Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2012 - V ZR 64/12

published on 08/11/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2012 - V ZR 64/12
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Amtsgericht Hannover, 417 C 9733/10, 08/03/2011
Landgericht Hannover, 16 S 17/11, 17/02/2012

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 64/12
vom
8. November 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. Februar 2012 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.000 €.

Gründe:


I.

1
Zugunsten der im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücke 625 und 626 ist das Flurstück 630, dessen Eigentümer der Beklagte ist, mit einer Grunddienstbarkeit zur "Benutzung von Treppenhaus und Hauseingang als Fluchtweg" belastet. Der Fluchtweg auf dem Flurstück 630 kann ohne Betreten des Flurstücks 627, das ebenfalls im Eigentum des Beklagten steht, nicht erreicht werden. Das Betreten des Flurstücks 627 ist dem Kläger nicht mehr möglich , nachdem der Beklagte auf diesem eine Leichtbauwand errichtet hat.
2
Der Kläger hat von dem Beklagten unter anderem die Erstellung eines von dem Flurstück 626 über das Flurstück 627 führenden Fluchtwegs im ersten Obergeschoss des Hauses zu dem Treppenhaus sowie die Duldung der Benutzung dieses Fluchtwegs durch den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 626 und die Bewilligung der Erstreckung der bestehenden Dienstbarkeiten auf das Flurstück 627 verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung verurteilt, es zu unterlassen, den Zugang von den Flurstücken 625 und 626 hin zum Flurstück 630 zu behindern. Die Revision gegen sein Urteil hat das Landgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

II.

3
Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
4
1. Der Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich auch bei Rechtsstreitigkeiten, die eine Grunddienstbarkeit betreffen, nur nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Berufungsurteils (Senat, Beschluss vom 30. Januar 1957 - V ZR 263/56, BGHZ 23, 205, 206; Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514, 515). Die von dem Berufungsgericht ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung hat zunächst die Beseitigung der gegenwärtig bestehenden Behinderung des Zugangs zu dem Flurstück 627 zum Inhalt. Sie erfordert - zumindest teilweise - das Entfernen der Leichtbauwand. Daher ist die Beschwer zum einen nach den Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses zu bemessen, die dem Beklagten bei seinem Unterliegen drohen (Senat, Urteil vom 10. Dezember 1993 - V ZR 168/92, BGHZ 124, 313, 319; Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514, 515). Zum anderen ist die Wertminderung zu berücksichtigen, die das Flurstück 627 erleidet, wenn es bei der Verurteilung bliebe (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Januar 1957 - V ZR 263/56, BGHZ 23, 205, 206; Beschluss vom 26. März 2009 - V ZR 209/08, Grundeigentum 2009, 715). Beide Werte sind zusammenzurechnen.
5
2. Der Beklagte hat nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - in hinreichendem Maß dargelegt und glaubhaft gemacht, dass diese Werte zusammen 20.000 € überschreiten. Dem von ihm vorgelegten Gutachten eines Architektur- und Sachverständigenbüros kann das Erreichen dieser Beschwer nicht entnommen werden.
6
Es führt zwar Kosten für entstehende Baumaßnahmen auf. Der entsprechende Aufwand, bezogen auf das Keller- und Erdgeschoss, ist aber schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Leichtbauwand außer im Obergeschoss auch in den anderen Geschossen errichtet worden ist. Ausweislich der erstinstanzlichen gestellten Klageanträge besteht die Notwendigkeit eines Fluchtweges nur für das Obergeschoss, weil dieses ansonsten nur über einen Fahrstuhl zu erreichen ist. Aber auch die aus dem Gutachten ersichtlichen Kosten für bauliche Maßnahmen im Obergeschoss in Höhe von 4.756,64 € sind nicht schlüssig dargelegt. Hier bleibt bereits offen, aus welchen Gründen der Einbau einer Feuerschutztür in Höhe von 3.200 € erforderlich sein soll. Eine Begründung wird hierfür nicht gegeben. Im Fall einer Ersatzvornahme ist zudem auf die anfallenden Kosten für die Beseitigung der eingezogenen Leichtbauwand abzustellen. Zu der Höhe dieser Kosten ist dem Gutachten nichts zu entnehmen.
7
Die durch die künftige Beeinträchtigung eintretende Wertminderung des Flurstücks 627 ist ebenfalls nicht dargelegt. Eine Ermittlung des Wertes des Flurstücks 627 mit der Belastung, das Betreten des Obergeschosses zum Zwecke des Erreichens des Fluchtweges auf dem Flurstück 630 zu dulden, ist ebenso wenig erfolgt wie die Ermittlung des Wertes ohne eine solche Belastung. In dem vorgelegten Gutachten werden lediglich drohende Mietausfälle errechnet. Eine entsprechende Minderung des Ertragswertes des Flurstücks ist damit schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil die genannten Mieteinnahmen nur auf den Angaben des Beklagten gegenüber dem Sachverständigen beruhen. Zudem sind die für das Keller- und das Erdgeschoss angesetzten Mietausfälle schon deshalb ohne Belang, weil, wie dargelegt, nicht davon ausgegangen werden kann, dass auch dort die bisherige Nutzung beeinträchtigt wird. Aus diesem Grund geht auch der ohnehin nur pauschal gehaltene Hinweis des Beklagten fehl, auf ihn komme wegen der entfallenden Nutzung des Erdgeschosses als PKW-Einstellplatz eine nach der Reichsgaragenverordnung in Verbindung mit der Gebührenordnung der Stadt H. zu zahlende Ablösesumme in Höhe von 12.800 € zu.

III.

8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts ist der Senat - mangels anderer Anhaltspunkte - von der Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts für den Klageantrag lfd.
Nr. 1, der allein Gegenstand der Verurteilung des Beklagten und damit des Beschwerdeverfahrens ist, ausgegangen. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 08.03.2011 - 417 C 9733/10 -
LG Hannover, Entscheidung vom 17.02.2012 - 16 S 17/11 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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Annotations

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)