Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2011 - V ZR 235/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über dessen Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das führt zur Auferlegung der Kosten auf den Beklagten, da die Revision der Klägerin Erfolg gehabt hätte.
- 2
- Die Annahme des Berufungsgerichts, dem Anspruch der Klägerin auf Einräumung des Wohnrechts habe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegengestanden, hätte revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht standgehalten. Die Situation, die das Berufungsgericht durch den Rückgriff auf Treu und Glauben zu bewältigen suchte, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Setzt der Gläubiger einen Anspruch durch, obwohl er dem Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis seinerseits zu einer Leistung verpflichtet ist, sind die Interessen des Schuldners durch die Möglichkeit geschützt , sich auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen (§ 273 Abs. 1 BGB). Die entsprechende Einrede hat zur Folge, dass er die geschuldete Leistung nur gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung erbringen muss, also nur Zug um Zug verurteilt wird (§ 274 Abs. 1 BGB). Regelt das Gesetz einen Interessenkonflikt , ist der Richter nicht berechtigt, die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben durch vermeintlich angemessenere Konfliktlösungen zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1985 - VIII ZR 119/84, NJW 1985, 2579, 2580).
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- Die in den §§ 273, 274 BGB getroffenen Regelungen waren hier einschlägig. Der Beklagte hätte sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen können , soweit ihm die Klägerin wegen der vorvertraglichen Pflichtverletzung Ersatz des Vertrauensschadens schuldete (§ 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB; vgl. näher Senat, Urteil vom 11. Juni 2010 - V ZR 144/09, WuM 2011, 524). Der Schadensersatzanspruch ist entstanden und fällig. Dass sich seine Höhe anhand des Betrages berechnen lässt, den der Beklagte für die Anmietung einer Ersatzwohnung hätte aufwenden müssen oder welcher ihm dadurch entgangen wäre, dass er andere Räume in der Pension bezogen und diese nicht mehr als Gästezimmer hätte vermieten können, führt nicht etwa dazu, dass solche Ausgaben bzw. Einnahmeverluste Fälligkeitsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sind. Denn nicht hierin liegt der Schaden des Beklagten, sondern in den durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigten berechtigten Erwartungen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Mai 2006 - V ZR 264/05, BGHZ 168, 35, 39). Die genannten Kosten bzw. Einnahmeeinbußen dienen lediglich als Anhaltspunkt für die Bezifferung des - durch den Abschluss des Vertrages erlittenen und von zukünftigen Entwicklungen unabhängigen - Vertrauensschadens.
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- Vor diesem Hintergrund hätte die Revision aller Voraussicht nach zu einer antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten geführt. Eine Einschränkung in Form einer Zug-um-Zug-Verurteilung kam nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht in Betracht, da ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen der Aufklärungspflichtverletzung der Klägerin auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht hätte beziffert werden können und die Revisionserwiderung keinen Verweis auf eine nachvollziehbare Darlegung des Beklagten in der Berufungsinstanz enthält, die eine Berechnung des erlittenen Vertrauensschadens ermöglicht hätte.
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- 2. Der Gegenstandswert ist einheitlich auf 21.600 € festgesetzt worden. Der Wert der Hauptsache bleibt trotz der übereinstimmenden Erledigungserklärungen für alle Gebühren maßgeblich, da die im Streit befindlichen Kosten den Wert der Hauptsache übersteigen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 "Erledigung der Hauptsache"). Krüger Lemke Stresemann Czub Weinland
LG Freiburg, Entscheidung vom 13.10.2008 - 5 O 297/07 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 04.11.2010 - 13 U 138/08 (10) -
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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
(1) Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist.
(2) Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzug der Annahme ist.
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
(1) Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist.
(2) Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzug der Annahme ist.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.