Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2006 - V ZB 73/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 615 €
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin hat die Beklagten zu 1, die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind, sowie die Beklagten zu 2 und 3 in zweiter Instanz auf die Beseitigung von Stellplätzen in Anspruch genommen. Die Beklagten haben sich dabei durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. In dem Berufungsurteil sind die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 und 3 der Klägerin auferlegt worden. Die Beklagten zu 1 haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
- 2
- Die Beklagten zu 2 und 3 haben zu Lasten der Klägerin die Festsetzung einer 13/10 Prozessgebühr und einer 13/20 Verhandlungsgebühr zuzüglich Nebenkosten sowie der Kosten eines Unterbevollmächtigten beantragt. Das Amtsgericht hat die zu erstattenden Kosten (13/10 Prozessgebühr, 13/10 Verhandlungsgebühr und die Nebenkosten) auf insgesamt 931,02 € festgesetzt; die Kosten für den Unterbevollmächtigten hat es nicht als erstattungsfähig angesehen.
- 3
- Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagten zu 2 und 3 beantragen, verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter, die Festsetzung auf den Bruchteil der Anwaltskosten zu reduzieren, der im Verhältnis der Beklagten auf die Beklagten zu 2 und 3 entfällt.
II.
- 4
- Das Beschwerdegericht hält den Beschluss des Amtsgerichts für zutreffend , weil die darin festgesetzten Kosten den Beklagten zu 2 und 3, wie deren Anwalt versichert habe, in Rechnung gestellt worden und somit als tatsächlich aufgewandt anzusehen seien. Dass den Beklagten zu 1 die Anwaltsgebühren möglicherweise nicht in Rechnung gestellt worden seien und der sie betreffende Kostenausspruch in diesem Fall leer laufe, müsse hingenommen werden.
III.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass in dem angefochtenen Beschluss lediglich die - durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1887) abgeschaffte - "weitere Beschwerde" zugelassen worden ist. Da das Beschwerdegericht wegen der von ihm angenommenen grundsätzlichen Bedeutung der Sache eine weitere Instanz eröffnen wollte, ist dieser Ausspruch als Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verstehen.
- 6
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet, weil der angefochtene Beschluss auf einer Rechtsverletzung beruht.
- 7
- Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass eine obsiegende Partei, die zusammen mit weiteren, im Prozess unterlegenen Streitgenossen durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten war, grundsätzlich nur den ihrer Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen kann (BGH, Beschl. v. 30. April 2003, VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217; Beschl. v. 17. Juli 2003, I ZB13/03, NJW-RR 2003, 1507; Beschl. v. 5. Juli 2005, VIII ZB 114/04, NJW-RR 2006, 215; Beschl. v. 20. Februar 2006, II ZB 3/05; vgl. auch Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 91 Stichwort "Streitgenossen"). Eine Ausnahme gilt nur, wenn feststeht , dass der obsiegende Streitgenosse seinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch im Innenverhältnis (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht realisieren kann, und er deshalb die vollen Kosten bezahlen muss oder - wenn er bereits über seinen Anteil hinaus gezahlt hat - den ihm im Innenverhältnis zustehenden Ausgleich nicht erhalten wird (vgl. BGH, Beschl. v. 30. April 2003, VIII ZB 100/02, NJWRR 2003, 1217, 1218). Hierauf berufen sich die Beklagten zu 2 und 3 indessen nicht. Demgemäß steht ihnen nur ein Anspruch auf Erstattung eines ihrer tatsächlichen und wertmäßigen Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteils an den Kosten des gemeinschaftlich mit den Beklagten zu 1 beauftragten Anwalts zu.
- 8
- Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung erweist sich der angefochtene Beschluss auch nicht deshalb als richtig, weil das Amtsgericht die Erstattungsfähigkeit der von den Beklagten zu 2 und 3 geltend gemachten Kosten eines Unterbevollmächtigten verneint hat. Abgesehen davon, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss insoweit nicht angegriffen worden ist, besteht zwischen den Voraussetzungen, unter denen die Kosten eines Unterbevollmächtigten erstattungsfähig sind, und der für das Rechtsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Frage, welche Kosten zu erstatten sind, wenn Streitgenossen von einem Rechtsanwalt gemeinsam vertreten wurden, kein sachlicher Zusammenhang.
- 9
- Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da der angefochtene Beschluss keine Feststellungen zu der für die Kostenfestsetzung maßgeblichen Beteiligung der Beklagten zu 2 und 3 am Rechtsstreit enthält, so dass insbesondere nicht beurteilt werden kann, inwieweit der - vom Amtsgericht zu Lasten der Klägerin veränderte - Ansatz der Verhandlungsgebühr im Verhältnis zu den Beklagten zu 2 und 3 berechtigt ist. Die Sache ist daher zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Wandsbek, Entscheidung vom 18.02.2004 - 712 C 198/01 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 03.03.2005 - 314 T 105/04 -
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.