Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2012 - V ZB 63/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Augsburg vom 5. Juli 2011 und der 5. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 18. Juli 2011 sie in ihren Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen in allen Instanzen werden dem Landkreis Augsburg auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens be- trägt 3.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Die Betroffene, eine irakische Staatsangehörige, kam mit einem gültigen Besuchsvisum nach Italien und reiste von dort am 15. April 2010 unerlaubt nach Deutschland ein, wo sie erfolglos Asyl beantragte. Zwei Anordnungen von vorläufiger Sicherungshaft vom 22. September 2010 und vom 6. Oktober 2010 konnten nicht vollzogen werden, weil sie nicht auffindbar war. Ihre Abschiebung wurde - seit dem 5. März 2011 vollziehbar - angeordnet. Mit seit dem 4. Juli 2011 bestandskräftigem Bescheid vom 18. Mai 2011 wurde sie ausgewiesen. Die italienischen Behörden sagten die Rücknahme der Betroffenen bis zum 7. März 2012 zu. Am 28. Juni 2011 beantragte diese erneut in Deutschland Asyl. Auf den Antrag der beteiligten Behörde auf Anordnung von Abschiebungshaft hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5. Juli 2011 Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 4. Oktober 2011 angeordnet. Die Beschwerde der Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sie sich mit der Rechtsbeschwerde, nach ihrer Abschiebung nach Italien am 27. Juli 2011 mit dem Antrag, die Verletzung ihrer Rechte durch die Anordnung und Aufrechterhaltung der Haft festzustellen.
II.
- 2
- Das Beschwerdegericht meint, die Betroffene sei vollziehbar ausreisepflichtig. Ihr Asylantrag vom 28. Juni 2011 stehe der Anordnung von Sicherungshaft nicht entgegen. Es bestehe der begründete Verdacht, dass sie sich der Abschiebung entziehe werde. Sie habe sich zwei Haftanordnungen entzogen. Es sei offensichtlich, dass sie das Besuchsvisum für Italien angestrebt ha- be, um von dort nach Deutschland zu gelangen, wo ihre Brüder wohnten. Sie werde der Abschiebung deshalb nicht Folge leisten. Ihre Zurückschiebung sei auch nicht unverhältnismäßig. Von der Betroffenen nicht zu vertretende Gründe , die einer Durchführung der Abschiebung in den nächsten drei Monaten entgegenstünden , seien nicht ersichtlich. Eine ergänzende Anhörung der Betroffenen sei nicht erforderlich.
III.
- 3
- Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 9) und auch sonst zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Betroffene ist durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht in ihren Rechten verletzt worden.
- 5
- a) Sicherungshaft darf nur angeordnet werden, wenn der von der beteiligten Behörde vorgelegte Haftantrag die nach § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG vorgeschriebene Begründung enthält und diese den gesetzlichen Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG entspricht (Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, FGPrax 2011, 317 Rn. 8). Daran fehlt es hier.
- 6
- aa) Den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung genügt ein Haftantrag nicht schon dann, wenn darin entsprechend § 23 FamFG "die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben" werden. Vielmehr muss er sich zu allen in § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG bestimmten Punkten verhalten. Die dazu notwendigen Darlegungen dürfen zwar knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls ansprechen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, FGPrax 2011, 317 f. Rn. 9), auf den konkreten Fall zugeschnitten sein und dürfen sich nicht in Leerformeln und Textbausteinen erschöpfen (Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2011 - V ZB 311/10, FGPrax 2012, 82, 83 Rn. 13). Das gilt insbesondere für die Ausführungen zur beantragten Dauer der Haft. Hieran fehlt es.
- 7
- bb) Dem Haftantrag ist eine Mitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Oktober 2010 beigefügt, aus welcher sich ergibt, dass eine Rückführung der Betroffenen nach Italien bis zum 7. März 2012 möglich war. Aus welchen Gründe die beteiligte Behörde angesichts der offenbar vorhandenen Rücknahmebereitschaft der italienischen Behörden die Anordnung einer Haft von bis zu drei Monaten für notwendig hielt, ist weder dem Antrag noch den beigefügten Unterlagen zu entnehmen. Ausführungen dazu waren aber geboten. Die in § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG aF bestimmte Frist von drei Monaten darf nur ausgeschöpft werden, wenn eine schnellere Abschiebung nicht möglich ist. Das ist heute in § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausdrücklich geregelt, galt aber auch schon vor Inkrafttreten dieser Regelung. Mit dieser Norm setzte der deutsche Gesetzgeber nämlich Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. EG Nr. L 348 S. 98) um, die bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen und seit diesem Zeitpunkt bei der Anwendung des Aufenthaltsgesetzes zu beachten war (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2010 - V ZB 9/10 InfAuslR 2010, 384, 387 = juris Rn. 27 für Art. 17 der Richtlinie).
- 8
- b) Die Haft hätte auch deshalb nicht angeordnet werden dürfen, weil der Haftantrag der Betroffenen nach dem Anhörungsprotokoll und dem sonstigen Inhalt der Akten weder vor noch während der Anhörung in Kopie ausgehändigt oder auch nur zur Kenntnis gebracht worden ist. Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu Beginn der Anhörung eröffnet werden, wenn dieser einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 330 Rn. 16 mwN). Hier ist dem Anhörungsprotokoll schon nicht zu entnehmen, dass die Betroffene überhaupt mit dem Inhalt des Haftantrags vertraut gemacht worden ist. Eine solche Information über den Inhalt des Haftantrags wäre aber ohnehin nicht ausreichend gewesen. Denn aus dem Umstand, dass der Haftantrag in einfachen Fällen erst zu Beginn der Anhörung eröffnet werden kann, folgt nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken dürfte, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Kopie des Haftantrags ausgehändigt werden und dies in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 - V ZB 141/11, FGPrax 2011, 257, 258 Rn. 8). Das gilt auch dann, wenn der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen über den Termin unterrichtet worden ist. Denn durch die - hier zudem aus den Akten nicht ersichtliche - Unterrichtung über den Termin allein erfährt auch dieser nichts von dem Inhalt des Haftantrags.
- 9
- 2. Die Aufrechterhaltung der Haftanordnung durch das Beschwerdegericht hat die Betroffene in ihren Rechten verletzt, weil die beteiligte Behörde den Haftantrag nicht ergänzt hatte, es deshalb immer noch an den Haftvoraussetzungen fehlte, und weil es sie nicht selbst angehört hat, obwohl es dazu verpflichtet war.
- 10
- a) Die angeordnete Haft durfte nur aufrechterhalten werden, wenn zu diesem Zeitpunkt ein zulässiger Haftantrag vorlag. Das ist der Fall, wenn die beteiligte Behörde die fehlenden Angaben im Beschwerdeverfahren nachholt und dem Betroffenen rechtliches Gehör dazu gewährt wird (Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, FGPrax 2011, 318 f. Rn. 8). Das ist nicht geschehen.
- 11
- b) Das Beschwerdegericht durfte von der auch in einem Beschwerdeverfahren grundsätzlich erforderlichen Anhörung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. Januar 2010 - V ZB 2/10, FGPrax 2010, 163, vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 153 Rn. 7 und vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 329 Rn. 13) nicht absehen. Nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist dies zwar ausnahmsweise - auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 EMRK - zulässig, wenn eine persönliche Anhörung in erster Instanz bereits erfolgt ist und zusätzliche Erkenntnisse durch eine erneute Anhörung nicht zu erwarten sind (Senat, Beschlüsse vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 153 Rn. 7 und vom 4. März 2010 - V ZB 222/09, BGHZ 184, 323, 329 Rn. 13). Daran fehlt es aber, wenn die angegriffene Haft ohne zulässigen Haftantrag angeordnet worden ist. Das Fehlen eines zulässigen Haftantrags entzieht nicht erst der Haftanordnung die Grundlage, sondern schon der vorausgehenden Anhörung des Betroffenen durch den Haftrichter. Ohne zulässigen Haftantrag kann der Haftrichter dem Betroffenen nicht, wie geboten, Gele- genheit geben, sich zu den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der gegen ihn zu verhängenden Freiheitsentziehung sowie zu allen wesentlichen Gesichtspunkten zu äußern, auf die es für die Entscheidung über die Freiheitsentziehung ankommt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, NVwZ 2010, 1508, 1510 Rn. 25 und vom 18. August 2010 - V ZB 119/10, NVwZ 2010, 1575 (Ls.) Rn. 14, Abdruck bei juris). Außerdem hatte das Amtsgericht versäumt, die Betroffene, wie geboten (Senat, Beschluss vom 19. Januar 2012 - V ZB 221/11, FGPrax 2012, 84, 85 Rn. 5), dazu zu befragen, ob sie der Abschiebungsanordnung trotz grundsätzlicher Ausreiseunwilligkeit, die für sich genommen eine Inhaftierung nicht rechtfertigt (Senat, Beschluss vom 12. Juni 1986 - V ZB 9/86, BGHZ 98, 109, 113), freiwillig Folge leisten werde.
IV.
- 12
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Augsburg, Entscheidung vom 05.07.2011 - XIV 57/11 (B) -
LG Augsburg, Entscheidung vom 18.07.2011 - 52 T 2557/11 -
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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und - 2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); - 2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Anordnung der Freiheitsentziehung persönlich anzuhören. Erscheint er zu dem Anhörungstermin nicht, kann abweichend von § 33 Abs. 3 seine sofortige Vorführung angeordnet werden. Das Gericht entscheidet hierüber durch nicht anfechtbaren Beschluss.
(2) Die persönliche Anhörung des Betroffenen kann unterbleiben, wenn nach ärztlichem Gutachten hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes leidet.
(3) Das Gericht hat die sonstigen Beteiligten anzuhören. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn sie nicht ohne erhebliche Verzögerung oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.
(4) Die Freiheitsentziehung in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses darf nur nach Anhörung eines ärztlichen Sachverständigen angeordnet werden. Die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat, soll ihrem Antrag ein ärztliches Gutachten beifügen.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Ein verfahrenseinleitender Antrag soll begründet werden. In dem Antrag sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Der Antrag soll in geeigneten Fällen die Angabe enthalten, ob der Antragstellung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Urkunden, auf die Bezug genommen wird, sollen in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Der Antrag soll von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden.
(2) Das Gericht soll den Antrag an die übrigen Beteiligten übermitteln.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.