Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2012 - V ZR 250/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin kaufte von den Beklagten zu 1 und 2 ein Hausgrundstück unter Ausschluss der Gewährleistung. Zuvor hatte sie mit dem Beklagten zu 3, dem von den Verkäufern mit dem Verkauf des Objekts beauftragten Makler, das Haus besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war der Keller teilweise frisch gestrichen. Nach Übergabe stellte die Klägerin Feuchtigkeitsschäden im Keller und in der Garage fest. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der als Feuchtigkeitsschutz dienende Innenwand -Sperrputz teilweise nicht mehr intakt und daher die Kellerwände feucht seien. Zudem bestätigte er das Vorliegen von Feuchtigkeitsschäden in der Garage. Die Klägerin, die sich arglistig getäuscht sieht, verlangt von den Beklagten u.a. Zahlung der voraussichtlichen Instandsetzungskosten sowie Erstattung der Maklercourtage. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ohne erneute Beweisaufnahme im Wege eines Grund- und Teilurteils festgestellt, dass die Zahlungsklage im Hinblick auf den feuchten Keller dem Grunde nach gerechtfertigt sei, die Beklagten insoweit für Folgeschäden einzustehen hätten und dass die Ansprüche gegen den Beklagten zu 3 auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhten. Hinsichtlich der Mängel an der Garage hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagten begehren mit der Beschwerde die Zulassung der Revision, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
II.
- 2
- Nach Ansicht des Berufungsgerichts lassen die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen in Zusammenschau mit der Aussage des Sachverständigen nur den Schluss auf bereits bestehende Feuchtigkeitsschäden des Kellers im Verkaufszeitpunkt zu. Hierüber habe der Beklagte zu 3 die Klägerin in betrügerischer Weise arglistig getäuscht. Ihm sei aufgrund vorangegangener Besichtigungen bekannt gewesen, dass vor dem Überstreichen der Kellerwände der Putz abgeblättert sei und der Keller modrig gerochen habe. Trotzdem habe er den Keller als "staubtrocken" bezeichnet. Der Beklagte zu 3 hafte daher gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Die Beklagten zu 1 und 2 hätten für dessen Verhalten gemäß § 278 BGB und § 831 BGB einzustehen.
III.
- 3
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses hat, wie die Beklagten zu Recht rügen, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Berufungsgericht durfte ohne erneute Vernehmung der Zeugen das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht anders würdigen als das Landgericht.
- 4
- 1. Grundsätzlich steht es allerdings im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Das Berufungsgericht ist zur nochmaligen Vernehmung jedoch verpflichtet, wenn es die protokollierten Zeugenaussagen anders verstehen oder würdigen will als die Vorinstanz. Eine erneute Vernehmung kann in diesem Fall allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704, mwN). Unterlässt das Berufungsgericht die gebotene nochmalige Vernehmung eines Zeugen, so verletzt dies das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.
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- 2. Zwar hat das Berufungsgericht die Aussagen der Zeugen B. , W. und F. nicht anders verstanden als das Landgericht. Ebenso wie dieses würdigt es deren Aussagen dahingehend, dass die von ihnen geschilderte Wahrnehmung eines modrigen Kellergeruchs, von Farbabplatzungen an den Kellerwänden und Schimmelspuren auf einem gerahmten Bild für das Vorhandensein von Feuchtigkeitsschäden bereits bei Kaufvertragsabschluss sprächen. Auch den Angaben des Sachverständigen Fl. hat das Berufungsgericht keine andere Bedeutung beigelegt als das Landgericht.
- 6
- Die Beschwerde rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen P. und J. H. unberücksichtigt gelassen hat. Deren Aussage, sie hätten das Objekt genauer in Augenschein genommen und einen modrigen Geruch des Kellers nicht wahrgenommen , war maßgeblich für die Überzeugung des Landgerichts, dass den Beklagten eine Kenntnis von den Feuchtigkeitsschäden nicht nachgewiesen werde könne. Die fehlende Berücksichtigung der Angaben dieser Zeugen im Berufungsurteil lässt darauf schließen, dass das Berufungsgericht ihre Aussagen offensichtlich für unbeachtlich gehalten hat, indem es - abweichend von der Würdigung des Landgerichts - unterstellt hat, dass die Zeugen H. den Keller nicht genau angesehen haben. Damit hätte es die Bekundungen der Zeugen in anderer Weise gewürdigt als das Landgericht, das die Angabe des Zeugen J. H. , er habe das Objekt genauer in Augenschein genommen , nicht in Zweifel gezogen hat. Zu diesem von der Würdigung des Landgerichts abweichenden Ergebnis durfte das Berufungsgericht nicht kommen, ohne zuvor erneut die Zeugen vernommen zu haben.
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- 3. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung der Frage der arglistigen Täuschung gelangt wäre, wenn es die Zeugen P. und J. H. erneut vernommen und ihre Aussagen in die Beweiswürdigung einbezogen hätte.
IV.
- 8
- 1. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, alle erstinstanzlich vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen und bei Entscheidungsreife Urteilsgründe darzulegen, die sich an konkreten Anspruchsgrundlagen und ihren gesetzlichen Voraussetzungen ausrichten. So wird beispielsweise zu berücksichtigen sein, dass eine Zurechnung nach § 278 BGB bei einer deliktsrechtlichen Inanspruchnahme nicht in Betracht kommt und dass § 831 BGB keine Zurechnungsnorm, sondern eine Norm ist, die eine Haftung für eigenes Verschulden regelt.
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- 2. Auch im Falle des Obsiegens der Klägerin mit dem Antrag auf Zahlung der Instandsetzungskosten für den feuchten Keller hat sie keinen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der Maklercourtage. Denn es fehlte inso- weit bereits an einem Schaden der Klägerin, da sie mit der Zuerkennung der begehrten Instandsetzungskosten so gestellt würde, als habe sie ein mangelfreies Haus erworben.
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 06.05.2011 - 3 O 2317/09 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 14.10.2011 - 6 U 123/11 -
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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.
(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.
(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.