Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2010 - V ZR 12/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Feststellung ihrer Berechtigung zum Ankauf von deren im Land Brandenburg gelegenen Grundstück nach §§ 61, 12, 9 und 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe e SachenRBerG. Auf diesem Grundstück hatte der Vater der Klägerin 1970 statt des genehmigten Wochenendhauses ein Wohnhaus errichtet und dort mit seiner Familie gewohnt , bis er das Anwesen 1972 dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR überlassen musste, das es fortan für Freizeit- und Erholungszwecke nutzte. Im Jahre 1990 erlangte er es wieder zurück und war dort vom 11. September 1990 bis zu seinem Tod am 25. September 2006 polizeilich gemeldet. Ob er dort auch gewohnt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Anspruchsberechtigung der Klägerin festgestellt.
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- 2. Die Beschwerde ist unbegründet, weil die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und eine Entscheidung auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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- a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat, stimmt allerdings, das ist der Beschwerde einzuräumen, nicht in jeder Hinsicht mit der Rechtsprechung des Senats überein.
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- aa) Das Berufungsgericht meint, die Anspruchsberechtigung der Klägerin scheitere daran, dass die hier wegen des Verstoßes gegen die Baugenehmigung erforderliche Billigung staatlicher Stellen nicht nach § 10 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG vermutet werde. Das sei nur der Fall, wenn nicht nur die Errichtung des Gebäudes selbst, sondern auch dessen Nutzung zu Wohnzwecken geduldet werde und die Wohnnutzung mindestens fünf Jahre andaure. Daran fehle es hier.
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- bb) Diese von dem Berufungsgericht schon früher vertretene Ansicht (OLG Brandenburg VIZ 1998, 154) hat der Senat zwar im Ansatzpunkt gebilligt (Beschl. v. 15. Januar 1998, V ZR 397/96; Urt. v. 6. April 2001, V ZR 438/99, VIZ 2001, 503, 504). Die Billigung staatlicher Stellen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG erfordert aber nach der Rechtsprechung des Senats nicht, dass die in der DDR zuständigen Organe der Bauaufsicht Kenntnis von dem Bau- werk erlangt hatten und dennoch fünf Jahre nicht eingeschritten sind. Die Frist beginnt vielmehr mit der Fertigstellung des Gebäudes (Senat, Urt. v. 3. Juli 2009, V ZR 220/08, WuM 2009, 530, 531). Es ist auch nicht erforderlich, dass die Wohnnutzung mindestens fünf Jahre gedauert haben muss (vgl. Senat, Urt. v. 20. November 2009, V ZR 175/08, ZOV 2010, 18, 19).
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- b) Auf diese teilweise Abweichung von der Rechtsprechung des Senats kommt es hier allerdings nicht an. Die Billigung staatlicher Stellen wird hier unabhängig davon schon deshalb nicht nach § 10 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG vermutet, weil die zuständigen Stellen den Verstoß gegen die Baugenehmigung gerade nicht mindestens fünf Jahre hingenommen haben. Sie haben zwar den Abbruch des Gebäudes nicht angeordnet, sondern das Gebäude selbst genutzt. Die Anordnung des Abbruchs eines Gebäudes ist aber nicht der einzige Weg, eine vorschriftengemäße Nutzung des bebauten Grundstücks wiederherzustellen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn die unzulässige Nutzung abgestellt wird. Das ist hier geschehen. Zugelassen war eine Erholungs- und Freizeitnutzung, nicht dagegen die von dem Vater der Klägerin vorgenommene Wohnnutzung. Diese ist aber mit der Übernahme des Grundstücks durch das Ministerium für Staatssicherheit abgestellt worden, das das Grundstück fortan wieder nur zu Freizeit- und Erholungszwecken nutzte. Damit scheidet eine Billigung staatlicher Stellen aus.
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- 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 13.11.2008 - 17 O 102/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.12.2009 - 5 U 216/08 -
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(1) Billigung staatlicher Stellen ist jede Handlung, insbesondere von Verwaltungsstellen, Vorständen landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften oder sonstigen Organen, die nach in der Deutschen Demokratischen Republik üblicher Staats- oder Verwaltungspraxis die bauliche Nutzung fremder Grundstücke vor Klärung der Eigentumsverhältnisse oder ohne Bestellung eines Nutzungsrechts ausdrücklich anordnete oder gestattete. Dies gilt auch, wenn die zu beachtenden Rechtsvorschriften nicht eingehalten worden sind.
(2) Ist für die bauliche Maßnahme eine Bauzustimmung oder Baugenehmigung erteilt worden, ist zugunsten des Nutzers zu vermuten, daß die bauliche Nutzung des Grundstücks mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt ist. Das gleiche gilt, wenn in einem Zeitraum von fünf Jahren nach Fertigstellung des Gebäudes vor Ablauf des 2. Oktober 1990 eine behördliche Verfügung zum Abriß nicht ergangen ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)