Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2008 - VI ZB 40/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch genommen. In der Klageschrift haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers für ihre außergerichtliche Tätigkeit insgesamt 709,29 € in Rechnung gestellt. Dabei setzten sie eine 1,3 Verfahrensgebühr (richtig: Geschäftsgebühr) gemäß Nr. 2400 VV RVG (nunmehr: Nr. 2300 VV RVG) an. Im Hinblick auf die Anrechnung der Gebühr auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG machten sie weiteren Verzugsschaden in Höhe von 361,75 € geltend. Nach der Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts vom 4. Juni 2007 sind die Kosten des Rechtsstreits zu 1/20 vom Kläger und 19/20 von der Beklagten zu tragen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Novem- ber 2007 hat der Rechtspfleger des Landgerichts zu Gunsten des Klägers einen Erstattungsbetrag von 2.123,44 € nebst Zinsen festgesetzt. Hiergegen hat die Beklagte Erinnerung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die zu Gunsten des Prozessbevollmächtigten des Klägers angefallene Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr des zugrunde liegenden Rechtsstreits anzurechnen sei. Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen. Das für die Entscheidung in der Sache zuständige Oberlandesgericht hat dem Kläger wegen der Anrechnungsbestimmung in Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG lediglich eine 0,65-Verfahrensgebühr zuerkannt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren auf Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr weiter.
II.
- 2
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch in der Sache unbegründet. Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
- 3
- 1. Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermindert sich durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen anwaltlichen Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren nach Nr. 3100 VV RVG anfallende Verfahrensgebühr (Senat, Beschluss vom 3. Juni 2008 - VI ZB 55/07 - RVG professionell 2008, 145 zur Anrechnung für das selbständige Beweisverfahren ; BGH, Urteile vom 7. März 2007 - VIII ZR 86/06 - NJW 2007, 2049; vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06 - NJW 2007, 2050 und vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 310/06 - NJW 2007, 3500; Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - NJW 2008, 1323, 1324 Rn. 6 und vom 30. April 2008 - III ZB 8/08 - NJW-RR 2008, 1095). Mit den dagegen überwiegend in der Instanzrechtsprechung vorgebrachten Argumenten (z.B. KG, AGS 2007, 439; OLG München , Rpfleger 2007, 686; OLG Karlsruhe, AGS 2007, 494; OLG Koblenz, AnwBl 2007, 873; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Oktober 2007, AGS 2008, 43), derentwegen die vorliegende Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist und die sich die Rechtsbeschwerde zu Eigen macht, hat sich der VIII. Zivilsenat eingehend auseinandergesetzt und sie sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Darauf wird Bezug genommen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07 - aaO Rn. 11 ff.). Die dadurch bedingte Belastung des Kostenfestsetzungsverfahrens mit materiell-rechtlichen Fragen in manchen Fällen ist angesichts der eindeutigen Fassung des Gesetzes ebenso hinzunehmen wie Einschränkungen der Kostenerstattungsansprüche gegenüber der früheren Praxis , die die Anrechnungsvorschriften gegen deren Wortlaut im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht angewendet hatte.
- 4
- 2. Mit Recht haben hiernach die Vorinstanzen die vom Kläger zur Festsetzung angemeldete 1,3-Verfahrensgebühr unter Teilanrechnung der wegen desselben Gegenstandes entstandenen Geschäftsgebühr auf die Hälfte vermindert. Die Rechtsbeschwerde kann sich nicht darauf berufen, dass eine Geschäftsgebühr durch die vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers vor dem Prozess nicht ausgelöst worden sei, weil mangels eines gesonderten Auftrags keine selbständige Angelegenheit gegeben sei. Hierbei handelt es sich um neue Tatsachen, die im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr zugelassen werden können (§ 576 Abs. 1 ZPO). Hinzu kommt, dass dieser Vortrag in Widerspruch steht zum Inhalt der Klageschrift. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
LG Köln, Entscheidung vom 07.11.2007 - 26 O 341/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.05.2008 - 17 W 84/08 -
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Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.