klägern die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar machten und die Kläger berechtigten , das Mietverhältnis - ohne nochmalige Abmahnung - mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 fristlos zu kündigen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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- 3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Dr. Fetzer Dr. Bünger
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 14.04.2010 - 4 C 352/08 -
LG Berlin, Entscheidung vom 29.11.2010 - 67 S 259/10 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen.
(2) Ist als Sicherheit eine Geldsumme bereitzustellen, so ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt. Die erste Teilzahlung ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig. Die weiteren Teilzahlungen werden zusammen mit den unmittelbar folgenden Mietzahlungen fällig.
(3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, - 2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder - 3.
der Mieter - a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder - b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, - 2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder - 3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.