Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2004 - VII ZB 12/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Beklagten haben Berufung gegen das am 23. September 2003 zugestellte Urteil des Landgerichts eingelegt. Die Begründungsfrist ist auf ihren ersten Antrag bis zum 23. Dezember 2003 verlängert worden. Mit an diesem Tag eingegangenem Antrag haben sie unter Hinweis auf die Erkrankung des sachbearbeitenden Prozeßbevollmächtigten, der nicht in der Lage sei, die weitgehend vorbereitete Begründung fertig zu stellen, um eine weitere Verlängerung der Frist bis zum 31. Dezember 2003 gebeten. Darüber ist zunächst nicht entschieden worden. Am 31. Dezember 2003 ist die Berufungsbegründung beiGericht eingegangen. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin verweigerte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2004 die Zustimmung zur zweiten Fristverlängerung. Daraufhin hat der Vorsitzende des Senats des Berufungsgerichts die Beklagten darauf hingewiesen, daß die beantragte Fristverlängerung wegen der versagten Einwilligung des Gegners nicht gewährt werden könne. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die Berufung verworfen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, § 574 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 238 Abs. 2 ZPO. Sie ist auch begründet. 1. Die Berufungsbegründungsfrist ist am 23. Dezember 2003 abgelaufen. Der zweite Antrag auf Fristverlängerung ist zurückgewiesen worden. 2. Das Berufungsgericht hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Beklagten gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.a) Gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist die versäumte Prozeßhandlung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO nachzuholen. Ist dies geschehen , kann Wiedereinsetzung auch von Amts wegen gewährt werden. Voraussetzung hierfür ist, daß die Gründe für die unverschuldete Fristversäumung entweder zumindest erkennbar gemacht werden oder daß sie offenkundig sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1993 - XII ZR 124/92, NJW-RR 1993, 1091; Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00, NJW-RR 2000, 1590).
b) Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Beklagten haben die versäumte Handlung innerhalb der Frist des § 234 ZPO und auch innerhalb der von ihnen beantragten Frist nachgeholt. Dem Berufungsgericht lagen ohne ausdrückliche Beantragung und Begründung der Wiedereinsetzung alle notwendigen Informationen vor, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen. Ihm war bekannt, daß Rechtsanwalt M. plötzlich erkrankt und deshalb nicht in der Lage war, die Berufungsbegründung fertig zu stellen. Das Berufungsgericht konnte auch keinen Zweifel daran haben, daß die Beklagten den Rechtsstreit trotz Fristversäumung und auch im Falle einer Versagung der zweiten Verlängerung fortführen wollten.
c) Der Senat kann die unterlassene Wiedereinsetzung selbst gewähren (BGH, Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00, NJW-RR 2000, 1590). aa) Nach den durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung glaubhaft gemachten, von der Klägerin nicht bezweifelten Erklärungen der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten war Rechtsanwalt M. ohne sein Verschulden durch eine plötzliche Erkrankung gehindert, die Berufungsbegründung vor Ablauf der Begründungsfrist fertig zu stellen. bb) Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die Beklagten sich bei ihren Prozeßbevollmächtigten um eine Einwilligung in die zweite Verlängerung hätten bemühen müssen, kommt es nicht an. Die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin haben eine Einwilligung auf Anfrage des Gerichts verweigert. Die
Klägerin behauptet nicht, daß die Einwilligung erteilt worden wäre, wenn die Anfrage durch die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten erfolgt wäre. Dressler Hausmann Wiebel
Kniffka Bauner
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(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.
(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.