Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Apr. 2004 - VII ZB 39/03
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
1. Die Klägerin fordert von den beiden Beklagten, die von ihr Wohnungseigentum erworben hatten, restliche Zahlung. Die Beklagten berufen sich demgegenüber in Übereinstimmung mit anderen Erwerbern auf Mängel am Gemeinschaftseigentum. Noch vor Klageerhebung hat die "Wohnungseigentümergemeinschaft D.-Straße 47, vertreten durch den Verwalter" gegen die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, in dem das Vorliegen von Mängeln am Gemeinschaftseigentum , mit denen sich die Beklagten u.a. im Hauptsacheverfah-ren verteidigen, festgestellt werden soll. Das selbständige Beweisverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat am 31. Juli 2003 beschlossen, die im selbständigen Beweisverfahren zu treffenden Feststellungen seien entscheidungserheblich, so daß dessen Ergebnis abzuwarten und das Hauptsacheverfahren erst alsdann fortzusetzen sei. Es hat der Beschwerde der Klägerin mit der Begründung nicht abgeholfen, das Hauptsacheverfahren befinde sich im Stadium der Beweisaufnahme (analog § 493 ZPO). Zudem hätten sich beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2001 damit einverstanden erklärt, daß die Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am Main im hiesigen Verfahren verwertet werden, soweit sie dafür erheblich sind. Aufgrund dieser Erklärung sei das Gericht des Hauptsacheverfahrens berechtigt, das Ergebnis des selbständigen Verfahrens abzuwarten. 2. Das Beschwerdegericht hat mit Beschluß vom 31. Oktober 2003 die Beschwerde zurückgewiesen. Es hat sich der Begründung des Landgerichts angeschlossen und ausgeführt, § 493 ZPO sei jedenfalls entsprechend anzuwenden. Das Ende der Beweiserhebung sei ebenso abzuwarten wie wenn die Beweisaufnahme vom Prozeßgericht selbst angeordnet worden wäre. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO sei mit dem Beschluß des Landgerichts nicht verbunden. Jedenfalls habe mit den Erklärungen der Parteien, sich mit der Verwertung der Feststellungen im selbständigen Beweisverfahren einverstanden zu erklären, eine erneute Beweisaufnahme verhindert werden sollen. Diese Erklärungen seien unwiderruflich. Im Hinblick auf Divergenzen in der Rechtsprechung hat es die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Begründung des Beschwerdegerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. 1. Eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 ZPO hat das Beschwerdegericht , wie im angefochtenen Beschluß ausdrücklich ausgeführt ist, in Übereinstimmung mit dem Landgericht nicht angeordnet. Der Senat hat daher nicht darüber zu entscheiden, ob eine - im Einzelfall auf eine tatrichterliche Ermessensentscheidung zu gründende - Aussetzung hier in Betracht gekommen wäre. Im Beschluß vom 10. Juli 2003 - VII ZB 32/02, BauR 2003,1607 = ZfBR 2003, 765 hat der Senat die Frage offengelassen, ob ein Rechtsstreit nach § 148 ZPO analog ausgesetzt werden darf, wenn die vom Gericht der Hauptsache für beweiserheblich gehaltenen Tatsachen in einem selbständigen Beweisverfahren geklärt werden sollen. Der Senat hat allerdings die Tendenz erkennen lassen, diese Frage zu bejahen; eine abschließende Entscheidung ist auch im vorliegenden Fall nicht veranlaßt. 2. Sollte eine Aussetzung nicht in Betracht kommen, könnte die entsprechende Heranziehung des § 493 ZPO allein einen faktischen Stillstand des Hauptsacheverfahrens bis zum Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens nicht rechtfertigen. Das Beschwerdegericht weist zu Recht daraufhin, daß die in § 493 ZPO abschließend geregelte Verwertbarkeit nur die Beweise betrifft, die im selbständigen Beweisverfahren bereits erhoben wurden. Die Bestimmung sagt nichts darüber aus, wie zu verfahren ist, wenn das selbständige Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen ist und noch kein Beweisergebnis vorliegt.3. Das Beschwerdegericht hat allerdings zu Recht auf die übereinstimmenden Erklärungen der Prozeßbevollmächtigten im Verhandlungstermin vom 20. September 2001 vor dem Landgericht abgestellt und sie als Prozeßhandlungen mit bindender Wirkung angesehen, von der sich eine Partei grundsätzlich nicht einseitig lösen kann. Diese Erklärungen gehen über die Wirkung des § 493 Abs. 1 ZPO hinaus. Sie sollen etwaige Zweifelsfragen bezüglich der Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens beseitigen und zugleich die uneingeschränkte Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens bis zu seinem Abschluß gewährleisten. Sie vermindern damit für beide Parteien das Risiko, daß die Feststellungen der Sachverständigen zu den behaupteten Mängeln in dem Ende 2001 bereits knapp zwei Jahre dauernden selbständigen Beweisverfahren in einer erneuten Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht nochmals getroffen werden müssen. Unter Berücksichtigung der Bedeutung sowie der Tragweite dieser Erklärungen für das weitere Verfahren ist der Beschluß des Landgerichts, das Hauptsacheverfahren bis zum Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens nicht fortzusetzen, nicht zu beanstanden. Dressler Thode Hausmann Kuffer Bauner
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(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.
(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Beruft sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen, über die selbständig Beweis erhoben worden ist, so steht die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich.
(2) War der Gegner in einem Termin im selbständigen Beweisverfahren nicht erschienen, so kann das Ergebnis nur benutzt werden, wenn der Gegner rechtzeitig geladen war.