Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2006 - IX ZR 67/04

published on 09/03/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2006 - IX ZR 67/04
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Landgericht Erfurt, 9 O 2416/02, 15/07/2003
Thüringer Oberlandesgericht, 8 U 739/03, 09/03/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 67/04
vom
9. März 2006
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 9. März 2006

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 9. März 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 121.934,24 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§ 544 ZPO); sie ist jedoch unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
2
1. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte Divergenz liegt allerdings vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet ein Aussonderungsrecht aufgrund eines Treuhandverhältnisses aus, wenn der Schuldner das Konto, auf das treuhänderisch gebundene Gelder geflossen sind, auch als Eigenkonto genutzt hat. Eine Aussonderungsbefugnis bezüglich eines Kontoguthabens kann nur dann entstehen, wenn es sich um ein ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmtes Konto handelt (BGH, Urt. v. 16. Dezember 1970 - VIII ZR 36/69, NJW 1971, 559, 560; v. 8. Februar 1996 - IX ZR 151/95, WM 1996, 662; v. 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02, ZIP 2003, 1404, 1405; v. 7. Juli 2005 - III ZR 422/04, ZIP 2005, 1465, 1466).
3
Soweit sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung des Senats in BGHZ 141, 116 beruft, hat es verkannt, dass die dortigen Ausführungen sich auf den Fall der Ersatzaussonderung beziehen, bei dem die Herausgabe eines Gegenstandes der Masse begehrt wird, nicht, wie beim Aussonderungsrecht, eines Gegenstandes, der gerade nicht Bestandteil der Masse ist.
4
2. Auf die genannte Frage kommt es jedoch für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
5
Die Klägerin hat hinsichtlich des geltend gemachten Betrages ein Ersatzaussonderungsrecht gemäß § 48 InsO.
6
Die Klägerin hatte aufgrund der Treuhandabrede mit der Schuldnerin ein Aussonderungsrecht an dem von ihr übersandten Wechsel. Dieser war zwar bereits vor Abschluss des Treuhandvertrages an die Schuldnerin übertragen worden. Die Treuhandvereinbarung stand aber hiermit in einem ausreichenden, unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang (vgl. BGHZ 155, 227, 232). Aus der Treuhandabrede ergab sich, dass die Schuldnerin zunächst den Wechsel treuhänderisch für die Klägerin zu verwahren hatte.
7
Wie die Vordergerichte zutreffend festgestellt haben, war die Schuldnerin aufgrund der Treuhandabrede berechtigt, den Wechsel einzulösen. Sie musste ihn nicht an die N. AG weiter indossieren oder dieser die Wechselforderung abtreten.
8
Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Schuldnerin nach der Treuhandabrede verpflichtet war, auch den Wechselerlös treuhänderisch zu verwalten. Die Einziehung des Wechsels auf das allgemeine Geschäftskonto der Schuldnerin verstieß gegen diese Verpflichtung. Die Schuldnerin hätte den Wechsel vielmehr auf ein eigens zu errichtendes Treuhandkonto einziehen lassen müssen. Hierfür war nach Abschluss des Treuhandvertrages genügend Zeit. Der Wechsel wurde erst über einen Monat nach Abschluss des Treuhandvertrages zur Einziehung bei der Bank eingereicht. Die konkret durchgeführte Einziehung der Wechselverpflichtung war damit unberechtigt.
9
Hinsichtlich der auf das Geschäftskonto der Schuldnerin geflossenen Wechselsumme besteht deshalb ein Ersatzaussonderungsrecht gemäß § 48 InsO. Da der Erlös nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch noch im Sinne des § 48 Satz 2 InsO auf dem Konto vorhanden war (vgl. BGHZ 141, 116), ist die Klage aus dem Ersatzaussonderungsrecht begründet.
Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 15.07.2003 - 9 O 2416/02 -
OLG Jena, Entscheidung vom 09.03.2004 - 8 U 739/03 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden, so kann der Aussonderungsberechtigte die Abtre
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden, so kann der Aussonderungsberechtigte die Abtre
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published on 07/07/2005 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 422/04 Verkündet am: 7. Juli 2005 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 47; BGB §§
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden, so kann der Aussonderungsberechtigte die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht. Er kann die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit sie in der Masse unterscheidbar vorhanden ist.