Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2009 - VIII ZR 334/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision mit der Erwägung begründet, die im Streitfall aufgeworfene grundsätzliche Rechtsfrage - diese wird allerdings nicht näher beschrieben - sei durch § 556 Abs. 3 BGB nF nur für Wohnraummietverhältnisse erledigt, nicht aber für Gewerberaummietverhältnisse, für die § 556 Abs. 3 BGB nF nicht gelte. Diese Ausführungen weisen erkennbar keinen Bezug zum Streitfall auf. Der Anwendungsbereich des § 556 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 BGB nF ist - was die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - schon deswegen nicht eröffnet, weil diese Vorschriften nur für Abrechnungszeiträume ab dem 1. September 2001 Geltung beanspruchen (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 9 EGBGB), zwischen den Parteien aber die Abrechnung von Nebenkosten für das Jahr 2000 im Streit steht. Außerdem handelt es sich vorliegend um ein Wohnraummietverhältnis; für dieses besteht aber schon nach Ansicht des Berufungsgerichts kein die Zulassung der Revision rechtfertigender Klärungsbedarf. Bei richtiger Betrachtung wirft der Rechtsstreit lediglich die Frage auf, ob der Kläger nach § 242 BGB an der Geltendmachung einer Nachforderung für den Abrechungszeitraum 2000 gehindert ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt aber von der - vorwiegend dem Tatrichter obliegenden - Würdigung der Einzelfallumstände ab und ist einer verallgemeinernden Betrachtungsweise nicht zugänglich.
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- 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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- Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, steht der vom Kläger geltend gemachten Nachforderung für die Abrechnungsperiode 2000 in Höhe von 754,98 € der Einwand treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) entgegen. Das Berufungsgericht hat sich zwar - anders als das Amtsgericht - nicht ausdrücklich mit dem Gesichtspunkt der Verwirkung befasst, sondern den Kläger nach § 242 BGB deswegen an der Durchsetzung seiner Forderung gehindert gesehen, weil diese bei vertragstreuem Verhalten des Klägers verjährt gewesen wäre. Dies ist jedoch unschädlich, denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sind jedenfalls die Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt.
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- a) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats kann sich ein Vermieter, der Nebenkosten nicht innerhalb einer angemessenen Zeit abrechnet, dem Einwand der Verwirkung (§ 242 BGB) ausgesetzt sehen, wenn er nicht geltend machen kann, dass er ohne eigenes Verschulden an der Abrechnung gehindert war (vgl. etwa BGHZ 113, 188, 196 f.; 91, 62, 71). Der Tatbestand der Verwirkung greift allerdings nur dann ein, wenn über das bloße Verstreichenlassen einer Abrechnungsfrist hinaus Umstände vorliegen, die für den Mieter einen Vertrauenstatbestand schaffen und die spätere Geltendmachung des Rechts als treuwidrig erscheinen lassen (BGHZ 91, 62, aaO; Senatsurteil vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 14/06, NJW 2008, 1302, Tz. 13; vgl. ferner Senatsurteile vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 310/82, NJW 1984, 1684, unter 2 c; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 199/04, NJW-RR 2005, 1464, unter II 4; jeweils m.w.N.). Daher hindert allein die Tatsache, dass der Kläger die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2000 entgegen den mietvertraglichen Vereinbarungen (§ 7 Abs. 9 des Mietvertrages) nicht bis zum Ablauf des Monats September 2001 erteilt, sondern sie erst Ende Mai 2006 mit einer Verzögerung von nahezu fünf Jahren vorgenommen hat, noch nicht die Geltendmachung der sich hieraus ergebenden Nachforderungen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142, Tz. 20, m.w.N.).
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- b) Das Verhalten des Klägers erschöpft sich jedoch nicht in dem Verstreichenlassen der vertraglich vereinbarten Abrechnungsfrist und in einem Untätigbleiben über mehrere Jahre hinweg. Vielmehr besteht im Streitfall die Besonderheit, dass der Kläger für die Abrechnungsperiode 2002 seinen Abrechnungspflichten nachgekommen ist, die sich dabei ergebende Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse anschließend gerichtlich geltend gemacht und für den nachfolgenden Zeitraum eine Anhebung der Vorauszahlungen durchgesetzt hat. Wenn die Vorinstanzen angesichts dieses Verhaltens des Vermieters zu der Einschätzung gelangt sind, die Beklagte habe im Jahr 2006 darauf vertrauen dürfen, die für das Jahr 2000 geleisteten Vorschüsse deckten die damals angefallenen Kosten, zumindest aber werde der Kläger keine Abrechnung für diesen Zeitraum mehr erteilen, hält sich dies im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung und lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
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- 3. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 23.10.2006 - 6 C 225/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 24.04.2007 - 65 S 272/06 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.