Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2003 - V ZB 47/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 70.045,71
Gründe:
I.
E. und H. K. sind als Eigentümerinnen der im Grundbuch von D. Blatt 2 verzeichneten Grundstücke eingetragen. Darüber hinaus sind sieals Miteigentümerinnen zu insgesamt 1/4 des im selben Grundbuch Blatt 3 verzeichneten Grundstücks eingetragen. Die Eingetragenen sind am 30. April 1945 verstorben.
Der Antragsteller hat das Aufgebot zur Ausschließung der Eingetragenen beantragt. Er hat behauptet, seit dem Tod der Eingetragenen habe sein Vater den Eigenbesitz an den Grundstücken ausgeübt. Diesen Besitz habe sein Vater 1954 auf ihn übertragen. Einen Teil der auf Blatt 2 des Grundbuchs eingetragenen Flurstücke und das auf Blatt 3 eingetragene Grundstück habe er sodann in eine LPG eingebracht, soweit er letzteres Grundstück nicht als Hof nutze. Die übrigen Flurstücke habe er einem volkseigenen Gut überlassen. Sein Vater sei 1974 verstorben, er habe seinen Vater beerbt.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Einzelrichter des Landgerichts zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter.
II.
Das Landgericht meint, ein Recht des Antragstellers, das Aufgebot zur Ausschließung der als Eigentümerinnen Eingetragenen zu verlangen, bestehe nicht, weil der Antragsteller nach seinem Vorbringen nicht seit mehr als 30 Jahren Eigenbesitzer der Grundstücke sei. Den Eigenbesitz habe er dadurch verloren , daß er die Grundstücke in eine LPG eingebracht habe.
III.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (Einzelrichter).
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO an Stelle des Kollegiums entschieden und damit gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat (BGH Beschl. v. 13. März 2003 - IX ZB 134/02, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 10. April 2003, VII ZB 17/02, Umdruck S.3, 4, zur Veröffentlichung bestimmt).
2. Der Verstoß führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO auf die mit drei Richtern besetzte Kammer übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten.
3. Die Zurückverweisung der Sache hat an den Einzelrichter zu erfolgen, der den angefochtenen Beschluß erlassen hat. Eine Zurückverweisung an die Kammer kommt nicht in Betracht. Der Einzelrichter wird die Sache vielmehr der Kammer zu übertragen haben, wenn er nach erneuter Prüfung - unter Berück-
sichtigung der Ausführungen der Rechtsbeschwerde - der Sache weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimißt (vgl. BGH, Beschl. v. 10. April 2003, aaO., Umdruck S. 4).
Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.
Wenzel Tropf Krüger Klein Gaier
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Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn
- 1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder - 2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.