Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2000 - VII ZB 16/99

published on 13/01/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2000 - VII ZB 16/99
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 16/99
vom
13. Januar 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Leistet eine Partei, die mit der anderen Partei als Gesamtschuldner zur Zahlung
verurteilt worden ist, den Urteilsbetrag, so entfällt damit nicht ohne weiteres die Beschwer
der anderen Partei.
BGH, Beschluß vom 13. Januar 2000 - VII ZB 16/99 - OLG Köln
LG Bonn
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. Haß, Hausmann,
Dr. Wiebel und Wendt

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1 wird der Beschluß des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Juni 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: bis 8.000 DM

Gründe:


I.

Die Klägerin hatte eine Treppenanlage für einen Neubau geliefert und dort eingebaut. Die beiden Beklagten, auf deren Grundstück der Neubau steht, betreiben dort ein Medizinzentrum. Wer und in wessen Namen die Klägerin beauftragt hatte, ist streitig. Der Beklagte zu 2, der den Neubau als Generalübernehmer errichtet hatte, zahlte vorprozessual einen Teil der Werklohnforderung der Klägerin.
Die Klägerin hat von beiden Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung des restlichen Werklohns gefordert. Das Landgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 1998 antragsgemäß den Beklagten zu 2 durch rechtskräftig gewordenes Teilversäumnisurteil vom selben Tag und den Beklagten zu 1 durch Schlußurteil vom 22. Dezember 1998 als Gesamtschuldner zur Zahlung verurteilt. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, der Beklagte zu 2 habe den Restwerklohn einschließlich Zinsen und Mahnkosten gezahlt. Das Landgericht hat entgegen dem Antrag der Klägerin die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet. Der Beklagte zu 1 hat Berufung eingelegt und weiterhin Klageabweisung mit der Begründung begehrt, den Auftrag nicht erteilt zu haben; dem Antrag der Klägerin, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, hat er widersprochen. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel mangels Beschwer verworfen. Die vorbehaltlose Zahlung des Beklagten zu 2 habe zur endgültigen Erfüllung der streitgegenständlichen Klageforderung geführt, so daß eine Inanspruchnahme des Beklagten zu 1 aus dem Titel nicht mehr drohe. Im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten wirke die Erfüllung auch für den Beklagten zu 1. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ist die Berufung des Beklagten zu 1 nicht mangels Beschwer unzulässig.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entfällt die materielle Beschwer einer zur Zahlung verurteilten Partei, wenn sie nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung und vor Einlegung eines Rechtsmittels den Urteilsbetrag vorbehaltlos zahlt (BGH, Beschluß vom 25. Mai 1976 - III ZB 4/76, LM § 511 ZPO Nr. 31; Urteil vom 16. November 1993 - X ZR 7/92, NJW 1994, 942). Dem steht gleich, wenn ein berechtigter Dritter mit Billigung der verurteilten Partei den Urteilsbetrag zahlt und damit das Schuldverhältnis der Parteien zum Erlöschen bringt (BGH, Urteil vom 24. Juni 1953 - II ZR 200/52, LM § 91 a ZPO Nr. 4). In diesen Fällen geht die Rechtsprechung von einer materiellen Erledigung der Hauptsache zwischen den Instanzen aus, so daß ein rechtsschutzwürdiges Interesse der verurteilten Partei an der Beseitigung des Urteilsausspruchs nicht mehr besteht. 2. So liegt der Fall hier nicht. Der Beklagte zu 2 hatte aufgrund des am Schluß der mündlichen Verhandlung des Landgerichts verkündeten Versäumnisurteils als Gesamtschuldner den Urteilsbetrag vorbehaltlos gezahlt. Diese Leistung führte zu einer endgültigen Befriedigung der Klägerin; das zwischen ihr und dem Beklagten zu 2 bestehende Schuldverhältnis war damit erloschen (§ 362 BGB). Die Leistung des Beklagten zu 2 hätte zu einer Erfüllung der von der Klägerin behaupteten Forderung gegenüber dem Beklagten zu 1 führen können , wenn dieser ebenfalls Schuldner des Urteilsbetrags war (§ 422 Abs. 1 BGB). Dies hat der Beklagte zu 1 im ersten Rechtszug und in seiner Berufungsbegründung in Abrede gestellt. Er hat dem angekündigten Antrag der Klägerin, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, widersprochen. Mithin steht nicht fest, daß die Zahlung des Beklagten zu 2 geeignet war, den Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 in der
Hauptsache zu erledigen und eine materielle Beschwer des Beklagten zu 1 oder sein rechtsschutzwürdiges Interesse an ihrer Beseitigung im Rechtsmittelverfahren auszuschließen. Es ist nicht ersichtlich, daß der Beklagte zu 1 den Beklagten zu 2 bevollmächtigt hatte, die Zahlung des Urteilsbetrages zugleich in seinem Namen zu leisten, um damit seine möglicherweise bestehende Schuld gegenüber der Klägerin zu erfüllen.
Ullmann Haß Hausmann Wiebel Wendt
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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung. (2) Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von
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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

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Annotations

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.

(2) Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.