Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2011 - VI ZR 225/10

published on 07/06/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2011 - VI ZR 225/10
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Landgericht Berlin, 27 O 432/09, 05/11/2009
Kammergericht, 10 U 176/09, 24/06/2010

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 225/10
vom
7. Juni 2011
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juni 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin
Diederichsen und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 24. Juni 2010 wird als unzulässig verworfen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das vorbezeichnete Urteil wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen. Streitwert: 37.500 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung einer Bildberichterstattung, Zahlung einer Geldentschädigung, ergänzende Berichterstattung und Zahlung von Rechtsverfolgungskosten wegen eines Artikels in der Ausgabe Nr. 20/08 der von ihr verlegten Zeitschrift "Neue Woche" vom 10. Mai 2008 geltend. Der Beitrag war auf der Titelseite mit einem Portraitfoto des Klägers angekündigt und auf der Seite des Berichts mit einem Foto, das den Klä- ger als Teilnehmer der Show "Dschungelcamp" zeigt, und mit einem weiteren Foto des Klägers und seiner Ehefrau bebildert. Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung hinsichtlich der Veröffentlichung der drei Fotos sowie zur Zahlung von Rechtsverfolgungskosten verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Unterlassungsgebot hinsichtlich des Fotos auf der Titelseite und des Fotos in dem Bericht bestätigt, das den Kläger und seine Ehefrau zeigt, sowie dem Anspruch auf Zahlung von Rechtsverfolgungskosten in geringerer Höhe stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, ausweislich der Entscheidungsgründe "soweit die Beklagte zur Unterlassung erneuter Bildveröffentlichung und zur Zahlung von Rechtsverfolgungskosten verurteilt worden ist."
2
Mit seiner Revision und der hilfsweise eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.

II.

3
1. Die Revision des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen, weil das Berufungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe die Revision nur zu Gunsten der Beklagten zugelassen hat.
4
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, auf den auch eine Partei die Revision beschränken könnte. Voraussetzung hierfür ist eine Selbständigkeit des von der Zulassungsbeschränkung erfassten Teils des Streit- stoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Dabei muss es sich weder um einen eigenen Streitgegenstand handeln, noch muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz teilurteilsfähig sein (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, VersR 2005, 84, 86; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, VersR 2009, 1269 Rn. 8; vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 mwN).
5
Der Annahme einer beschränkten Revisionszulassung steht nicht entgegen , dass die Entscheidungsformel des Berufungsgerichts - wie hier - keine Einschränkung enthält. Der Tenor ist im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen, wenn sich dies aus den Gründen der Beschränkung klar ergibt. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, aaO; vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08, aaO, Rn. 9; BGH, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 7; vom 21. Januar 2010 - I ZR 215/07, VersR 2010, 928 Rn. 15 f.). Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist danach auch auf eine von mehreren Prozessparteien statthaft, zu deren Nachteil das Berufungsgericht die von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen entschieden hat. Die Zulassung wirkt in diesem Fall nicht zu Gunsten der Partei, zu deren Gunsten die Rechtsfrage entschieden ist und die das Urteil aus einem völlig anderen Grund anzugreifen beabsichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02, NJW-RR 2004, 426, 427 mwN).
6
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht die Revision nur zugelassen hat, soweit die Beklagte zur Unterlassung erneuter Bildveröffentlichung und zur Zahlung von Rechtsverfolgungskosten verurteilt worden ist.
7
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ebenfalls zurückzuweisen, weil die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Insoweit weist der Senat auf Folgendes hin:
8
Hinsichtlich des Anspruchs auf Geldentschädigung entspricht die Würdigung des Berufungsgerichts der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 306; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11, jeweils mwN). Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Berufungsgericht nicht unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) eine besondere Tragweite des Eingriffs verneint. Den vom Kläger als übergangen gerügten Vortrag zu den schweren Folgen der Veröffentlichung hat dieser nur pauschal dargelegt, ohne dem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen. Das Berufungsgericht hat aus diesem Grund den Vortrag vertretbar als unsubstantiiert eingestuft und den vom Kläger angetretenen Beweis nicht erhoben.
9
Soweit der Kläger die Verneinung eines äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs angreift, sind die aufgeworfenen Grundsatzfragen unter den Umständen des Streitfalls nicht klärungsbedürftig. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in dem beanstandeten Artikel nur mitgeteilt wird, gegen den Kläger sei eine Anzeige erstattet, nicht aber über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens berichtet worden. Zudem wurde in dem Bericht darauf hingewiesen, dass eine frühere Anzeige gegen den Kläger ohne Erfolg geblieben ist. Im Hinblick darauf ist - insbesondere auch nicht bei Zugrundelegung der vom Kläger angeführten Äußerungen im Schrifttum - offensichtlich kein äußerungsrechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch gegeben. Dem Bericht ist nicht mehr als die Erstattung einer Strafanzeige und die Meinung der Anzeigenden zu entnehmen, ohne dass eine Prognose über den weiteren Verlauf aufgestellt wurde.
10
Im Übrigen sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO von einer Begründung ab.
11
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.11.2009 - 27 O 432/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.06.2010 - 10 U 176/09 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)