Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2013 - V ZB 104/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Therapieunterbringung des Betroffenen bis zum 16. Oktober 2014 verlängert. Das vorlegende Oberlandesgericht möchte die Beschwerde des Betroffenen gegen diese Entscheidung zurückweisen, sieht sich daran aber durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. März 2013 (14 Wx 18/13) gehindert, wonach eine Therapieunterbringung nur angeordnet werden darf, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. Auf den Antrag des Betroffenen hat der Senat mit Beschluss vom 12. August 2013 die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses einstweilen ausgesetzt.
II.
- 2
- Die Sache ist dem vorlegenden Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Betroffenen in eigener Zuständigkeit zurückzugeben.
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- 1. Die Voraussetzungen für die Vorlage nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ThUG waren zwar gegeben. Das vorlegende Gericht möchte die Rechtsfrage, ob eine Therapieunterbringung nur angeordnet werden darf, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist, anders beantworten als das Oberlandesgericht Karlsruhe.
- 4
- 2. Der Senat kann über das Rechtsmittel des Betroffenen aber nicht mehr in der Sache entscheiden, weil die Vorlagefrage durch das Bundesverfassungsgericht mit dem am 8. August 2013 veröffentlichten Beschluss vom 11. Juli 2013 (2 BvR 2302/11 und 2 BvR 12 BvR 1279/12 Rn. 70 und 75) im Sinne der von dem Oberlandesgericht Karlsruhe vertretenen Auffassung beantwortet worden ist.
- 5
- a) Die Vorlagepflicht nach § 18 ThUG soll sicherstellen, dass Auslegungsfragen , die von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet werden, im Interesse einer einheitlichen Anwendung des Therapieunterbringungsgesetzes durch den Bundesgerichtshof entschieden werden. Für eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs wäre deshalb kein Raum, wenn der Gesetzgeber mit einer Änderung des Gesetzes die notwendige Klärung selbst herbeigeführt hätte (Senat, Beschlüsse vom 23. November 1954 - V ZB 18/52, BGHZ 15, 207 [dort allerdings mit unrichtigem Aktenzeichen veröffentlicht] und vom 23. Mai 2013 - V ZB 201/12, NJW 2013, 2828 Rn. 7). Nichts anderes gilt, wenn das Bundesverfassungsgericht die Vorlagefrage entscheidet. Denn an dessen Entscheidungen sind gemäß § 31 BVerfGG alle Gerichte gebunden.
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- b) Durch die Bindungswirkung unterscheidet sich diese Fallkonstellation auch von dem Fall, dass der Bundesgerichtshof selbst die Frage abweichend von dem vorlegenden Oberlandesgericht entschieden hat. In einem solchen Fall bliebe die Vorlage zulässig. Denn an die Stelle der durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs überholten abweichenden Entscheidungen der anderen Oberlandesgerichte tritt dann die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ThUG ebenfalls Gegenstand einer Vorlage sein kann (für § 28 FGG: Senat, Beschluss vom 25. September 2003 - V ZB 40/03, NJW 2003, 3554 f.). Diese Möglichkeit scheidet aber aus, wenn das Bundesverfassungsgericht die Frage entschieden hat. Eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kommt wegen der Bindungswirkung nicht in Betracht; sie ist in § 18 Abs. 1 ThUG auch nicht als Vorlagefall vorgesehen.
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- 3. Der Senat hatte sich deshalb auf die nach der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht am 8. August 2013 notwendig gewordene und im Hinblick auf den Anfall der Sache auf Grund der zunächst zulässigen Vorlage auch mögliche Eilentscheidung über die weitere Vollziehung der angefochtenen Verlängerung der Therapieunterbringung des Betroffenen zu beschränken, die keinen Aufschub duldete. Alle weiteren Entscheidungen sind von dem vorlegenden Oberlandesgericht in eigener Zuständigkeit zu treffen. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
LG Regensburg, Entscheidung vom 15.05.2013 - 7 O 2349/12 Th -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 09.07.2013 - 15 W 1211/13 Th -
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(1) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Der Bundesgerichtshof entscheidet dann anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt erscheint.
(2) In einstweiligen Anordnungsverfahren ist Absatz 1 nicht anwendbar.
(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.
(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.
(1) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Der Bundesgerichtshof entscheidet dann anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt erscheint.
(2) In einstweiligen Anordnungsverfahren ist Absatz 1 nicht anwendbar.