Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2016 - V ZB 136/15
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Juli 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18. August 2015 gegen den Betroffenen Sicherungshaft bis zum 15. September 2015 angeordnet. Die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich dieser mit der Rechtsbeschwerde.
II.
- 2
- Das gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
- 3
- 1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben. Das gilt auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen hat, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Ausführungen des Beschwerdegerichts , die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im verfahrensrechtlichen Sinne. Sie begründen einen Verfahrensmangel , der von Amts wegen zu berücksichtigen ist und die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung nach sich zieht (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 3/12, juris Rn. 3 mit zahlreichen Nachweisen).
- 4
- So liegt es hier. Die Ausführungen im Tatbestand beziehen sich lediglich auf das Verfahren vor dem Amtsgericht. In den Entscheidungsgründen wird zwar ein Ausweisungsbescheid erwähnt und eine für den 9. September 2015 geplante Abschiebung. Diese Angaben reichen aber nicht aus, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung der Voraussetzungen für die Inhaftierung zur Sicherung der offenbar geplanten Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 603/213 vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 31 - Dublin-III-Verordnung) und der von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen zu ermöglichen. Hinsichtlich der Sachdarstellung wird auch nicht auf andere Aktenbestandteile Bezug genommen, aus denen sich erschließen könnte, welchen Sachverhalt das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat; die Haftanordnung enthält ohnehin ebenfalls keine zusammenhängende Sachdarstellung.
- 5
- 2. Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht Gelegenheit, sich mit der Sache auch unter Berücksichtigung des Rechtsbeschwerdevorbringens und der Erwiderung zu befassen.
III.
- 6
- Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG.
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 18.08.2015 - 802 XIV (B) 3/15 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 08.09.2015 - 9 T 174/15 -
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Annotations
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.