Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2001 - V ZB 20/01

published on 13/06/2001 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2001 - V ZB 20/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 20/01
vom
13. Juni 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
ZPO § 213
Eine unrichtige Schreibweise der ausländischen Adresse macht die Zustellung nicht
unwirksam, wenn eine Verwechslungsgefahr nicht besteht.
BGH, Beschl. v. 13. Juni 2001- V ZB 20/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 13. Juni 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die Richterin Dr. Lambert-Lang und die
Richter Tropf, Dr. Lemke und Dr. Gaier

beschlossen:
Auf die weitere sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. März 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die beklagte Kommanditgesellschaft wurde durch Versäumnisurteil des Landgerichts zur Zahlung von 90.469,39 DM nebst Zinsen verurteilt. In der handschriftlichen Urschrift des Urteils ist die Anschrift des persönlich haftenden Gesellschafters der Beklagten, wie in der (korrigierten) Klageschrift angegeben , mit "Erler Berg ..., A-6343 Erl, Österreich" bezeichnet. Der Vermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle über die Zustellung des Versäumnisurteils an die Beklagte durch Aufgabe zur Post am 29. Juni 2000 nennt als Anschrift dagegen "Eiler Ber ..., A-6343 Erl-Österreich". Das Landgericht hat den am 16. August 2000 eingelegten Einspruch verworfen, da die auf sechs Wochen festgesetzte Einspruchsfrist nicht gewahrt und Grund zur Wiedereinset-
zung in den vorigen Stand nicht gegeben sei. Das Oberlandesgericht hat auf die sofortige Beschwerde der Beklagten die Verwerfung des Einspruchs aufgehoben und den Rechtsstreit zur mündlichen Verhandlung über die Hauptsache an das Landgericht zurückverwiesen, denn das Versäumnisurteil sei nicht wirksam zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die weitere sofortige Beschwerde des Klägers, der die Beklagte entgegentritt.

II.


1. Die weitere sofortige Beschwerde ist statthaft (§§ 568a, 545, 546 ZPO) und wahrt die gesetzliche Frist (§§ 577 Abs. 2, 222 Abs. 2 ZPO).
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Zustellung des Versäumnisurteils an die Beklagte ist wirksam.

a) Das Urteil ist, was die Zustellung an eine nicht im Inland wohnende Partei nach §§ 174 Abs. 2, 175 ZPO voraussetzt, an den Komplementär der Beklagten (§ 171 ZPO) unter dessen Adresse und nach dessen Wohnort zur Post aufgegeben worden. Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen , daß die zuvor zum Zwecke der Zustellung der Klageschrift erstellte Urkunde des österreichischen Gerichts (Zustellschein) ein beweiskräftiges Indiz dafür begründet, daß der Komplementär an der in der Klageschrift angegebenen Adresse wohnte (vgl. BGH, Beschl. v. 17. Februar 1992, AnwZ(B) 53/91, NJW 1992, 1963). Die indizielle Wirkung hat die Beklagte nicht entkräftet. In Düsseldorf befand sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, weder eine Wohn- noch eine Geschäftsadresse. Die von der Beklagten be-
hauptete Wohnadresse in Solingen bestand, wie die vom Kläger eingeholte Auskunft aus dem Melderegister ergibt, nicht.

b) Der Vermerk des Urkundsbeamten über die Zustellung durch Aufgabe zur Post genügt, entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts, den Anforderungen des § 213 ZPO. Bei der Zustellung von Schriftstücken im laufenden Verfahren (BGHZ 58, 177, 179) an eine im Ausland wohnende Person durch Aufgabe zur Post sind an den Vermerk allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Denn er ersetzt die Zustellungsurkunde (vgl. § 192 ZPO) und liefert den Beweis (§ 418 Abs. 1 ZPO) für das nach § 175 Abs. 1 Satz 3 ZPO fingierte Zustellungsdatum, den Tag der Aufgabe zur Post. Bei Unvollständigkeit des Vermerks (Beurkundung beschränkt sich auf die Übergabe des Schriftstücks an den Wachtmeister, BGH, Beschl. v. 20. September 1978, IV ZB 104/78, NJW 1979, 218; Vermerk enthält nicht das Datum der Aufgabe zur Post, anders wenn lediglich der Vermerk selbst undatiert ist, BGH, Beschl. v. 14. Oktober 1982, III ZB 23/82, LM ZPO § 213 Nr. 12) oder bei dessen nicht formgerechter Aufnahme (Beurkundung vor Aufgabe zur Post, BGH, Beschl. v. 28. Oktober 1960, IV ZR 45/60, LM RAnO - BrZ - Nr. 9; anders bei nachträglicher Berichtigung eines unwirksamen Vermerks, BGH, Urt. v. 10. Dezember 1986, IVb ZR 4/86, NJW 1987, 1707) tritt die Zustellungswirkung nicht ein. Hierzu zählt grundsätzlich auch die Unvollständigkeit der ausländischen Adresse (Fehlen der Angabe des Staates, BGHZ 73, 388) oder deren unrichtige Schreibweise. Bei Schreibfehlern kommt es aber, wie die neuere Rechtsprechung hervorhebt (BGH, Urt. v. 10. November 1998, VI ZR 243/97, LM ZPO § 174 Nr. 8), entscheidend darauf an, ob der Mangel geeignet ist, zu Verwechslungen zu führen. Ist dies der Fall, hat der Zustellende nicht das Erforderliche dafür getan, daß der Zustellungsempfänger das Schriftstück auf dem
nach § 175 ZPO zulässigen normalen Postwege ohne Verzögerung erhält. Anderenfalls ist die Zustellung trotz des Mangels wirksam.
Eine Verwechslungsgefahr bestand im Falle der Parteien nicht. Der Schreibfehler, der bei der Übertragung der Urteilsurschrift auf die zur Zustellung bestimmte maschinenschriftliche Ausfertigung unterlaufen war, beschränkte sich auf die Straßenbezeichnung innerhalb des korrekt angegebenen Zustellungsortes. Der Fehler war offensichtlich und konnte durch die die Zustellung an Ort und Stelle durchführende Person ohne weiteres korrigiert werden. Anlaß zum Schluß auf eine unzutreffende Wohnadresse war nicht vorhanden. Die von der Gemeinde Erl übermittelte Straßenliste weist insgesamt 17 Eintragungen aus. Keine von diesen weist - außer der zutreffenden Adresse "Erler Berg" - Gemeinsamkeiten mit der fehlerhaften Angabe "Eiler Ber" auf.
3. Der Einspruch war mithin nicht innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist eingegangen. Das Beschwerdegericht hat sich bisher, aus seiner Sicht konsequent, mit den von der Beschwerde ebenfalls verfolgten Wiedereinsetzungsgründen der Beklagten nicht auseinandergesetzt. Hierzu wird es nach Zurückverweisung der Sache Gelegenheit haben.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande
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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande
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Annotations

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat.

(1) Ein Schriftstück kann den in § 173 Absatz 2 Genannten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

(2) Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann auch durch Telekopie erfolgen. Die Übermittlung soll mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ eingeleitet werden und die absendende Stelle, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Justizbediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.

(3) Die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 wird durch das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis nachgewiesen.

(4) Das Empfangsbekenntnis muss schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a) an das Gericht gesandt werden.

An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

Die von den Parteien zu betreibenden Zustellungen erfolgen unbeschadet der Zustellung im Ausland (§ 183) durch den Gerichtsvollzieher. Im Verfahren vor dem Amtsgericht kann die Partei den Gerichtsvollzieher durch Vermittlung durch die Geschäftsstelle des Prozessgerichts mit der Zustellung beauftragen. Insoweit hat diese den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung zu beauftragen.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Ein Schriftstück kann den in § 173 Absatz 2 Genannten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

(2) Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann auch durch Telekopie erfolgen. Die Übermittlung soll mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ eingeleitet werden und die absendende Stelle, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Justizbediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.

(3) Die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 wird durch das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis nachgewiesen.

(4) Das Empfangsbekenntnis muss schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a) an das Gericht gesandt werden.

Ein Schriftstück kann dem Adressaten oder seinem rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter durch Aushändigung an der Amtsstelle zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken, dass es zum Zwecke der Zustellung ausgehändigt wurde und wann das geschehen ist; bei Aushändigung an den Vertreter ist dies mit dem Zusatz zu vermerken, an wen das Schriftstück ausgehändigt wurde und dass die Vollmacht nach § 171 Satz 2 vorgelegt wurde. Der Vermerk ist von dem Bediensteten zu unterschreiben, der die Aushändigung vorgenommen hat.

(1) Ein Schriftstück kann den in § 173 Absatz 2 Genannten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

(2) Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann auch durch Telekopie erfolgen. Die Übermittlung soll mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ eingeleitet werden und die absendende Stelle, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Justizbediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.

(3) Die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 wird durch das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis nachgewiesen.

(4) Das Empfangsbekenntnis muss schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a) an das Gericht gesandt werden.