Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2009 - IX ZR 90/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 857.537,95 € festgesetzt.
Gründe:
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- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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- Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger eine Schadensursächlichkeit der den Beklagten vorgeworfenen pflichtwidrigen Unterlassungen nicht schlüssig dargelegt habe, erfordert keine revisionsgerichtliche Überprüfung.
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- 1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Beklagten Nichtzulassungsbeschwerden an den Bundesfinanzhof nicht erfolgreich auf Verstöße des Finanzgerichts Düsseldorf gegen §§ 318 ZPO, 155 FGO hätten stützen können, werfen keine rechtsgrundsätzliche Frage auf. Der Bundesfinanzhof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine gemäß § 104 Abs. 2 FGO zuzustellende Entscheidung frühestens zu demjenigen Zeitpunkt Wirksamkeit im Sinne des § 318 ZPO entfaltet, in dem sie zumindest einem der jeweiligen Verfahrensbeteiligten in irgend einer Weise bekannt gemacht worden ist (BFHE 145, 120, 122; 179, 8, 11; 203, 523, 528; BFH/NV 1995, 692, 694; BFH/NV 2001, 1143, 1144). Zutreffend hat sich das Berufungsgericht ausschließlich an dieser Rechtsprechung des im Inzidenzprozess zuständigen höchsten Fachgerichts orientiert. Das Regressgericht muss die jeweils geltende Rechtslage unter Einbeziehung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Regeln und Grundsätze bestimmen. Insbesondere dann, wenn - wie im Streitfall - die im Ausgangsverfahren getroffene Entscheidung der Kontrolle einer anderen Gerichtsbarkeit als der Ziviljustiz untersteht, hat das Regressgericht bei der Beurteilung rechtlicher Streitfragen der jeweiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung der Fachgerichtsbarkeit zu folgen, weil ihr bei der Rechtsfindung eine überragend wichtige praktische Bedeutung zukommt (BGHZ 145, 256, 261 ff.; BGH, Urt. v. 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 744; Beschl. v. 4. März 2004 - IX ZR 180/02, FamRZ 2004, 779, 780). Die teilweise abweichenden Auffassungen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu der wortlautgleichen Regelung des § 116 Abs. 2 VwGO sind im Streitfall deshalb nicht entscheidungserheblich.
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- 2. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die später aufgehobenen Urteile des Finanzgerichts Düsseldorf vom 5. November 1998 keinem Ver- fahrensbeteiligten bekannt gemacht worden seien, verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht hat sich mit dessen gegenteiligen Behauptung ausdrücklich befasst. Die Gerichte brauchen indes nicht jedes Vorbringen in den Gründen ihrer Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 25, 137, 140; 54, 86, 91 f.; 96, 205, 216 f.). Die vom Berufungsgericht nicht ausdrücklich aufgegriffenen weiteren Aspekte haben einen ausreichend sicheren Schluss auf eine Bekanntgabe von vornherein nicht zugelassen.
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- 3. Das Berufungsgericht hat nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen, indem es auf der Grundlage des Klagevorbringens hypothetischen Nichtzulassungsbeschwerden an den Bundesfinanzhof auch im Übrigen die Erfolgsaussichten abgesprochen hat. Wiederum hat es sich zutreffend an der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes orientiert, wonach die Rüge verfahrensfehlerhaft verweigerter Akteneinsicht eine Nichtzulassungsbeschwerde nur dann schlüssig zu begründen vermag, wenn der Beschwerdeführer zumindest vorbringt, welche weiteren möglicherweise entscheidungsrelevanten Umstände sich aus den Akten noch ergeben hätten (BFHE 135, 167 f; BFH/NV 1994, 380; BFH/NV 1996, 553, 554; BFH/NV 1999, 627, 628; BFH/NV 2001, 918; BFH Beschl. v. 14. Mai 2003 - X B 182/01, juris; BFH/NV 2004, 497, 499; BFH Beschl. v. 24. Mai 2004 - V B 152/02, juris; BFH/NV 2005, 2216, 2217; BFH/NV 2005, 2222, 2223; BFH Beschl. v. 27. Februar 2007 - X B 20/06, juris, Rn. 8; Beschl. v. 30. Mai 2007 - IX B 215/06, juris, Rn. 2 f.). Der Bundesfinanzhof hat bislang keine Veranlassung gesehen, diese Rechtsprechung im Hinblick auf den Divergenzentscheid des Großen Senates des Bundesfinanzhofes vom 3. September 2001 (BFHE 196, 39, 46 ff.), der sich grundlegend mit den Anforderungen an eine Gehörsrüge befasst hat, wenn das Finanzgericht verfahrensfehlerhaft in Abwesenheit des Rechtsmittelführers aufgrund mündli- cher Verhandlung entschieden hat, in Frage zu stellen. Vor diesem Hintergrund stellt die Überlegung des Berufungsgerichts keine offenkundige und krasse Missdeutung der einschlägigen Normen dar, die den Schluss nahe legt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht.
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- Das Argument, dass die Gehörsrüge in Fällen verfahrensfehlerhaft verweigerter oder eingeschränkter Akteneinsicht dann immer erfolglos bliebe, trifft nicht zu. Der Kläger wusste sowohl aufgrund seiner Teilnahme an den mündlichen Verhandlungen vor dem Finanzgericht als auch aus den Entscheidungsgründen der finanzgerichtlichen Urteile, inwiefern dieses Gericht seine Einlassungen für unzureichend oder unglaubhaft gehalten und welche Aspekte es als entscheidungserheblich angesehen hatte. Also hätte er vor dem Bundesfinanzhof vorbringen lassen können, welche zusätzlichen Erkenntnisse sich zu den betreffenden Fragestellungen aus den Steuerunterlagen hätten ergeben können, bei denen es sich immerhin um seine eigenen handelte.
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- 4. Da sich der Kläger jeglichen Vortrags enthalten hat, wie die Beklagten hypothetische Nichtzulassungsbeschwerden an den Bundesfinanzhof im vorgenannten Sinne hätten begründen können, kann die Frage, ob das Finanzgericht Düsseldorf das Akteneinsichtsrecht des Klägers überhaupt in verfahrensfehlerhafter Weise beschnitten hatte, dahin stehen.
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- Spätestens 5. im vorliegenden Regressprozess wäre ausreichender Vortrag zum Schaden unabdingbar gewesen. Trotz der dem Regressgericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO eröffneten Möglichkeit zur Schätzung des Schadens müssen zumindest konkrete Anhaltspunkte vorgetragen werden, die den Schluss zulassen, dass der Inzidenzprozess ohne das den Beklagten vorgeworfene Versäumnis einen dem Kläger günstigeren Ausgang genom- men hätte. Daran fehlt es. Der Kläger hat sich mit den Entscheidungsgründen der finanzgerichtlichen Urteile zur Sache selbst nicht auseinandergesetzt. Seine Darlegungen beschränken sich auf die bloße Behauptung, dass anstelle der vom Finanzgericht zugrunde gelegten Einkünfte andere, ihm günstigere Werte zutreffend seien. Einen Grund, warum die von ihm in Bezug genommenen Berechnungen einer Steuerberaterkanzlei richtiger seien als die vom Finanzgericht angestellten, nennt er nicht. Ebenso ist nicht ersichtlich , warum den gleichfalls in Bezug genommenen Steuerbescheiden für spätere Steuerjahre maßgebliche Bedeutung für die streitgegenständlichen finanzgerichtlichen Verfahren zukommen könnte. All diese Fragen hätten jedoch in den finanzgerichtlichen Verfahren jedenfalls nach einem etwaigen Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde an Bedeutung gewonnen. Die den Beklagten zur Last gelegte Unterlassung hätte im Ergebnis nur dann Schaden verursacht, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, gegenüber dem Finanzgericht in einem etwaigen nochmaligen erstinstanzlichen Verfahren Gründe darzulegen, die zu einer Minderung der Steuerlast geführt hätten.
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- in Die den finanzgerichtlichen Verfahren entstandenen Rechtsverfolgungskosten wären dem Kläger nur zu ersetzen gewesen, wenn er in der Hauptsache obsiegt hätte.
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- 6. Die Differenz zwischen der festgesetzten Steuerhöhe in den ersten Urteilen des Finanzgerichts Düsseldorf zu derjenigen in den späteren Urteilen dieses Gerichts kommt schon deshalb nicht als Mindestschaden in Betracht, weil das Finanzgericht die späteren Urteile hat erlassen dürfen.
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- Von 7. einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.07.2005 - 12 O 369/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.03.2006 - I-23 U 160/05 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.
(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil wird durch Verlesung der Formel verkündet; es ist den Beteiligten zuzustellen.
(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.
Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.
(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.
(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.