Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Feb. 2018 - VII ZB 28/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2018 durch den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Sacher, Borris und Dr. Brenneisen
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin, ein Unternehmen, das im Bereich der Werbe- und Medientechnik tätig ist, verlangt von der Beklagten die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet.
- 2
- Die Klägerin hat einen Mahnbescheid über 1.231,65 € zuzüglich Zinsen und Nebenkosten erwirkt, gegen den die Beklagte Widerspruch eingelegt hat. Im Anschluss haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
- 3
- Das Amtsgericht hat nach § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben ; hiergegen wendet sie sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Kostenentscheidungen und zur Aufhebung der Kosten des Rechtsstreits gegeneinander.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ausgeführt, die Klägerin wäre ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung in der Hauptsache voraussichtlich mit ihrer Klage unterlegen gewesen. Die Klägerin habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der vor Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geltend gemachten Vergütung. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 631 Abs. 1 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen.
- 6
- Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leistung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten wolle.
- 7
- Der Vertragsinhalt sei bei Werbeverträgen nur dann hinreichend bestimmt , wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom Gericht nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsächlich erzielt werden könne beziehungsweise tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. "clicks") auf der von der Klägerin unterhaltenen Internetseite in einem bestimmten Zeitraum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit bestimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.
- 8
- 2. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO mit Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999, juris Rn. 7 f.) und auch im Übrigen zulässig.
- 9
- a) Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen. Die Rechtssache hat, anders als das Beschwerdegericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch ist sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen , weil die Frage, ob es sich bei einer Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis um einen Werkvertrag oder um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen handele, für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sei. Auch die Folgefrage, ob die Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Wirksamkeit von Werbeverträgen im Bereich der Printmedien auf Anzeigenschaltungen im Internet entsprechend übertragbar sei, habe grundsätzliche Bedeutung.
- 10
- b) Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2008 - XI ZB 24/07, BauR 2009, 243 Rn. 9; Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591 Rn. 22; Beschluss vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02, NJW-RR 2004, 1219, 1220, juris Rn. 7 f.). Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2014 - VII ZB 54/13 Rn. 5; Beschluss vom 15. September 2009 - IX ZB 36/08, ZVI 2010, 22 Rn. 3; Beschluss vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NZBau 2009, 312 Rn. 5 m.w.N.). Der Senat sieht sich deshalb nicht veranlasst, die aufgeworfenen Rechtsfragen zu entscheiden. Bei summarischer Prüfung ist der Verfahrensausgang offen. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.
- 11
- c) Da die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht hätte erfolgen dürfen, sind die Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben.
Vorinstanzen:
AG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 29.07.2016 - 22 C 16/16 -
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 01.03.2017 - 1 T 169/16 -
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Annotations
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.