Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2019 - VII ZR 180/18

published on 22/05/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2019 - VII ZR 180/18
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Landgericht Saarbrücken, 15 O 119/13, 06/10/2016
Landgericht Saarbrücken, 2 U 81/16, 13/08/2018

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 180/18
vom
22. Mai 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat der Nichtzulassungsbeschwerdeführer sich in einem außergerichtlichen
Vergleich gegenüber dem Nichtzulassungsbeschwerdegegner -
voraussetzungslos - zur Zurücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde verpflichtet
und bestehen keine Wirksamkeitsbedenken gegen diese Regelung, so
ist, wenn der Prozessgegner sich auf die getroffene Vereinbarung beruft, die
gleichwohl aufrecht erhaltene Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu
verwerfen (Anschluss an BGH, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01,
NJW 2002, 1503; Urteil vom 14. November 1983 - IVb ZR 1/82, NJW 1984,
805).
BGH, Beschluss vom 22. Mai 2019 - VII ZR 180/18 - Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
ECLI:DE:BGH:2019:220519BVIIZR180.18.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2019 durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Halfmeier sowie die Richterinnen Sacher, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 13. August 2018 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Gegenstandswert: bis 1.400.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt mit der Klage von der Beklagten die Zahlung von Architektenhonorar.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
3
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Berufungsgerichts form- und fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist begründet.
4
Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2018 hat ihr Prozessbevollmächtigter sodann angezeigt, dass er die Vertretung der Klägerin niedergelegt habe.
5
Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 22. Februar 2019 die Abschrift eines am 20. Dezember 2018 unter anderem zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits außergerichtlich geschlossenen Vergleichs vorgelegt, nach dessen § 2 Abs. 3 sich die Klägerin zur Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde "auf eigene Kosten" verpflichtet hat und die Beklagte keinen Kostenantrag stellen wird.
6
Mit Verfügung vom 28. Februar 2019 hat der Senatsvorsitzende unter Bezugnahme hierauf bei dem Klägervertreter angefragt, wie weiter verfahren werden solle. Dieser hat mit Schriftsatz vom 4. März 2019 erklärt, nur unter einer dort näher bezeichneten, im Mandatsverhältnis zur Klägerin liegenden Voraussetzung zur Wiederaufnahme des Mandats und Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde bereit zu sein. Der Vorsitzende hat sodann durch Verfügung vom 11. März 2019 den Klägervertreter darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich durch den von der Beklagten vorgelegten Vergleich vom 20. Dezember 2018, hinsichtlich dessen Wirksamkeit keine Bedenken ersichtlich seien, zur Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde verpflichtet habe und dadurch ihr Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entfallen sein dürfe. Die Beschwerde sei deshalb als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht zuvor von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtanwalt zurückgenommen werde. Der Senat werde nach Ablauf einer näher bestimmten - zwischenzeitlich abgelaufenen - Frist über das Rechtsmittel entscheiden. Auf diese Hinweise ist keine Reaktion mehr erfolgt.

II.

7
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.
8
1. Nach gefestigter, bereits vom Reichsgericht entwickelter und vom Bundesgerichtshof fortgeführter Rechtsprechung können die Parteien eines - wie hier - dem Anwaltszwang unterliegenden Rechtsstreits im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs materiell-rechtlich bindende Vereinbarungen über die Zurücknahme von Klagen, Rechtsmitteln oder über einen Rechtsmittelverzicht auch persönlich treffen. Denn der für Prozesshandlungen bestehende Anwaltszwang beschneidet eine geschäftsfähige Person nicht in ihren Möglichkeiten , außerhalb des Rechtsstreits durch Vertrag mit dem Prozessgegner dahingehende Verpflichtungen über ihr Prozessverhalten einzugehen. Ein insoweit außergerichtlich geschlossener Vergleich beendet den Rechtsstreit zwar nicht unmittelbar. Hält sich die Partei nicht an ihre in dieser Hinsicht materiellrechtlich wirksam eingegangene Verpflichtung, kann der Vertragspartner das aber im Wege der Einrede mit der Folge geltend machen, dass der Verpflichtete das betreffende Verfahren nicht fortsetzen darf. Mit seinem vorangegangenen rechtsgeschäftlichen Verhalten darf sich nämlich auch prozessual niemand in Widerspruch setzen. Beruft sich der Prozessgegner in begründeter Weise darauf , dass eine Partei sich zur Zurücknahme der von ihr erhobenen Klage oder des von ihr eingelegten Rechtsmittels verpflichtet hat, so ist im gleichwohl weiter betriebenen Verfahren die Klage daher als unzulässig abzuweisen beziehungsweise das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01, NJW 2002, 1503, juris Rn. 18; Urteil vom 14. November 1983 - IVb ZR 1/82, NJW 1984, 805, juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze beanspruchen im hier gegebenen Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gleichermaßen Geltung.
9
2. Danach war die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin als unzulässig zu verwerfen. In § 2 Abs. 3 des außergerichtlichen Vergleichs der Parteien hat die Klägerin sich gegenüber der Beklagten verpflichtet, die von ihr gegen das Berufungsurteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückzunehmen. Wirksamkeitsmängel in Bezug auf diese Verpflichtung sind ebenso wenig ersichtlich wie sonstige Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entgegen der mit der Beklagten getroffenen - nach dem Vergleichsinhalt vorausset- zungslosen - Vereinbarung ergeben könnte. Die Beklagte hat sich durch Vorlage des außergerichtlichen Vergleichs der Parteien auch hierauf berufen. Die Aufrechterhaltung der erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde, deren weiterem Betreiben die beklagtenseits erhobene Einrede dauerhaft entgegensteht, ist danach ausgeschlossen mit der Folge, dass die Beschwerde nunmehr unzulässig ist.
Pamp Halfmeier Sacher Borris Brenneisen

Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 06.10.2016 - 15 O 119/13 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 13.08.2018 - 2 U 81/16 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m
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published on 07/03/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 73/01 Verkündet am: 7. März 2002 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 261 Abs. 3 Nr
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.